In Johannes 5 begegnen uns Merkmale des Judentums, doch nur, damit (im Gegensatz dazu wie auch zu allem, was schon früher zu bestehen aufgehört hatte) die Segnung, die Gott in Christus einführen wollte, um so heller erstrahlt.

Hier ist der Teich Bethesda, der durch die Dazwischenkunft eines Engels Heilung gewährt. Obwohl das Volk in die Gefangenschaft gezogen und die Bundeslade verloren war, hatte Gott doch einen Überrest zurückkehren lassen, um ihnen Christus darzustellen. Er bewahrte ihn auch, bis sie Seinen Sohn verworfen hatten. Er war immer noch Jehova/Jahwe, der sie heilte (2. Mose 15,26; Ps 103,3); und der Dienst von Engeln war ihnen bis jetzt verblieben.

An diesem Teich lag ein „gewisser“ Mensch, behaftet mit einer Krankheit, die ihn gelähmt hatte. Die Krankheit, von der er Heilung suchte, hatte ihn also der Kraft beraubt und damit der einzigen Möglichkeit, die ihm unter den gegebenen Umständen hätte Heilung bringen können. Die Frage war (an sich) nicht, ob er geheilt werden wollte – gern wollte er! Aber sein Leiden hatte ihn völlig unfähig gemacht, das Heilmittel anzuwenden.

Hier ist die große Wahrheit zu lernen, dass „Christus …, da wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben“ ist (Röm 5,6). Wir begreifen nur schwer, dass wir kraftlos sind. Der Erstbeste, dem du auf der Straße begegnest, wird zugeben, dass er ein Sünder ist, aber wenn du ihm sagst, dass er in seinem natürlichen Zustand auch durchaus keine Kraft hat, dann wird er meinen, du wolltest ihn nur dazu verurteilen, sein ganzes Leben lang ein Sünder zu sein und zu bleiben.

ich kenne keine Schriftstelle, die kostbarer wäre im Licht dieser Wahrheit und der vollen Kraft des Heiligen Geistes als die vorliegende. Der arme Mann hatte achtunddreißig Jahre lang an seiner Krankheit gelitten. Der Herr fragt: „Willst du gesund werden?“ Ja gewiss, den Willen hatte er, aber er erklärt sein Unvermögen. Die Kraft, die ihm fehlt, sehen wir in Christus. Wie deutlich und bestimmt tritt diese Tatsache hier ans Licht, im Gegensatz zum Gesetz.

Es war Sabbat an jenem Tag. Diesen Umstand greifen die Juden sofort auf. Der Herr begegnet ihnen in dem gesegneten Charakter des Sohnes, der Er war, und spricht: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke“ (Joh 5,17). Wie kann Gott dort ruhen, wo Sünde herrscht, wo Elend sich breitmacht? In einer solchen Welt gibt es für Ihn keine Ruhe! Und Christus war gekommen, um zu wirken.

Was diese Tatsache so gesegnet macht, ist eben jene Wahrheit, dass es dabei nicht um ein Werk des Menschen und die Kraft des Menschen geht; der Vater und der Sohn sind die Werkmeister unserer Errettung. Gott hätte Adam und Eva wegnehmen können; ihr Tod hätte sehr wohl Seiner Gerechtigkeit entsprochen. Aber weil Sein wahres Wesen sich nicht in Gerechtigkeit erschöpft, wollte Er so nicht handeln. Er begann vielmehr, zu wirken. Wir sehen, dass der Vater und der Sohn in Gnade am Werk sind; der Sohn war gekommen, um zu wirken. Anstatt die Sünder zu vertilgen oder sie ihrem Elend zu überlassen, hat Gott in Gnade gewirkt und die ganze Situation entscheidend verändert.

Das Gesetz forderte vom Menschen, dass er etwas tue, gerade so wie der Teich Bethesda von einem Menschen forderte, rasch genug zu sein, um einzutauchen. Aber im Evangelium ist Gott der Handelnde: „Mein Vater wirkt.“ Was für eine Antwort auf ihre Bosheit, Ihn der Verletzung des Sabbatgebotes anzuklagen! Da sind der Vater und der Sohn vereint damit beschäftigt, einen Menschen zu heilen, weil Gott keine Ruhe findet, solange Sünde und Elend bestehen. Wie eindringlich ist dieses Gemälde, indem es Belehrung gibt über den Grundsatz der Gnade; doch der Herr geht noch weiter und zeigt, dass es wirklich darum geht, „lebendig“ zu machen.

Sie beschuldigen Ihn dann damit, dass sie sagen, Er habe Sich Selbst Gott gleichgemacht. Das lag auch in Seinen Worten, denn Er war eins mit dem Vater, doch verließ der Herr auch nicht für einen Augenblick den Platz, den Er als Diener eingenommen hatte. Er tut ihnen den Vater kund. Der Sohn würde nichts aus Sich Selbst tun. Wohl war Er eine göttliche Person, aber Er verharrte in der Stellung des Dieners, und in allem verfolgte Er nur diese Absicht.

In den Versen Johannes 5,21–23 geht Er näher auf das Werk des Vaters und des Sohnes in zwei verschiedenen Punkten ein. Auf zweierlei Weise entfaltet sich die Herrlichkeit des Sohnes. Der Vater macht lebendig, und der Sohn macht lebendig, welche Er will. Aber jetzt beachte: Wir sind tot in Sünden, und der Vater kommt und macht lebendig, wie auch der Sohn gleicherweise. Doch anders ist es, wenn es sich um das Gericht handelt. Der Vater war nicht „Fleisch geworden“ auf Erden, Er wurde nicht angespien, Er war nicht Hohn und Verachtung ausgesetzt. „Der Vater richtet auch niemand“ (Joh 5,22), aber gerade dadurch hat Er sichergestellt, dass alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren, indem Er das ganze Gericht dem Sohn gegeben hat (Joh 5,22).

Vater und Sohn wirken in gesegneter Gemeinschaft, um Seelen lebendig zu machen, doch der Sohn ist herabgekommen als Sohn des Menschen; man hat Ihn misshandelt und geschmäht, wo immer sich die Gelegenheit bot, und nun ist das ganze Gericht dem Sohn übergeben. Jedes Knie wird sich beugen, der Himmlischen, Irdischen und Unterirdischen. Mag einer auch noch so böse oder ungläubig oder rebellisch sein, er wird sich einmal vor Christus beugen müssen, ebenso wie jeder Heilige es tun wird und es schon getan hat, wenn auch in ganz anderer Weise.

So haben wir den Vater und den Sohn, und beide geben Leben durch ein göttliches Werk und in göttlicher Kraft, gewirkt in Gnade gegen uns. Und dann haben wir das Gericht, und darin die Gewähr, dass alle den Sohn ehren; der Vater richtet nicht, sondern hat dieses Werk in die Hände des Sohnes gelegt.

Für uns stellt sich nun die Frage: In welcher Weise von beiden habe ich mit dem Sohn zu tun? Darin, dass Er mich lebendig macht als der eine Gesegnete, der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben und in Seinem Blut mich gewaschen hat? Oder muss ich Ihm im Gericht begegnen, das Er ausüben wird, weil ich Ihn nicht anerkennen wollte? Die Antwort ergibt sich in göttlicher Bestimmtheit aus Vers 24: „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen“ (Joh 5,24).

Alle, die glauben, kommen nicht ins Gericht; sie haben mit dem zweiten Weg, auf dem Christus mit den Menschen handeln wird, nichts zu tun. Diese Sache, nämlich das Gericht – mein Gericht – ist vorüber! Unser Fall wird vor Gottes Gericht nicht neu aufgerollt, weil der Platz, das Leben, die neue Schöpfung, alles, was uns zuteilgeworden ist, das Ergebnis des Werkes des Vaters und des Sohnes sind, und dieses Ergebnis wird Er, der Sohn, nie mehr infrage stellen.

Wann immer ein Mensch Sein Wort hört und Dem glaubt, der Ihn gesandt hat, der bekommt ewiges Leben, und er besitzt es.

Wenn ich die Stimme des Hirten gehört habe, dann darf ich sagen: Ja, ich weiß, wessen Stimme das ist, die Stimme des Sohnes Gottes; Er sei gepriesen. Wie auch der Herr Jesus zu der armen Frau am Brunnen zu Sichar sagte: „Wenn du die Gabe Gottes kenntest, und wer es ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken, so würdest du ihn gebeten haben, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben“ (Joh 4,10). Ich weiß, der Vater sandte Ihn, damit ich leben möchte. Nicht auf meinen Wunsch hin, denn Er tat es, als ich noch ein Sünder war.

Wenn ich also Sein Wort gehört habe, die Stimme des Sohnes Gottes, werde ich nicht ins Gericht kommen. Alle werden vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen, alles wird dort offenbar werden; aber für den Gläubigen handelt es sich dort nicht mehr um Gericht, weil Christus die Sünden bereits getragen hat, für die ich gerichtet werden müsste. Die Person des Richters war zunächst und an erster Stelle der Heiland. Wenn ich vor dem Richterstuhl des Christus stehe, darf ich sagen: Das ist der Mann, der alle meine Sünden getragen hat! Doch darüber hinaus: Wir werden mit verherrlichten Leibern dort stehen. „Es wird gesät in Verwesung, es wird auferweckt in Unverweslichkeit; es wird gesät in Unehre, es wird auferweckt in Herrlichkeit“ (1. Kor 15, 42.43). Verherrlicht werden wir Ihm Selbst gleich sein (1. Joh 3,2).

Wer glaubt, ist lebendig gemacht, kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen. Nicht nur, dass er, als er noch in Sünden lebte, lernte, sie zu hassen, und sich dann von ihr trennte, sondern er ist in einen ganz neuen Zustand versetzt worden: „Gott aber lebend in Christus Jesus“ (Röm 6,11).

Der Herr fährt in Seiner Unterweisung fort und enthüllt eine noch weitergehende Kraft: „Alle, die in den Gräbern sind, (werden) seine Stimme hören“ (Joh 5,28). Es gibt eine „Auferstehung des Lebens“; die Kraft, die die Seelen lebendig machte, wird auch die Leiber auferwecken; das Werk, das Er in der Seele begonnen hat, führt Er auch hinsichtlich des Leibes zur Vollendung. Manche Leute sprechen davon, dass sie sich vorbereiten, um für den Himmel passend zu sein, doch dergleichen ist in der Schrift nicht zu finden. „Er hat uns fähig gemacht zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht“ (Kol 1,12). Deshalb ging jener Übeltäter geradewegs ins Paradies, als er am Kreuz starb, nachdem er Christus als Herrn bekannt hatte (ein herrliches Bekenntnis des Glaubens, denn noch war der Herr verworfen und von allen verlassen), und ich denke, dieser Übeltäter war absolut passend, um mit dem Herrn Jesus ins Paradies zu gehen. Damit sage ich kein Wort dagegen, dass wir wachsen sollen; sehr viele Schriftstellen sprechen davon, doch darunter ist nicht eine zu finden, die Wachstum mit Passendsein für den Himmel verknüpft.

In der „Auferstehung des Lebens“ sehen wir das volle Ergebnis des Wirkens von Vater und Sohn. Die Leiber der entschlafenen Heiligen werden auferweckt; damit ist das Werk der Erlösung zu Ende geführt; erst dann kommt die „Auferstehung des Gerichts“. Von den Gläubigen heißt es: „Er wird unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit“ (Phil 3,21). Aber das ist nicht der Fall bei denen, „die das Böse verübt haben“: Sie werden auferstehen zum Gericht.

Ich wüsste nicht, was mehr Unheil angerichtet hätte als der Gedanke an eine allgemeine Auferstehung, weil er die Rechtfertigung des Christen aufschiebt bis zu einem Tag des Jüngsten Gerichts. In der Schrift gibt es einen solchen Gedanken nicht. „Der Erstling, Christus; sodann die, die des Christus sind bei seiner Ankunft“ (1. Kor 10,23); „die Toten in Christus werden zuerst auferstehen“ (1. Thes 4,16). Die Auferstehung der Heiligen, wie sie in 1. Korinther 15 beschrieben wird, ist die Frucht der lebendigmachenden Kraft des Herrn Jesus, angewandt auf die Leiber Seiner Heiligen. Das ist die Auferstehung des Lebens. Wir werden auferweckt in Herrlichkeit. Die Schrift stößt uns nicht zurück in die Ungewissheit, dass wir irgendwann einmal gerichtet werden. Und warum nicht? Weil der Herr meine Gerechtigkeit ist und Gottes Gerechtigkeit offenbart worden ist zu meiner Verherrlichung. Wer auch immer nach seinen Werken gerichtet wird, verfällt unfehlbar dem Verdammungsurteil. Aber wenn ich auch in mir selbst keine Gerechtigkeit für Gott habe, so hat Er doch Seine Gerechtigkeit für mich, und wie könnte sie jemals wieder infrage gestellt werden? Doch wenn ich in Christus und somit angenommen bin, so ist Er in mir, und hier liegt unsere Verantwortung. Darauf möchte ich den größten Nachdruck legen: Wenn wir Gott leben, dann lasst uns auch zusehen, dass dieses Leben zum Vorschein und zur Entfaltung kommt. Christus auszuleben, ist das Einzige, was wir hier zu tun haben. Meine Verantwortung leitet sich her von dem Platz, an den ich gebracht bin. An diesem Platz habe ich Christus zu verherrlichen als „Gott lebend in Christus Jesus“ (Röm 6,11).

Dann berührt der Herr die schwere Verschuldung der Juden, die darin liegt, dass sie Ihn verwerfen, Ihn, der in Gnaden gekommen ist. Er hatte ihnen die Wirksamkeit unumschränkter Gnade gezeigt, indem Er Tote lebendig machte, und nun zeigt Er ihnen, wie sehr sie jedes Zeugnis außer Acht gelassen hatten: das Zeugnis Seines Vaters, das Zeugnis Seiner eigenen Werke, das Johannes’ des Täufers, das ihrer eigenen Schriften. In der Torheit ihrer Herzen wiesen sie Jesus ab, behandelten Ihn geringschätzig, verwarfen Ihn und zogen sich dadurch das Gericht zu.

So haben wir die lebendig machende Kraft des Vaters und des Sohnes erkannt, wie sie sich in der Gabe göttlichen Lebens betätigt hat. Daraus folgt, dass es nicht angeht, die Auferstehung des Lebens mit der Auferstehung des Gerichts zu vermengen. Wichtig ist auch, dass wir jetzt zu dieser Erkenntnis gelangen; wir können sonst den Frieden nicht genießen. „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben.“ Der Geist verleiht dem lebendig machenden Wort seine Kraft. Es ist so beglückend, wenn wir finden, dass wir es jetzt schon wissen können. Wenn ich das Wort des Christus gehört und dem Vater geglaubt habe, der in unaussprechlicher Gnade den Sohn sandte als „Heiland der Welt“, dann habe ich ewiges Leben; und ich erkenne nicht nur an, daß ich schuldig war aufgrund meiner Sünde, sondern tot, und als ich tot war, lebendig gemacht worden bin. Ich bin aus jenem Todeszustand heraus und in das Leben eingegangen. Und wenn der Herr vorher kommt, brauche ich nicht zu sterben.

Wir sollen uns selbst, vor allem aber Gottes treue Langmut und Gnade kennenlernen. Er weiß wohl, wie viel Zeit wir für beides brauchen, aber es bleibt bestehen: In dem Sohn haben wir das Leben! Ein unbekehrter Mensch hat überhaupt kein Leben! Er ist tot in seinen Sünden, aber davon wird sein Gewissen nicht zuerst überführt, sondern von seiner Schuld. Wenn uns Licht aufgeht über unseren wahren Zustand, dann sollten wir wirklich wissen, was wir sind. Unser Fleisch ist gleich dem schlechten Baum, der nur schlechte Früchte bringen kann. Doch in Christus habe ich das Leben erlangt, und das ist eine ganz andere Sache.

Bringen wir die Dinge nicht durcheinander, indem wir auf ein künftiges Gericht warten, wo alles geklärt werden wird. Jenes Gericht wird nur offenbaren und verurteilen, aber es wird nichts mehr heilen und in Ordnung bringen. „Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes“ (Joh 3,18). Wenn er in diesem Zustand stirbt, so stirbt er in seinen Sünden.

Glaubst du wirklich, dass gar nichts Gutes in dir ist? Es ist bitter, das zuzugeben. Niemand wird leugnen, dass es liebenswerte Eigenschaften gibt, aber die findet man auch bei Tieren. Wer steht, moralisch gesehen, vor Gott besser da: ein Mensch mit einer erschreckend üblen Wesensart, die er aber im Aufblick zu Gott Tag um Tag ernstlich zu zügeln versucht, oder aber jemand mit liebenswürdigem Naturell, der nur sich selbst gefällt? Gott sagt uns, dass wir tot sind. Das ist schwer zu begreifen, weil unsere Erfahrung dem zu widersprechen scheint. Wir sollen „unsere Glieder töten“; und ich habe die Kraft und die Pflicht, das zu tun, denn Christus ist gestorben. Es geht hier um den Widerstreit, der uns täglich begleitet, doch wir haben sowohl das Anrecht als die Verpflichtung und dazu auch die Kraft, zu sagen. Ich bin nicht Schuldner, um dem Fleisch zu dienen (Röm 8,12)! Indem Gott seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte, verurteilte er die Sünde im Fleisch (Röm 8,3). Alles ist erfüllt: Christus starb! Dann bin ich also tot, aber ich habe Christus als mein Leben empfangen, und das, nachdem Er alle meine Sünden weggetan hat.

Ich komme noch einmal darauf zurück: Kannst du aufrichtig sagen: Ich weiß, dass in mir, in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt (Röm 7,18)? Du glaubst das sicher im Allgemeinen, aber glaubst du es auch von dir selbst ganz persönlich? Nie wirst du zu voller Freiheit gelangen, bis du es tust. Und du wirst nie dahin kommen, mit Gott wirklich im Reinen und darin fest zu sein, bis du von dieser wahren Einsicht zutiefst durchdrungen bist. Dann erst hast du nicht nur Vergebung und Rechtfertigung erlangt, sondern auch die Befreiung. Mit dem Fleisch zu kämpfen, wenn es noch einmal die Oberhand bekommen hat, ist dann etwas ganz anderes, als wenn das alte Ich noch die Oberhand hat.

Kannst du sagen: Ich bin ein armes Nichts, aber ich bin vom Tod zum Leben übergegangen; ich komme nicht ins Gericht? Ich habe Sein Wort gehört, ich weiß, dass der Vater in unaussprechlicher Liebe den Sohn gesandt hat, und ich habe Ihn gehört, und so habe ich ewiges Leben.

Dann betrachtet, liebe Freunde, die unendliche Segensfülle, die darin liegt, mit Gott zu wandeln im vollen Bewusstsein jener ungetrübten Gunst, die nun auch uns zugewandt ist, gleichwie sie auf dem Herrn Jesus ruhte.

Und unser Verständnis sollte noch wachsen: zuerst im Blick auf die Glaubensstellung, in die Gott uns durch das bewundernswerte Werk des Herrn Jesus gebracht hat, dann auch im Blick auf die Kraft, die uns in dieser Stellung verliehen ist: dass Er nicht allein alle Sünde, die aus dem Fleisch hervorgeht, weggetan hat, sondern dass uns ewiges Leben geschenkt ist. Und wir sind berufen, Christus in allem zu offenbaren, indem wir uns der Sünde für tot halten, mit Ihm gekreuzigt sind und allezeit das Sterben Jesu am Leib umhertragen – nicht nur, dass wir uns von offensichtlichen Sünden fernhalten, sondern Briefe Christi sind, dass die Menschen an uns Christus lesen, so wie sie damals das Gesetz in den Zehn Geboten auf den steinernen Tafeln lesen konnten. Wir werden bald herausfinden, was wir in uns selbst sind – arme, schwache Geschöpfe –, aber dass wir in Christus alles vermögen.

„Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ (Phil 4,13). Wir sollten allen Fleiß anwenden, Seine Gnade zu suchen und in Anspruch zu nehmen. Wahrlich, in Ihm ist die sieghafte Kraft zum Überwinden.

Der Herr gebe uns Herzenseinfalt, die Fülle Seiner Gnade zu sehen und dann Ihm zu leben inmitten aller Umstände, wie sie sich hier für uns ergeben. Nur ein Ziel sei vor uns, nur ein einziger Beweggrund in uns in tausend Dingen, die wir zu tun haben: CHRISTUS!

Quellenangabe: Food for the flock“  Vol 3, p. 175 – 187; später N& C Vol V p. 183; vgl. H+N 1981, Seite 306 ff:, sprachlich überarbeitet