Lass die Hoffnung auf den Himmel deine Furcht vor dem Tod überwinden. Warum solltest du Angst vor dem Sterben haben, der du darauf hoffst, durch Sterben zu leben? Sollte der Lehrling Furcht vor dem Ende der Lehre haben? Sollte der Läufer Furcht haben, zu früh ins Ziel zu kommen? Sollte der Steuermann betrübt sein, wenn er den Hafen sieht? Nichts anderes ist der Tod für dich! Deine Lehrzeit ist vorbei und dein Jubiläum gekommen. Der Wettlauf ist gelaufen, die Krone gewonnen, sie wird sicher auf dein Haupt sinken, wenn deine Seele deinen Körper verlässt. Deine Überfahrt, wie mühsam sie auch war, ist nun glücklich zu Ende, und der Tod landet nur noch die Seele an der Küste der Ewigkeit an der Tür deines himmlischen Vaters; sie wird nie mehr zur See zurückkehren.
Ungläubige Menschen denken, wir Christen glaubten nicht, dass der Himmel solch ein herrlicher Platz ist, wie wir immer bekennen, denn wenn wir es glaubten, hätten wir nicht so viel Furcht, dort hinzugehen. Lieber Christ, erfasse richtig, welche Bedeutung der Tod für dich hat, dann wird die Angst davor vorbei sein. Er entreißt dich in der Tat den Genüssen dieser Welt, doch er leitet dich, zu den Glückseligkeiten einer anderen, unvergleichlich besseren. Wer wollte bei einer Feier den Diener schelten, der den ersten Gang abräumt, um Platz für den zweiten zu machen, der aus weit besseren Delikatessen besteht!
Möchtest du nicht eine starke Hoffnung haben? Dann halte dein Gewissen rein! Du kannst nicht das eine verunreinigen, ohne das andere zu schwächen. Gottselig in der gegenwärtigen Welt zu leben und die glückselige Hoffnung der anderen Welt zu erwarten, das gehört zusammen (Tit 2,12.13). Eine Seele, die arm ist an Gottesfurcht, entbehrt notgedrungen auch der wahren Hoffnung. Und der Gottesfürchtige, der in seinem heiligen Wandel lässig und unachtsam ist, dem wird schon bald die Hoffnung ermatten. Jede Sünde gibt die Seele, die sich mit ihr einlässt, bangenden Ängsten und Herzenserschütterungen preis. Gott bewahre, lieber Christ, dass der Tod dich in deinem Wandel übermütig und gleichgültig antrifft und dich überrascht, während du im Tümpel irgendeiner Sünde liegst! Kann ein Vogel fliegen, wenn einer seiner Flügel gebrochen ist? Glaube und ein gutes Gewissen sind die beiden Flügel der Hoffnung. Wenn du also dein Gewissen durch eine Sünde verwundet hast, dann erneuere deine Buße und befreie deine Hoffnung von der Hypothek, die jetzt auf ihr liegt. Wenn ein Jude seine Schlafkleidung verpfändet hatte, dann traf Gott gnädig Vorsorge, dass sie ihm vor Sonnenuntergang zurückgegeben wurde. Er sagt: „Denn es ist seine einzige Decke, sein Kleid für seine Haut; worin soll er liegen?“ (2. Mo 22,27). Die Hoffnung ist die Bedeckung des Gläubigen, in die er sich hüllt, wenn er seinen Leib zum Schlafen ins Grab niederlegt. „Mein Fleisch wird in Sicherheit ruhen“, sagt David (Ps 16,9). Der geht traurig ins Bett des Grabes, der keine Hoffnung auf eine Auferstehung des Lebens hat.
Hoffnung ist das Taschentuch, das Gott seinem Volk in die Hand gibt, um die Tränen von ihren Augen abzuwischen, die ihnen die gegenwärtigen Nöte und das Lange-auf-sich-warten-Lassen erwarteter Barmherzigkeiten entlockt haben. „So spricht der HERR: Halte deine Stimme zurück vom Weinen und deine Augen von Tränen; denn es gibt Lohn für deine Arbeit, spricht der HERR, und sie werden aus dem Lande des Feindes zurückkehren; und Hoffnung ist da für dein Ende“ (Jer 31,16–17). „Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren des Christus!“ (2. Thes 3,5). Es ist ein Weg, den du nie selber finden wirst, ein Werk, was du nie aus dir selbst tun kannst, geduldig zu warten, bis Christus kommt. Der Herr richte dein Herz darauf. Liebe ihn und du wirst auch auf ihn warten. „Erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes, indem ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwartet zum ewigen Leben“ (Jud 21).
[Aus „Extracts from the Writings of William Gurnall, selected from Hamilton Smith“. Übersetzung von: Marco Leßmann]