Abseits stehen bleiben
Es bleibt nicht bei einer allgemeinen Feststellung. Obadja zählt bis ins Detail auf, was bei Esau verkehrt ist. Zunächst standen sie von weitem, als das Heer der Judäer belagert wurde und der Feind in Jerusalem einzog. Sie machten dadurch im Prinzip gemeinsame Sache mit Israels Feinden. Gott sagt es so: „Da warst auch du wie einer von ihnen“ (V. 11). Es ist nicht von ungefähr, dass über „Fremde“ und „Ausländer“ gesprochen wird, die über Jerusalem das Los warfen. Mit diesen Fremden hätte Esau sich als Brudervolk niemals einsmachen dürfen.
„Das Los werfen“ beinhaltet, dass Menschen und Güter dadurch den verschiedenen Eroberern zugeschlagen werden (s. Joel 4,3; Nahum 3,10). Denke auch an die erniedrigende Behandlung des Herrn Jesus durch die römischen Soldaten, die über das wertvolle Unterkleid das Los warfen (Ps 22,19; Mt 27,35; Mk 15,24; Lk 23,24; Joh 19,34).
Die Sünde der Gleichgültigkeit und des Heraushaltens ist auch uns nicht fremd. Wir werden als Christen nicht aufgefordert, alles Böse der Welt aufzugreifen, doch wenn Gottes Volk belagert und verfolgt wird, dürfen wir nicht von weitem zusehen. Das Mindeste ist, dass wir für die Verfolgten beten und mitleiden, so als wenn wir selbst im Leib zu leiden hätten (Heb 13,3). Wenn sich Gelegenheiten auftun, werden wir auch tatsächlich helfen, sei es mit Geld und Gütern, sei es, indem wir den Verfolgten einen Schutzraum anbieten, wie es der andere Obadja mit den Propheten des Herrn tat.
David hat in Psalm 38,12 das Fernabstehen seiner Freunde und Bekannten angesichts seines Loses scharf kritisiert. Wahrscheinlich hat dieser Psalm einen messianischen Zug, so dass wir hier einen Hinweis darauf sehen, dass Jesus Christus von seinen Jünger verlassen wurde und sie fernab vom Kreuz standen. Wie hat das das Herz des Heilands betrübt. Wenn wir nun abseits derer stehen, die um Christi willen Leid trifft, tun wir Ihm damit Leid an (vgl. Mt 25,40.45).
[Übersetzt aus „Bode des Heils“, Jahrgang 137)