Nur im Philipperbrief findet man den Ausdruck „der Tag [Jesu] Christi“ (Phil 1,6.10; Phil 2,16). „Der Tag unseres Herrn Jesus Christus“ in 1. Korinther 1,8 kommt dem noch am nächsten. Die Epoche, auf die diese Ausdrücke Bezug nehmen, ist zweifellos dieselbe; die Unterschiede in der Form des Ausdrucks ist entweder auf den Charakter des Briefes oder auf den jeweiligen Kontext zurückzuführen.

Daher heißt es im Philipperbrief – dem Buch der Erfahrungen, wie es richtigerweise genannt wird –, wo das ganze christliche Leben mit den Worten zusammengefasst wird: „Das Leben ist für mich Christus“, in Philipper 1,10: „der Tag Christi“, während dieser Tag im Korintherbrief, wo es um die Ausübung der Gaben unter Verantwortung geht, „der Tag unseres Herrn Jesus Christus“ genannt wird.

Doch was auch immer die Unterschiede sein mögen (und einige davon sind sehr lehrreich), alle weisen auf eine Zeitepoche hin, die durch die Erscheinung unseres Herrn eingeleitet wird. Sein Kommen ist die Hoffnung der Versammlung (siehe 1. Thes 4); aber wenn die Gläubigen in ihrer Verantwortlichkeit im Dienst oder im Leiden oder sogar als Fremdlinge und Pilger gesehen werden, dann ist durchweg die Erscheinung Christi das Ziel; denn insoweit die Erde der Ort des Dienstes und der Erprobung gewesen ist, wird auch die Erde der Schauplatz der öffentlichen Belohnung sein (vgl. 2. Thes 1,6; 1. Tim 6,13.14; 2. Tim 4,7.8; 1. Pet 1,6.7; etc.). 

Das ist die Erklärung für die Ausdrücke in 2. Timotheus 1. Der Apostel sagt: „Aus diesem Grund leide ich dies auch; aber ich schäme mich nicht, denn ich weiß, wem ich geglaubt habe, und bin überzeugt, dass er mächtig ist, das ihm von mir anvertraute Gut auf jenen Tag zu bewahren“ (2. Tim 1,12). Jemand hat dazu sehr schön gesagt: „Seine Freude in der Herrlichkeit jenes neuen Lebens hatte er Jesus anvertraut. In der Zwischenzeit arbeitete er in Bedrängnis, in der Gewissheit, das, was er dem Herrn anvertraut hatte, ganz sicher an jenem Tag wiederzufinden, wenn er Ihn sehen würde und alle seine Leiden beendet wären. In der Erwartung dieses Tages hatte er Ihm seine Freude und sein Glück anvertraut, um es an diesen Tag wiederzufinden.

In dem Gebet des Apostels für Onesiphorus schaut er voraus auf denselben herrlichen Moment, wenn er wünscht, dass der Herr ihm, der inmitten allgemeiner Untreue und der Abkehr von Gottes auserwähltem Gefäß für die Wahrheit (2. Tim 1,15) das ermattete Herz dieses hingegebenen Dieners oft erfrischt hatte, der sich seiner Ketten nicht geschämt hatte (vgl. 2. Tim 1,8) und ihn in Rom fleißig gesucht und gefunden hatte, Barmherzigkeit geben möge und ihm den Lohn seines Dienstes, die volle Erfüllung der „Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben“ (Jud 21) zuteilwerden lassen möge. Denn die hier erwähnte Barmherzigkeit ist nicht die Barmherzigkeit, die dem Sünder in der Vergebung seiner Sünden erwiesen wird, sondern die Frucht und Krone der Barmherzigkeit, in die der Gläubige beim Kommen des Herrn eingeht und die bei seiner Erscheinung zur Schau gestellt wird.

Vielleicht gibt es in dem Gebrauch des Wortes auch einen Bezug zu dem Verhalten des Onesiphorus. Er hatte in herzlicher Liebe, der Frucht des Geistes Gottes, dem Apostel gleichsam Barmherzigkeit erwiesen. Er hatte „dem Gefangenen Teilnahme bewiesen“; und der Apostel bittet, dass das öffentlich anerkannt werden möge „an jenem Tag“ – und das wird es auch.