„Und ihr Vater Jakob sprach zu ihnen: Ihr habt mich der Kinder beraubt: Joseph ist nicht mehr, und Simeon ist nicht mehr; und Benjamin wollt ihr nehmen! Dies alles kommt über mich!“ (1. Mo 42,36).
Jakobs Worte zeigen, warum die Propheten von der „Drangsal Jakobs“ sprechen (Jer 30,7):
„Joseph ist nicht mehr.“ – Die Kinder Israels haben den wahren Joseph, Christus, verachtet und misshandelt. Sie sahen seine Seelenangst und hörten nicht (1. Mo 42,21). „Sie setzten sich, um zu essen“, und „grämten sich nicht über die Wunde Josephs“ (1. Mo 37,25; Amos 6,6). Die Verachtung des vom Vater Gesandten ist der Grund, warum die Drangsal über Israel kommt.
„Simeon ist nicht mehr.“ – Wie viele „Simeons“ werden durch die Gerichte der Drangsal Jakobs umkommen.
„Benjamin wollt ihr mir nehmen.“ – Benjamin ist der Messias, so wie Israel ihn im Allgemeinen erwartet, als „Wolf, der zerreißt“ und „Beute verteilt“ (1. Mo 49,27). Er ist die letzte Hoffnung, die ihnen in der Drangsalszeit noch bleibt; den wollen sie auf keinen Fall verlieren. – Aber auch der wird ihnen „genommen“, denn sie haben jeden Anspruch auf den Messias verwirkt. Sie müssen alle ihre Erwartungen preisgeben und sich allein auf die Gnade Gottes berufen lernen. Dann werden sie ihn zurückbekommen.
Und noch etwas ist nötig: Sie müssen sozusagen Benjamin zu Joseph bringen. Sie müssen begreifen und anerkennen, dass der, den sie erwarten, derselbe ist, der bereits zu ihnen gekommen ist, aber von ihnen verworfen wurde. Daran wird erkannt, „ob Wahrheit bei ihnen ist“ (1. Mo 42,16), wenn sie bereit sind, Benjamin mit Joseph zusammenzubringen. Die ergreifenden Worte aus Sacharja 13 und 12 werden dann die Sprache des gläubigen Überrests sein: „Und er wird sprechen: Ich bin kein Prophet, ich bin ein Mann, der das Land bebaut; denn man hat mich gekauft von meiner Jugend an. Und wenn jemand zu ihm spricht: Was sind das für Wunden in deinen Händen?, so wird er sagen: Es sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Haus derer, die mich lieben.“ – „Und ich werde über das Haus David und über die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen; und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen gleich der Wehklage über den einzigen Sohn und bitterlich über ihn Leid tragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen Leid trägt.“
Doch die Erkenntnis muss noch tiefer gehen. Benjamin, der einzig Unschuldige, soll leiden, während sie frei ausgehen („Bei wem er [der Kelch] gefunden wird, der sei mein Knecht, ihr aber sollt schuldlos sein“; 1. Mo 44,10). Sie werden in ihrem Messias (Benjamin) den erkennen, der schuldlos an ihrer Stelle gelitten hat. Dann werden sie die bewegenden Worte aus Jesaja 53 aussprechen: „Er war verachtet, und wir haben ihn für nichts geachtet. Doch er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Und wir, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt; doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Ungerechtigkeiten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden. Wir alle irrten umher wie Schafe, wir wandten uns jeder auf seinen Weg; und der HERR hat ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit“ (Jes 53,3–6).
So wird sich der Herr durch die Drangsal Jakobs in Gericht und Gnade verherrlichen und die Beziehung zu seinem irdischen Volk wiederherstellen – zu ihrem vollen Segen.