Als Lazarus von Bethanien krank geworden war, taten seine Schwestern Maria und Martha das einzig Richtige. Anstatt Hilfe bei Menschen zu suchen, sandten sie zu Jesus und ließen Ihm sagen: „Herr, siehe, der, den du lieb hast, ist krank“ (V. 3). Dabei stützten sie sich nicht auf die Liebe des Lazarus zum Herrn, sondern auf die Liebe des Herrn zu Lazarus. Sie vertrauten der Liebe des Herrn und überließen alles Weitere Ihm. Was der Herr Jesus dann im weiteren Verlauf tat, ist tröstlich und lehrreich zugleich.

„Jesus hörte” (V. 4)

Der Herr Jesus hörte von der Not, die in das Haus seiner drei Freunde in Bethanien eingekehrt war: Lazarus war krank geworden und die beiden Schwestern waren in großer Sorge. Der Herr kannte ihre Herzen und wusste, was dieses Leid für jeden einzelnen in diesem Haus bedeutete. Und doch blieb Er noch zwei Tage an dem Ort, an dem Er sich gerade aufhielt (V. 6).

Der Herr kennt auch unseren Kummer und unsere Nöte. Er hört das Flehen und Schreien der Seinen und vernimmt das fragende „Warum“ in ihren Herzen. Keine Träne und kein Seufzer bleiben Ihm verborgen. Auch wenn Er nicht sofort eingreift und hilft, so dürfen wir uns doch damit trösten, dass Er um alles weiß. Und eins steht fest: Er macht keinen Fehler.

In seiner unveränderlichen Liebe spricht Er auch zu dir, der du dich vielleicht gerade in großen Schwierigkeiten befindest: „Diese Not ist um der Herrlichkeit Gottes willen“ (Joh 11,4). Und dürfen wir nicht alles, was uns begegnet, aus der Hand Gottes annehmen und uns im Glauben darauf stützen, „dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken“ (Röm 8,28)? Diese Zusage gilt immer, auch wenn wir anfangs vielleicht nicht die Notwendigkeit der Schwierigkeiten erkennen, in die der Herr uns führt.

„Jesus liebte” (V. 5)

Jesus liebte Martha, Maria und Lazarus. Auch wenn im folgenden Vers gesagt wird, dass Er noch zwei weitere Tage an dem Ort bleib, wo Er gerade war, sollte das keinen Zweifel an der Tatsache hervorrufen, dass Er die drei Freunde liebte. Ganz im Gegenteil: Weil Er sie so sehr liebte, wollte Er ihnen seinen Trost und seine Hilfe gerade dann erweisen, als ihre Not am größten und ihre Lage völlig hoffnungslos schien.

Er liebt dich! Auch wenn die Umstände manchmal eine andere Sprache zu sprechen scheinen – an dieser Tatsache lässt sich nicht rütteln: Er liebt dich – auch in der größten Not! „Da er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte Er sie bis ans Ende“ (Joh 13,1).

Seine Liebe verändert sich nie! Der Herr Jesus hat nicht nur von seiner Liebe gesprochen, sondern sie auch völlig unter Beweis gestellt, indem Er sich selbst am Kreuz von Golgatha für dich hingegeben hat (vgl. Gal 2,20)! Gibt es einen größeren Beweis dafür, dass Er dich liebt?

„Jesus kam” (V. 17)

Allein von der Not und Trauer zu hören und davon zu wissen, hätte nicht ausgereicht. Dadurch hätte niemand getröstet werden können. Nein, der Herr kam. Er kam nach Bethanien und kam an die Gruft, in der Lazarus lag (vgl. V. 38). Er trat gleichsam in die Umstände ein, in denen sich die trauernden Schwestern befanden. Einerseits kam Er mit einem Herzen voller Mitgefühl, andererseits aber auch in seiner ganzen Macht.

Der Herr kam in diese Welt. Er kam dahin, wo wir waren. Er sah unsere Not und unser Elend und kam herab, um uns zu erretten (vgl. 2. Mo 3,7.8). Aber nicht nur das. Er kam auch herab, um Mitempfinden mit uns zu haben in unseren Umständen und um bei uns zu sein (vgl. Heb 4,15).

Auch zu dir, der du vielleicht gerade niedergeschlagen und traurig bist, kommt Er ganz persönlich, um dich in deiner Not und deinem Leid zu trösten (vgl. Jes 57,15). Gibt es jemanden, der trösten könnte wie Er?

„Jesus seufzte tief im Geist“ (V. 33)

Als der Herr Jesus Maria und die Juden weinen sah, die mit ihr gekommen waren, seufzte Er tief im Geist und erschütterte sich. Er war innerlich bewegt über das Leid sowie die Trauer der Schwestern und der Menschen, die mit ihnen trauerten. Er machte sich völlig eins mit ihnen, indem Er ihre Not zu der seinen machte (vgl. Mt 8,17).

Der Herr Jesus ist heute noch derselbe. Er ist innerlich bewegt über jede Not, die Er bei den Seinen wahrnimmt. Wie sehr der Herr sich mit den Leiden der Seinen eins macht, musste auch Paulus auf dem Weg nach Damaskus lernen, als der Herr ihm vom Himmel her zurief: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ (Apg 9,4). Paulus verfolgte die Gläubigen, aber damit auch Christus.

Rührt es nicht unser Herz, wenn wir daran denken, dass Er unsere Not und unsere Trauer zu der seinen macht?

„Jesus vergoss Tränen” (V. 35)

Wie viel ist doch in diesem kurzen Satz enthalten: Jesus vergoss Tränen! Wie tief hat der Herr sich doch herabgelassen, um als wahrer Mensch an dem Kummer und der Not der trauernden Schwestern und Juden in vollkommener Weise teilzunehmen. Er hatte vollkommenes Mitgefühl mit ihnen. Doch Er wusste auch, dass Er Lazarus in Kürze wieder auferwecken würde. Und so waren seine Tränen nicht nur Tränen des tiefen Mitgefühls, sondern auch Tränen über die Folgen der Sünde, die durch den Ungehorsam des Menschen in die Welt gekommen war.

Obwohl der Herr Jesus jetzt im Himmel ist, ist Er heute noch derselbe wie damals. Damals weinte Er mit den Weinenden (vgl. Röm 12,15; Ps 35,13). Er vergoss Tränen – unsere wird Er einmal abwischen (vgl. Off 21,4). Sein Herz wurde gebrochen – unseres will Er verbinden.

Heute ist Er als Hohenpriester im Himmel für uns tätig und hat vollkommenes Mitgefühl mit uns (vgl. Heb 4,15). Unser Kummer ist auch sein Kummer und unsere Trauer ist auch die seine (vgl. Mt 25,35–40). Wer könnte mitempfinden wie Er?

„Jesus rief mit lauter Stimme” (V. 43)

Der Herr hatte gehört. Er war gekommen. Er hatte tief geseufzt. Er hatte Tränen vergossen. Doch dann rief Er mit lauter Stimme: „Lazarus, komm heraus!“ Auf dieses Wort hin kam der Verstorbene heraus. Der Tod konnte ihn nicht festhalten.

Nichts und niemand kann sich dem Wort des Sohnes Gottes widersetzen und seiner Macht widerstehen. Selbst der Tod muss seine Beute wieder loslassen (vgl. Joh 5,28.29)!

Der Herr Jesus sagt in Matthäus 28,18: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden“. Es ist ihm ein Kleines, unsere notvollen Umstände zu ändern. Wenn es sein Wille ist, unsere Situation zu ändern, dann kann sich nichts und niemand seinem Willen widersetzen!

Aber zuweilen benutzt Er seine Macht nicht dazu, die bedrückenden Umstände zu ändern, sondern vielmehr dazu, um uns durch die Umstände, die uns so große Not bereiten, hindurch zu tragen – und zwar mit seiner Hilfe und in der Kraft, die Er darreicht. Denn nichts ehrt und verherrlicht Ihn so sehr, wie ein Herz, das Ihm auch dann vertraut und mit Ihm rechnet, wenn die Not und die Trauer am größten sind.

Von uns selbst aus schaffen wir das nicht. Doch der Herr kann und wird uns dabei helfen. Seine Gnade und seine Kraft stehen für uns bereit!