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Nach 70-jähriger Gefangenschaft in Babylon war die erste Tätigkeit der Rückkehrer nach Jerusalem der Wiederaufbau des Brandopferaltars: „Und sie richteten den Altar auf an seiner Stätte, denn Furcht war auf ihnen vor den Völkern der Länder; und sie opferten auf ihm Brandopfer dem Herrn, die Morgen- und die Abend-Brandopfer“ (Esra 3,3). Diese Tatsache ist in mancher Hinsicht beachtlich.

Zunächst könnte man fragen, warum sie zuerst den Altar bauten. Die Stadt lag in Trümmern, die Mauer war zerstört, der Tempel lag in Schutt, aber sie bauten zuerst weder die Stadt, noch den Tempel, noch ihre eigenen Häuser. Sie bauten den Altar.

Sicher gehörten sie zu den Leuten aus Psalm 137, die an den Flüssen Babels gesessen und bei der Erinnerung an Jerusalem geweint hatten. Sie waren aufgefordert worden ein Zions-Lied zu singen, aber das konnten sie nicht auf fremder Erde. Sie sehnten sich zurück nach Jerusalem. Spätestens seitdem Gott ihre Herzen „erweckt“ hatte (Esra 1,5), „erinnerten sie sich an den Herrn aus der Ferne, und Jerusalem kam ihnen in den Sinn“ (Jer 51,50). Doch was ihnen offenbar am meisten gefehlt hatte, war der Gottesdienst. Befanden sie sich mit dieser Gesinnung nicht im Einklang mit dem Herzen Gottes? Hatte er nicht auch 70 Jahre auf den Gottesdienst verzichtet?

Wir wollen nie vergessen, dass die Anbetung Gottes unsere höchste und erste Aufgabe ist. „Der Vater sucht solche als seine Anbeter“ (Joh 4,23). Und wenn Kores sie auch beauftragt hatte, das Haus zu bauen, so war doch der Altar ihr erster Gedanke. So sind auch wir „aufgebaut, ein geistliches Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus“ (1. Pet 2,5). Das ist der höchste Zweck, warum Gott uns als sein Haus aufgebaut hat.

Der Altar wurde an seiner Stätte aufgerichtet. Was war das für ein Ort? Es war der Berg Morija, wo der Vater den Sohn geopfert hat. Es war die Tenne Arawnas (Ornans), wo ein stellvertretendes Opfer den gerechten Zorn Gottes beschwichtigte (vgl. 1. Mo 22,2; 2. Sam 24,16+25; 2. Chr 3,1). Es ist der Ort, in dessen Nähe einmal das Kreuz von Golgatha stehen würde, der Ort, wo das einzige Opfer gebracht wurde, das Gott wirklich ein Wohlgeruch war. Dieses Opfer in Ehrfurcht vor Gott zu bringen – das ist wahre Anbetung.

Aber warum war es so wichtig, den Altar genau da aufzurichten, wo er ehemals gestanden hatte? Gab es nicht auch andere geeignete Orte? Nein, denn dieser Ort war nicht von Menschen gewählt, sondern es war der Ort, „den der Herr, euer Gott, erwählen wird, um seinen Namen dort wohnen zu lassen“ (5. Mo 12,11). Gott selbst hat den Ort bestimmt und niemand hat das Recht, ihn zu verlegen, auch nicht in Tagen des Ruins. Und heute? Der Altar wird auch „der Tisch des Herrn“ genannt (Mal 1,7). Und es gibt nur einen (geistlichen) Ort, wo er zu finden ist: dort, wo der Name des Herrn wohnt, wo Er das Zentrum ist und alle Rechte und alle Autorität hat (vgl. Mt 18,20). Daran hat sich auch in unseren Tagen des Verfalls in der Christenheit nichts geändert.

Sobald der Altar aufgerichtet war, begannen sie mit den im Gesetz vorgeschriebenen Brandopfern. Das beständige Brandopfer wird besonders erwähnt (Esra 3,3). Wir finden die Anweisungen dazu in 2. Mo 29,38–46. Jeden Morgen und jeden Abend wurde jeweils ein einjähriges Lamm geopfert „zum lieblichen Geruch dem Herrn“. Für sie war es eine beständige Erinnerung an die Errettung durch das Passah, als der Herr „sie aus dem Land Ägypten herausgeführt“ hatte – denn das Passahlamm war auch einjährig gewesen. Für Gott aber war es ein beständiger Wohlgeruch, der es ihm ermöglichte „in ihrer Mitte zu wohnen“ (2. Mo 28,46). Das Feuer des Altars durfte nie erlöschen (3. Mo 6,5+6). Nie sollen wir vergessen, was am Kreuz für uns geschehen ist. Und der Duft des vollkommenen Opfers Christi ist täglich und bis in Ewigkeit vor Gott. Er wird dieses Opfer nie vergessen und kann mit Freude bei denen wohnen, denen Er den Wohlgeruch des Opfers seines Sohnes zurechnet.

Doch es wurden nicht nur die vorgeschriebenen Opfer gebracht, sondern auch „die Brandopfer eines jeden, der dem Herrn eine freiwillige Gabe brachte“ (Esra 3,5). Liebe Freunde, das ist sehr kostbar. Das dritte Buch Mose ist voll von Opfern, die gebracht werden mussten, aber es beginnt mit den Worten: „Wenn ein Mensch von euch dem Herrn eine Opfergabe darbringen will“ (3. Mo 1,2). Der Vater befiehlt nicht Anbetung, er sucht sie! Sucht er bei mir vergeblich? Er wartet auf solche, die so ergriffen sind von der Schönheit und Vollkommenheit des Herrn Jesus und seines Opfers, dass aus ihren Herzen „freiwillig“, ohne Zwang, ein Lob ausströmt zu Gott. „Wenn ein Mensch von euch“ – spricht uns das an?

Ein letzter Punkt scheint noch erwähnenswert. Sie bauten den Altar aus Furcht vor den Völkern der Länder. Wären da nicht die Mauern dringender gewesen? Nein, sie erkannten, dass sie zuerst ihre Beziehung zu ihrem Gott wiederherstellen mussten. Das Bewusstsein der Gegenwart des Herrn vertreibt die Furcht (vgl. Ps 27,5+6). Der Schutz des Volkes Gottes liegt (auch heute) in der Herrlichkeit der Gegenwart Gottes. Wo sich diese frei offenbaren kann, da „wagt von den übrigen keiner, sich ihnen anzuschließen“ (Apg 5,13). Da muss der „Ungläubige oder Unkundige“ der hereinkommt, „auf sein Angesicht fallen“ und bekennen, „dass Gott wirklich unter euch ist“ (1. Kor 14,24+25).