Das Wort Gottes lehrt uns, dass wir den Weg nicht zusammen gehen können, wenn wir nicht miteinander übereinstimmen: „Gehen wohl zwei miteinander, außer, wenn sie übereingekommen sind? (Amos 3,3). Was bedeutet das? Das hebräische Wort für „übereinkommen“ im angeführten Vers meint: „sich auf etwas festlegen“. An anderen Stellen wird es oft mit „zusammenkommen“ oder „sich versammeln“ übersetzt. Es bedeutet also, sich einhellig in einer bestimmten Sache zu entscheiden. Das Gegenteil davon wäre, mit einer Meinungsverschiedenheit auseinanderzugehen. Dieser Begriff taucht zwar in der Bibel nicht auf, doch das Prinzip ist vorhanden.

Dieser Artikel will aufzeigen, wie Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte zwischen einzelnen Gläubigen beigelegt werden können. Obwohl manche der Grundsätze genauso auch im Umgang mit Ungläubigen gelten, soll der Schwerpunkt auf Beziehungen unter Gläubigen liegen. Traurigerweise ist die Bibel vom ersten bis zum letzten Buch voll von Berichten über Personen, die sich uneinig waren. Aus diesen abschreckenden Beispielen können wir manches lernen.

Unsere Haltung

Wenn wir mit jemandem nicht übereinstimmen, sollten wir vor allem über unsere eigene Haltung nachdenken. In den Sprüchen heißt es: „Durch Übermut gibt es nur Zank“ (Spr 13,10)[1]

Ich muss mich fragen: Was sind die Motive meines Herzens? Geht es mir wirklich um das eigentliche Thema der Meinungsverschiedenheit und um eine einvernehmliche Lösung, oder bin ich einfach nur darüber aufgebracht, dass mein Gegenüber eine andere Ansicht hat als ich?

Stolz oder Übermut führen dazu, dass wir uns für besser halten als andere. Der Herr jedoch hasst Stolz (Spr 8,13) und wir werden beschämt werden, wenn wir übermütig oder stolz sind (Spr 11,2). Bei einer Meinungsverschiedenheit sollte ich also zunächst mein eigenes Herz prüfen. Geht es mir vielleicht hauptsächlich darum, selbst im Vordergrund zu stehen, weil ich mich sowohl im Können als auch im Wissen für den Überlegeneren halte?

Das Gegenteil von Stolz ist Demut. Demut meint, sich selbst niedriger als jeden anderen einzustufen und die anderen besser oder höher zu betrachten als sich selbst. Der Herr hat gelehrt, dass wir uns „erniedrigen“ sollen wie ein kleines Kind und dass derjenige, der sich selbst erniedrigt, erhöht werden wird (Mt 18,4; 23,12). Er gibt uns Gnade, wenn wir eine demütige Haltung einnehmen (Jak 4,6). Auch werden wir daran erinnert, dass wir einen Geist der Sanftmut haben sollen (Eph 4,2; 2. Tim 2,25; Gal 6,1). Wenn wir also mit jemandem uneins sind, sollten wir uns zuerst fragen: Habe ich die richtige innere Haltung zu der Person, mit der ich nicht einer Meinung bin?

Ist es das wert?

Eine weitere Frage ist, ob das Thema, über das wir unterschiedlicher Meinung sind, wirklich wichtig ist. Manchmal ertappen wir uns dabei, dass wir mit jemandem über etwas streiten oder diskutieren, das eigentlich nebensächlich ist. Da sollten wir aufpassen.

Wenn sich Spannungen unter uns abzeichnen, ist das „wie die Entfesselung von Wasser“ (Spr 17,14). Wenn es einmal angefangen hat, kann es plötzlich ganz schnell gehen und sich schlimmer entwickeln, als wir es je für möglich gehalten hätten. Hattest du schon einmal eine Kontroverse, bei der du plötzlich unbesonnene Worte gesagt hast, die du später bereut hast? Wo aus einer kleinen Meinungsverschiedenheit auf einmal ein richtiger Konflikt wurde? Dieser Vers warnt uns davor, es gar nicht erst zu einem Streit kommen zu lassen. Wir sollten überlegen, ob die Sache, um die es geht, wirklich so wichtig ist. Denn einmal begonnen, kann sich eine Auseinandersetzung leicht immer weiter zuspitzen. Wenn es um eine nicht besonders wichtige Angelegenheit geht, können wir die Aussage des Herrn Jesus anwenden: „Einige dich schnell mit deinem Widersacher“ (Mt 5,25).

Wir müssen immer das Ende im Blick haben. Als Paulus und Barnabas entscheiden mussten, ob sie Markus mit auf die Reise nehmen sollten, waren sie sich nicht einig (Apg 15,36–41). Was vielleicht als einfache Meinungsverschiedenheit begonnen hatte, brachte sie schließlich dazu, sich mit erbitterten Herzen zu trennen. Sie gingen in verschiedene Richtungen und arbeiteten im Dienst für den Herrn nicht mehr zusammen. Auch wenn einer von ihnen wahrscheinlich Recht hatte, können wir doch an dieser Begebenheit erkennen, wohin eine Meinungsverschiedenheit führen kann. Daher sollten wir uns stets fragen: Ist es das wert? Manchmal mag es so sein, oft aber auch nicht. Dann sollten wir die unterschiedlichen Meinungen ruhig nebeneinander stehen lassen, uns aber doch auf eine gemeinsame Marschrichtung einigen.

Notwendige Auseinandersetzungen

Manchmal geht es jedoch um wichtige Entscheidungen, bei denen wir Stellung beziehen müssen. Es sei an die Auseinandersetzung zwischen Paulus und Petrus erinnert, von der wir in Galater 2,11–14 lesen. Das Verhalten von Petrus in Bezug auf die Gläubigen aus den Nationen war hier nicht mehr korrekt. Bisher hatte er freimütig mit ihnen gegessen, doch als einige Juden zu Besuch kamen, zog er sich von den nicht-jüdischen Christen zurück. Paulus tadelte Petrus für sein verändertes Verhalten – und zwar vor allen Anwesenden, weil die Sünde von Petrus öffentlich geschehen war. Paulus musste hier eine andere Meinung vertreten als Petrus und ihn auf das Problem hinweisen, aber er tat es nicht aus Überheblichkeit, sondern als Apostel und weil Petrus etwas tat, was anderen Gläubigen schadete.

Bei verschiedenen Gelegenheiten trat auch der Herr Jesus in aller Öffentlichkeit gegen seine Gesprächspartner auf. Als Petrus in Matthäus 26,33 behauptete, er werde den Herrn niemals verleugnen, widersprach ihm Jesus vor allen anderen Jüngern. Hier und an anderen Stellen hat der Herr einen Menschen zurechtgewiesen, wenn es zu seinem Besten diente. Wir können also sehen, dass es manchmal richtig ist, öffentlich zu widersprechen.

In 2. Timotheus 2,21.22 lesen wir, dass es Situationen gibt, in denen wir uns sogar von Gläubigen trennen müssen, weil sie von den Grundsätzen des Wortes Gottes abgewichen sind. Es ist sehr traurig, wenn unsere Differenzen diese Ebene erreichen. In diesen Fällen sollten wir jedoch unbedingt sicher sein, dass wir die richtigen Herzensmotive haben. Das Bestreben sollte stets sein, „ob ihnen Gott nicht etwa Buße gebe zur Erkenntnis der Wahrheit“ (2. Tim 2,25).

Wege zur Konfliktlösung

Wenn wir nun den Eindruck haben, dass eine Angelegenheit wichtig genug ist, um sie zu besprechen – wie gehen wir dann am besten vor? Wenn wir die richtige Grundeinstellung haben und eine demütige Haltung besitzen, werden wir Wegweisung in der Bibel finden. Dort lernen wir, dass wir „milde und duldsam“ sein sollen (2. Tim 2,24). Das sollte unser Gespräch kennzeichnen. Sind wir sanft gegenüber unserem Gesprächspartner oder versuchen wir ihn mit unseren Worten zu überfahren? Sind unsere Worte „in Gnade, mit Salz gewürzt“ (Kol 4,6), oder eher das Gegenteil?

Jeder von uns weiß, dass die Art und Weise, wie wir reden, oft wichtiger ist als das, was wir sagen. Wenn wir ein Gespräch lieblos oder gar aggressiv beginnen, wird dieses Verhalten bei unserem Gegenüber wohl eher im Gedächtnis haften als das, was wir eigentlich ansprechen wollten. Wenn wir dagegen in einer wohlwollenden Weise und mit freundlichen Worten zu ihm reden, lässt sich ein schwieriges Gespräch meistens viel einfacher gestalten. Unser Gesprächspartner wird eher gewillt sein, uns zuzuhören, wenn er merkt, dass wir sein Wohl suchen. Die Jünger wussten, dass der Herr sich um sie sorgte, und daher konnte Er offen zu ihnen sprechen.

Wenn wir jetzt also wissen, dass wir freundlich, geduldig und mild sein sollen, was gibt es dann noch zu beachten? Matthäus 18,15–17 zeigt es uns: „Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt, so geh hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein.“ Auch wenn natürlich nicht bei jeder Meinungsverschiedenheit Sünde vorliegt, so ist das Prinzip doch jedes Mal dasselbe: Wenn es zwischen mir und jemand anders Differenzen gibt, sollte ich mit ihm oder ihr darüber reden. Tue ich es nämlich nicht, werden die Gräben immer tiefer und alles wird nur noch schlimmer. So war es bei David und seinen Söhnen Amnon und Absalom (vgl. 2. Sam 13–14). Nachdem sie gesündigt hatten, suchte David sie nicht zu einem Gespräch auf. Das hatte zur Folge, dass die Probleme zwischen ihnen immer größer wurden. [2]

Dabei ist es wichtig, dass wir zuerst nur mit der betreffenden Person selbst sprechen. Stattdessen reden wir leider oft erst mit anderen über die Situation. Die Bibel nennt ein solches Verhalten Ohrenbläserei (Spr 18,8). Wir können damit schlimme Wunden verursachen. Falls das Vier-Augen-Gespräch dann nicht zum Ziel führen sollte, finden wir in Matthäus 18,16 die Anweisung, eine oder zwei weitere Personen hinzuzuziehen. Manchmal brauchen wir eben Hilfe, und dann sollten wir uns nicht scheuen, jemanden darum zu bitten. Paulus schrieb der Versammlung in Philippi, dass er die beiden Schwestern, zwischen denen es eine Unstimmigkeit gab, ermahnte, „gleich gesinnt zu sein im Herrn“ (Phil 4,2), und dieselbe Ermahnung erteilte er auch der ganzen Versammlung (Phil 2,2).

Unstimmigkeiten müssen wir also nach den in der Schrift dargestellten Grundsätzen angehen: In Freundlichkeit, Geduld und Milde mit der betreffenden Person allein reden. Dann – wenn nötig – eine oder zwei weitere Personen hinzuziehen. Der Wunsch und das Ergebnis sollten darin bestehen, schließlich gleich gesinnt zu sein.

Nach einer Aussprache

Wenn wir eine Meinungsverschiedenheit zu Ende besprochen haben, sollten wir die Sache dann auch ruhen lassen. Einige Zeit nachdem Paulus öffentlich gegen Petrus aufgetreten war, sehen wir die beiden wieder zusammenarbeiten. In seinem zweiten Brief schrieb Petrus mit hoher Wertschätzung über Paulus. Er nannte ihn „geliebter Bruder“ und beschrieb ihn als jemand, der Weisheit hat (2. Pet 3,15). Er hegte keinen Groll gegen ihn, noch redete er schlecht über Paulus. Wenn wir also eine Meinungsverschiedenheit mit einem anderen Gläubigen haben, sollten wir sie besprechen und beilegen und uns dann nicht länger damit aufhalten.

Niemand zum Anstoß sein

Es gibt noch einen weiteren wichtigen Grundsatz. Er betrifft die Wirkung, die unser Verhalten auf andere haben kann. In 1. Korinther 8,7–13 und 10,23–33 werden wir ermahnt, darauf zu achten, unseren schwächeren Bruder nicht zu Fall zu bringen. Wenn wir mit ihm eine Auseinandersetzung über ein bestimmtes Thema haben, ist es wichtig, ihn dabei nicht zu verletzen. Paulus schrieb, dass er gewisse Dinge nicht tat, um seinem Bruder im Herrn keinen Anstoß zu geben.

Außerdem werden wir erinnert, „ein jeder nicht auf das Seine“ zu sehen, sondern „auch auf das der anderen“ (Phil 2,4). Wenn ich mit jemandem uneins bin, sehe ich dann auch auf seine Belange? Ist die Weise, mit der ich die Unstimmigkeit angehe, „zur Ehre Gottes“? Suche ich meinen eigenen Vorteil oder den der anderen (1. Kor 10,31.33)?

Fazit

Wir haben gelernt, dass es sehr wichtig ist, welche Gesinnung wir bei der Bewältigung von Konflikten haben. Manchmal wird es nötig sein, ein tiefergehendes Problem deutlich anzusprechen, jedoch stets in einem Geist der Gnade, Freundlichkeit und Sanftmut. Niemals sollten wir etwas aus Stolz tun oder weil wir uns für besser halten als die anderen. Auch sollten wir den biblischen Weg beschreiten und die betreffende Person direkt ansprechen und kein Ohrenbläser sein. Für ein erfolgreiches Vorgehen stehen uns als Gläubige Gottes Hilfsmittel zur Verfügung: sein Wort und das Gebet.

[Modifizierte Übersetzung aus dem Englischen]


Fußnoten:

  1. Das hebräische Wort für „Übermut“ wird auch übersetzt mit „Stolz“ oder „Vermessenheit“.
  2. Das Gebet spielt zweifellos auch eine große Rolle (Anm. der Redaktion)