Während ein weiteres Jahr unserer Pilgerreise zu Ende geht und wir an der Schwelle eines neuen Jahres stehen[1], sind wir uns zutiefst bewusst, dass die Notwendigkeit einer Belebung in der gesamten Versammlung Gottes unverändert groß ist. Unsere Herzen freuen sich über alles, was Gott getan hat und tut, wir erkennen dankbar seine Barmherzigkeit an, die immer noch Seelen aus der Welt, die unaufhaltsam dem Gericht entgegengeht, bekehrt und rettet, und doch können wir unsere Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass die Liebe vieler Christen erkaltet, dass viel sündige Lethargie unter ihnen herrscht und dass es häufig viel Unkenntnis des Wortes Gottes gibt, und, was noch schlimmer ist, oft einen beklagenswerten Geist der Gleichgültigkeit und sogar offenen Ungehorsam gegenüber den klaren Anordnungen der Schrift. Die Versammlung Gottes braucht vor allem eine Belebung in Form einer großen Erweckung zum einfältigen Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes.

Sicherlich sind wir alle geübt darin, plausible Gründe zu finden, warum wir die Gebote der Schrift ignorieren dürfen, von denen sich aber kein einziger als gültig erweisen wird, wenn die Stunde der Prüfung kommt. Die Schrift muss natürlich in einem Geist betender Unterordnung gelesen werden, damit jeder von uns „ein Arbeiter wird, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt“ (2. Tim 2,15); wenn wir dann den Sinn Gottes richtig verstanden haben, ist nichts weiter nötig als einfacher Gehorsam. Es gibt nichts, was dem geistlichen Wohlergehen mehr schadet oder in seinen Endresultaten verhängnisvoller ist, als Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes.

Wenn wir uns dem Alten Testament zuwenden, jenem treuen Spiegel des menschlichen Herzens, jenem wunderbaren Lehrbuch, das uns weise machen kann zur Errettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist, werden wir eindringliche Beispiele dafür finden.

Nehmen wir als Erstes den Fall des Königs Saul. Hier haben wir es mit einem Mann von prächtiger Statur zu tun, der seine Herrschaft gut begann. Plötzlich auf den Thron erhoben, zeigte er in den ersten Monaten sowohl Bescheidenheit als auch Großzügigkeit in nicht geringem Maße, und doch waren nur zwei Jahre seiner Herrschaft vergangen, bevor wir ihn als verworfenen Mann vorfinden. Warum war das so? Die Antwort liegt in einem Wort: Ungehorsam.

Nachdem Saul das Volk versammelt hatte, um gegen die Philister zu kämpfen, wollte er Gott durch ein Opfer nahen, damit sein Segen auf ihrem Vorhaben liege, und der Prophet Samuel hatte eine feste Vereinbarung getroffen, ihn zu diesem Zweck nach sieben Tagen in Gilgal zu treffen. Nun geschah Folgendes: „Und er wartete sieben Tage, bis zu der von Samuel bestimmten Zeit; aber Samuel kam nicht nach Gilgal. Und das Volk zerstreute sich von ihm weg. Da sprach Saul: Bringt mir das Brandopfer und die Friedensopfer her! Und er opferte das Brandopfer. Und es geschah, als er das Opfern des Brandopfers vollendet hatte, siehe, da kam Samuel; ... Und Samuel sprach: Was hast du getan!“ (1. Sam 13,8–11). Saul entschuldigte sich: Es schien ihm politisch geboten, da das Volk im Begriff stand, sich zu zerstreuen; außerdem hatte er es nur widerwillig getan: „Ich überwand mich und opferte das Brandopfer“ (Vers 12), waren seine Worte. Samuels Antwort lautete: „Du hast töricht gehandelt, du hast das Gebot des HERRN, deines Gottes, das er dir geboten hat, nicht beachtet; … nun aber wird dein Königtum nicht bestehen“ (Verse 13, 14).

Aber warum hatte Saul so gehandelt? Was hatte ihn besessen? Sagte er in seinem Herzen etwas wie dies: „Das mit den sieben Tagen war doch nur eine Vereinbarung, die Samuel getroffen hat; vielleicht hat er es vergessen oder sich geirrt“? Vielleicht hat er das. Aber halt! Samuels Vereinbarung war nicht alles. Schon lange vor seiner Zeit war eine solche Eventualität vorausgesehen worden und die göttlichen Anweisungen lauteten: „Und du sollst … kommen … zu dem Richter, der in jenen Tagen da sein wird, … von dem Spruch, den sie dir verkünden werden, sollst du weder zur Rechten noch zur Linken abweichen. (5. Mo 17,8–12). Im selben Kapitel wurde außerdem festgelegt, dass der künftige König Israels sich mit den Anweisungen des Gesetzes vertraut machen sollte, indem er für sich selbst eine besondere Abschrift anfertigte, die er ständig bei sich trug, so dass er keine Entschuldigung für Unwissenheit hatte. Samuel war zweifelsohne der von Gott für seine Zeit erhobene Richter, und das Wort Gottes gebot unbedingten Gehorsam gegenüber seinen Anweisungen, die Saul nicht befolgte. Er ließ sich von dem leiten, was ihm zweckmäßig erschien und er behandelte das Wort Gottes durch Samuel nur als Samuels Meinung.

Auf diese schlimme Tat des Ungehorsams folgte bald eine noch schlimmere. Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes ist eine Gewohnheit, die man nach und nach annimmt. Ein paar Jahre später sandte Gott Saul durch Samuel ein besonderes Wort bezüglich der Vernichtung der Amalekiter. In 1. Samuel 15 wird berichtet, wie er die Anweisungen teilweise ausführte und sich dann entschloss, bestimmte Details nach eigenem Ermessen zu entscheiden und seine eigene Meinung dem Wort Gottes vorzuziehen. Zweifellos würde der Modernist von heute Saul vollkommen zustimmen. Nach seiner Auffassung wären die göttlichen Anweisungen das Produkt eines barbarischen Zeitalters und Sauls Handeln repräsentierte den Anbruch höherer ethischer Ideen. Gott wusste jedoch, was er tat, als er ihre vollständige Ausrottung anordnete. Es war eine Hygienemaßnahme geistlicher Art. Ihre Sünden waren eine Seuche und sie sollten wie eine Seuche ausgerottet werden. Saul jedoch hatte nicht die Skrupel des Modernisten; seine Entschuldigungen für seinen Ungehorsam waren nicht ethischer, sondern raffinierter Natur. Er wollte das Beste aus dem Besitz der Amalekiter für sich behalten, und zwar unter dem Deckmantel, es in den Dienst Gottes zu stellen.

Ungehorsam, der aus Unachtsamkeit oder Gleichgültigkeit entsteht, ist schlimm; der reine Eigensinn ist noch schlimmer. Am schlimmsten ist der Ungehorsam, der zwar der Willkür entspringt, sich aber in einen Mantel vorgetäuschter Frömmigkeit und Eifer für die Interessen des Herrn hüllt. Das war es, woran Saul jetzt schuldig war, und daher die starke und drastische Art und Weise, in der Gott ihm durch die Lippen Samuels begegnete, indem er sagte: „Warum hast du denn der Stimme des Herrn nicht gehorcht und bist über die Beute hergefallen und hast getan, was böse ist in den Augen des Herrn? … Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder. Denn wie Sünde der Wahrsagerei ist Widerspenstigkeit, und der Eigenwille wie Abgötterei und Götzendienst. Weil du das Wort des HERRN verworfen hast, so hat er dich verworfen, dass du nicht mehr König sein sollst.“ (1. Sam 15,19–23)

War Saul versucht, die Anweisungen in Bezug auf Amalek lediglich als Ausdruck von Samuels Meinung zu betrachten? Wir wissen es nicht, aber wenn er es tat, hatte er absolut keinen Grund, so zu denken. Es handelte sich zweifellos um das Wort Gottes, denn die göttlichen Anweisungen aus 5. Mose 25,17–19 leuchteten ihm direkt ins Gesicht: Die Erinnerung an Amalek sollte unter dem Himmel ausgelöscht werden. Sein anmaßender Ungehorsam führte ihn ins Verderben und in den Tod.

Wenden wir uns nun von Saul zu Salomo. Wie sehr unterscheiden sich die Umstände! Der erste war ein kleiner König, der darum kämpfte, auf eigenen Füßen zu stehen. Letzterer war fest in seinem Königreich verankert, dank der Treue und des Gehorsams seines Vaters David. Er war ein Oberhaupt der Könige der umliegenden Nationen, wohlhabend und von Gott wunderbar gesegnet, und er hatte allen Grund, den Weg des Gehorsams weiterzugehen. Doch trotz all dessen und trotz der besonderen Weisheit, mit der er ausgestattet war, machte er sich des schamlosen Ungehorsams gegenüber den eindeutigen Geboten Gottes, wie sie in den Büchern Mose niedergeschrieben sind, schuldig: Infolgedessen schadete er sich selbst schwer und säte auch die Saat für den völligen Ruin seines einst so prächtigen Königreichs.

Am Anfang von 1. Könige 10 steht die Geschichte vom Besuch der Königin von Scheba. Bei der Lektüre bekommen wir eine Vorstellung von der außergewöhnlichen Größe und Pracht von Salomos Hof und Reich. Die fragende Königin des Südens wurde völlig außer Atem gebracht, „sie geriet außer sich“. Im letzten Teil des Kapitels werden viele weitere Details genannt, die uns noch mehr von der Pracht jener Tage beeindrucken, in denen alle Gefäße des Königshauses aus Gold waren und keines aus Silber, denn Silber war damals in Jerusalem wie Steine; „es wurde in den Tagen Salomos für nichts geachtet“.

Doch gegen Ende dieses eindrucksvollen Kapitels, in dem sich Erfolg auf Erfolg und Pracht auf Pracht türmen, werden leise einige Bemerkungen gemacht, die dem nachdenklichen Leser ihre eigene Geschichte erzählen. Wir fangen an, misstrauisch zu werden, und wenn wir uns Kapitel 11 zuwenden und das bedeutsame „Aber“ beachten, mit dem dieses Kapitel eröffnet wird, verwandelt sich unser Verdacht in die traurige Gewissheit, dass etwas ernsthaft im Argen liegt.

Zunächst einmal stellen wir fest, dass all diese prächtige Anhäufung von Gold, Silber und Elfenbein, von Wertgegenständen und Kunstwerken bis hin zu Affen und Pfauen zu seinem eigenen Vergnügen und seiner eigenen Befriedigung zusammengetragen wurde. Er war das Zentrum, um das sich alles drehte. Wie sehr unterschied er sich darin von seinem Vater. David sammelte wirklich immense Mengen an Gold und anderen Reichtümern als Ergebnis seiner siegreichen Feldzüge, aber in seinem Fall war der Herr, der mit seinem Tempel gleichgesetzt wurde, das Zentrum, um das sich alles sammelte. Auch wenn David große Summen in seine Privatschatulle einzahlte, was zweifellos der Fall war, hatte er dennoch die Interessen des Herrn im Blick. Er konnte sagen: „mit all meiner Kraft habe ich für das Haus meines Gottes vorbereitet: das Gold … und das Silber … und allerlei kostbare Steine, … Und überdies, weil ich Wohlgefallen habe an dem Haus meines Gottes, habe ich, was ich als eigenes Gut an Gold und Silber besitze, für das Haus meines Gottes gegeben, zu all dem hinzu, was ich für das Haus des Heiligtums vorbereitet habe: 3000 Talente Gold …“ (1. Chr 29,2–5). Nachdem er all diese Dinge aufgezählt hatte, bekannte er freudig: „aus deiner Hand haben wir dir gegeben“, und zeigte damit, dass er voll und ganz anerkannte, dass alles Gott gehörte und dass er nur ein Verwalter all dessen war, was ihm anvertraut worden war. Bei Salomo war das ganz anders. Alles, was er bekam, häufte er zu seinem eigenen Nutzen an.

Zweitens stellen wir am Ende des Kapitels in 1. Könige fest, dass Salomo sich vor allem für Pferde einsetzte. Er „brachte Wagen und Reiter zusammen, und er hatte 1400 Wagen und 12000 Reiter“. Dies wird durch eine Wiederholung ein paar Verse weiter unterstrichen, wo es heißt: „Und die Ausfuhr der Pferde für Salomo geschah aus Ägypten.“ Dies ist umso bemerkenswerter, als das Pferd in der Geschichte Israels bis zu diesem Punkt kaum erwähnt wird. Vom Esel lesen wir oft, und auch vom Maultier; Absalom, der Sohn des Königs David, ritt bekanntlich nur auf einem Maultier, und der Ochse scheint das Lasttier gewesen zu sein. Es war natürlich nicht verwunderlich, dass Salomo nach Ägypten schickte, um Pferde zu holen, denn er hatte seine Königin bereits von dort geholt, und sie wünschte sich natürlich das überlegene Tier, an das sie gewöhnt war.

Drittens kommen wir zu dem sehr bedeutsamen „Aber“, mit dem 1. Könige 11 beginnt. „Und der König Salomo liebte viele fremde Frauen, und zwar neben der Tochter des Pharaos: moabitische, ammonitische, edomitische, sidonische, hethitische, von den Nationen, von denen der HERR zu den Kindern Israel gesagt hatte: Ihr sollt nicht unter sie kommen, und sie sollen nicht unter euch kommen.“ Hier wird eine Sache erwähnt, in der er aufs Schlimmste gesündigt hat. Es war nicht nur Polygamie von äußerst extravaganter und abscheulicher Art, sondern auch, wie bereits erwähnt, die Übertretung des Gebots, das die Vermischung mit den umliegenden Völkern verbot, damit sich die Ansteckung mit ihrem Götzendienst nicht unter den Stämmen Israels ausbreiten konnte. Dieses Gebot galt für das ganze Volk, und Salomo dürfte daher gewusst haben, dass es als Führer und Vorbild des Volkes auch für ihn selbst galt.

Aber das war noch nicht alles. Salomo war es nicht gestattet, Schlussfolgerungen aus dem Wort Gottes zu ziehen, wie offensichtlich und unzweifelhaft diese auch sein mochten. In 5. Mose 17, worauf wir bereits verwiesen haben, lagen die eindeutigsten und klarsten Gebote Gottes zu allen drei Punkten, die wir gerade erwähnt haben, deutlich vor ihm.

In den Versen 14 und 15 dieses Kapitels wird vorausgesagt, dass der Tag kommen würde, an dem Israel, nachdem es sich in seinem eigenen Land niedergelassen hatte, einen König begehren und einen solchen über sich einsetzen würde, und im Hinblick auf diese Möglichkeit werden bestimmte Anweisungen gegeben. Der Herr sagte: „Nur soll er sich nicht viele Pferde anschaffen und soll das Volk nicht nach Ägypten zurückführen, um sich viele Pferde anzuschaffen; denn der Herr hat euch gesagt: Ihr sollt fortan nicht wieder auf diesem Weg zurückkehren. Und er soll nicht viele Frauen haben, dass sein Herz sich nicht abwende; und Silber und Gold soll er sich nicht übermäßig anschaffen“ (Verse 16, 17). In den Tagen Moses, des großen Gesetzgebers, hatte das alles sehende Auge Gottes die Jahrhunderte durchschritten, er sah die zukünftigen Könige Israels und ihre besonderen Gefahren voraus, und er gab die notwendige Warnung in seinem Wort und auch das Gegenmittel, indem er anordnete, dass der zukünftige König sein eigenes Exemplar des Gesetzes schreiben und es immer bei sich haben sollte, um darin alle Tage seines Lebens zu lesen und sich nicht vom Gebot abzuwenden, weder nach rechts noch nach links. (Siehe Verse 18–20.)

Doch was Salomo betraf, so hätten diese Gebote genauso gut nie geschrieben werden können. Er tat genau das, was verboten worden war! Es ist kaum möglich, dass er nicht wusste, was Gott gesagt hatte. Es ist viel wahrscheinlicher, dass er Argumente in seinem Kopf hatte und Gründe, die er für hervorragend hielt, die in der Tat ausreichten, um ihn zu ermächtigen, das alte Wort durch Mose als toten Buchstaben zu behandeln. „Hatten sich die Zeiten nicht geändert? Hatte sich die militärische Taktik seit den Tagen Moses nicht weiterentwickelt, so dass das Pferd, das früher ein Luxus war, jetzt zu einer Notwendigkeit geworden war?“ – und so weiter. Es spielt jedoch keine Rolle, welche fadenscheinigen Ausreden Salomo im Sinn hatte. Die Tatsache bleibt: Er begegnete den klaren Anweisungen des Wortes Gottes mit glatter Ablehnung und Ungehorsam, und damit brachte er einen Schneeball der Zerstörung ins Rollen, der erst aufhörte, als er zu einer Lawine des Gerichts geworden war, die Israel hinwegfegte.

Als ich zum ersten Mal 5. Mose 17 und 1. Könige 10 und 11 zusammenlegte, war ich zugegebenermaßen erstaunt. Ein solch vorsätzlicher Verstoß gegen die Heilige Schrift durch einen sonst so weisen Mann wie Salomo erschien mir fast unglaublich. Viele unserer Leser haben vielleicht ein ähnliches Gefühl, wenn sie in diesem Artikel darauf aufmerksam gemacht werden. Ich muss jedoch gestehen, dass es mich heute nicht mehr überrascht. Ich weiß ein wenig mehr über die unsinnige Torheit meines eigenen Herzens, und ich habe auch ein wenig beobachtet, wie frei und leichtfertig bekennende und sogar echte Christen mit den Geboten des Wortes Gottes umgehen. Sie scheinen sie nach eigenem Ermessen zu befolgen oder nicht zu befolgen, denn sie sind weit davon entfernt, vor dem Wort Gottes zu zittern.

Wie leichtfertig setzen sich leider viele junge Gläubige über das feierliche neutestamentliche Gebot hinweg: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen“ (2. Korinther 6,14–18) und schließen eine Ehe – das ausgeprägteste und dauerhafteste Joch, das die Menschheit kennt – mit einem unbekehrten Partner. Wie oft verstricken sich Christen in ein Joch der geschäftlichen Partnerschaft mit unbekehrten Menschen. Wie oft verstricken sie sich in alle möglichen Arten von Handel, Geschäften und sozialen Bündnissen, um ihre eigenen Interessen zu fördern oder um Schmach und Verfolgung zu entgehen.

Wie zögerlich, wenn überhaupt, befolgt mancher Christ die Anweisungen des Wortes Gottes in Bezug auf das, was der Gläubige tun soll, wenn grundlegend Böses eingedrungen ist und die Masse durchsetzt hat. Diese Frage wurde schon früh in der Geschichte der Kirche durch die falschen Lehren von Hymenäus und Philetus aufgeworfen und im zweiten Brief des Paulus an Timotheus beantwortet. Die Anweisung lautet, sich von diesen Gefäßen zur Unehre zu reinigen. Das setzt voraus, dass es nicht mehr möglich ist, sie wie den alten Sauerteig nach 1. Korinther 5 auszutreiben. Wenn dies von allen Gläubigen, die gesund im Glauben sind, allgemein beachtet und befolgt würde, würde Gott in seinem Wort geehrt werden. Aber nein, leider finden viele von ihnen eine Fülle von Gründen, die ihrer Meinung nach stichhaltig genug sind, um dort zu bleiben, wo sie sind, und begnügen sich mit Protesten und mit dem Versuch, das bestehende Verderben zu verbessern. Wenn nur jeder wahre Gläubige sich von jeder Genossenschaft mit falschen und abtrünnigen Lehren freimachen und sich im Gehorsam gegenüber dem Wort von allen verdorbenen und rein menschlichen Systemen lösen würde, was für eine Erweckung würde es dann geben!

Eine dritte eindrucksvolle Illustration unseres Themas findet sich fast unmittelbar nach den Tagen Salomos. In 1. Könige 13 haben wir die Begebenheit des Mannes Gottes aus Juda, der im Auftrag des Herrn ging, um gegen den Altar in Bethel zu prophezeien, den Jerobeam errichtet hatte. Er führte seinen Auftrag in jeder Hinsicht mutig aus, außer in einem Punkt. Er hatte sehr strenge Anweisungen erhalten, sich in keiner Weise mit dem Volk oder der Stellung zu identifizieren, gegen die sich seine Prophezeiung richtete; es sollte nicht die geringste Gemeinschaft zwischen ihnen bestehen. „Du sollst kein Brot essen und kein Wasser trinken, und du sollst nicht auf dem Weg zurückkehren, den du gegangen bist“, lautete das Wort. Diesem Wort gehorchte er nicht.

In einem Punkt unterschied er sich jedoch von den anderen Fällen, die wir betrachtet haben. Bei ihnen war der Ungehorsam offen und bewusst, bei ihm war er es nicht. Er wurde dazu überredet, nachdem er zunächst gehorcht hatte. Bemerkenswerterweise schien seine Bestrafung viel drastischer zu sein und erfolgte sicherlich viel unmittelbarer als im Fall der beiden anderen. Das lag zweifellos daran, dass er als Prophet und Mann Gottes in engerem Kontakt mit Gott stand als die anderen, und wem viel an Vorrechten gegeben wird, von dem wird mehr verlangt.

Das erste, womit dieser Prophet konfrontiert wurde, war die Gewalt der Welt. „Greift ihn“, rief der zornige König. Das brachte ihn weder vom Weg des Gehorsams ab noch erschreckte es ihn, und bald war der Geist des Königs besänftigt und er freute sich, durch die Hände des Propheten Heilung zu erfahren.

Unmittelbar danach wurde der Prophet durch die Gunst der Welt auf die Probe gestellt. „Komm mit mir ins Haus und stärke dich“, lautete nun die Einladung des Königs. Der Prophet hatte nun die Möglichkeit, der Ehrengast der Welt zu sein; eine weitaus ernstere Versuchung. Doch er widerstand ihr standhaft.

Wenig später, als der Prophet gemäß dem Wort des Herrn einen anderen Weg eingeschlagen hatte, trat der alte Prophet von Bethel mit seiner Einladung „Komm mit mir nach Hause und iss Brot“ auf den Plan. Hier wurde er durch religiöse Verbindungen geprüft, die viel gefährlicher sind. Wie schwer war es, die freundliche Einladung seines Prophetenkollegen abzulehnen; dennoch tat er es.

Darauf folgte jedoch sofort ein böser Akt der religiösen Nachahmung. Der alte Prophet führte ihm vor, dass auch er das Amt des Propheten innehatte, und dann behauptete er, eine besondere Offenbarung durch einen Engel gehabt zu haben, die zur Folge hatte, dass die ursprünglichen Anweisungen, nach denen er handelte, völlig außer Kraft gesetzt wurden und er genau das tun sollte, was ihm verboten worden war. „Bring ihn mit dir in dein Haus zurück, dass er Brot esse und Wasser trinke. Er belog ihn.“ Vor diesem Betrug ist der Mann Gottes gefallen.

Ach, warum hat er darauf gehört! Ein paar Augenblicke des Nachdenkens hätten doch genügt, um ihn zur Vorsicht zu mahnen. Ist es üblich, dass Gott das Ende nicht von Anfang an voraussieht und deshalb seine Anweisungen widerrufen muss, bevor seine Unternehmungen abgeschlossen sind? Wenn er ursprünglich seine Anweisungen direkt von Gott erhalten hatte, würde Gott es dann versäumen, ihm weitere Anweisungen ebenso direkt mitzuteilen, und stattdessen jemanden benachrichtigen, der mit der Sache nichts zu tun hatte? Es war jedoch leicht und angenehm, sich damit abzufinden. Er tat es und gehorchte nicht.

Wie stark spricht das alles zu uns. Der Diener Gottes mag heute zuweilen berufen sein, an fremde Orte zu gehen, um ein Wort des Zeugnisses für seinen Herrn zu geben, und sich so in einer ungewöhnlichen Umgebung wiederfinden, aber er muss sehr vorsichtig sein, was seine Verbindungen angeht, und darauf achten, dass er das göttliche Wort erfüllt: „Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr aber straft sie auch“ (Eph 5,11). Gemeinschaft zu haben bedeutet, selbst verunreinigt zu werden.

Der Widersacher wird keine Mittel scheuen, um uns zu verstricken. Wenn eine Methode nicht erfolgreich ist, versucht er eine andere, wie wir im Fall des Mannes Gottes sehen. Einige von uns lassen sich leicht von der Welt oder ihrem Lächeln verführen; andere sind nicht so leicht zu fangen, weshalb für sie religiöse Verlockungen ins Spiel kommen. Es ist ein trauriger Gedanke, dass dem Teufel für diese schmutzige Arbeit kein Werkzeug so schnell zu Willen ist wie ein falscher religiöser Bekenner oder ein echtes Kind Gottes, das ganz und gar auf Abwege geraten ist. Der alte Prophet von Bethel mag das eine oder das andere gewesen sein, was wir nicht feststellen können.

Das Fazit der ganzen Angelegenheit ist: Es gibt nichts, was so gut, sicher und Gott wohlgefällig ist, wie der volle und bedingungslose Gehorsam gegenüber seinem Wort. Darin finden sich alle notwendigen Anweisungen für den Menschen Gottes, wie 2. Timotheus 3,16.17 bestätigt; deshalb können wir sowohl ungehorsam sein, wenn wir darüber hinausgehen, als auch, wenn wir dahinter zurückbleiben. Wir können leicht ein wenig eingebildet werden und meinen, wir würden das Zeugnis aufrechterhalten oder den Herrn ehren, obwohl wir nur die Mücken herausfiltern, um schließlich das Kamel bewussten Ungehorsams gegenüber dem, was das Wort Gottes ganz klar sagt, zu verschlucken.

Lasst uns also die alttestamentlichen Warnungen mit Herzensübungen annehmen und so weise werden zur Errettung von der Sünde des Ungehorsams gegenüber dem Wort Gottes. Der Herr hat gesagt: „Auf diesen will ich blicken: auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist und der da zittert vor meinem Wort“ (Jes 66,2).


Fußnoten:

  1. erschienen Ende 1924 in der Zeitschrift „Scripture Truth“