Gott hatte sich das Volk Israel aus allen Völkern auserwählt, um in seiner Mitte zu wohnen (2. Mo 29,45.46). Jerusalem war der Ort, den Er sich erwählt hatte, um seinen Namen dort wohnen zu lassen (1. Kön 11,32.36; Ps 135,21). Außer Jerusalem gab es auf der ganzen Erde keinen anderen Ort, wo Gott seine Gegenwart verheißen hatte. Jeder Israelit, der seinem Gott nahen wollte, musste sich dorthin begeben (5. Mo 12,5.11; 14,23; 16,2.6.11; 26,2).

Da, wo Gott in der Mitte seines Volkes wohnen wollte, sollte auch der Altar stehen (5. Mo 12,6.11). Der Brandopferalter war das Zentrum des jüdischen Gottesdienstes und spricht von der Gegenwart Gottes in der Mitte seines Volkes. Er entspricht dem Tisch des Herrn im Neuen Testament (Mal 1,7.12; 1. Kor 10,21). Der Altar durfte nach Gottes Gedanken nur an einem einzigen Ort errichtet werden, und zwar an dem Ort, der David nach seiner Sünde der Volkszählung offenbart wurde (1. Chr 21,18.26). Die aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrten Juden kannten diesen Ort und richteten dort den Altar „an seiner Stätte“ auf (Esra 3,3).

Während im Alten Testament ein besonderer Ort im Vordergrund stand, wo Gott in der Mitte seines irdischen Volkes wohnen wollte, betont der Heilige Geist im Neuen Testament die Voraussetzungen, unter denen der Herr heute in der Mitte seines himmlischen Volkes wohnen kann. Während im Alten Testament das Wo entscheidend war, ist im Neuen Testament das Wie ausschlaggebend.

Wir sehen im Neuen Testament, dass der Herr seine Gegenwart in der Mitte seines Volkes an bestimmte Bedingungen in Verbindung mit der Art und Weise ihres Zusammenkommens knüpft: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20).

Natürlich findet das in Matthäus 18,20 erwähnte Zusammenkommen an einem geografischen Ort statt, aber nicht der Ort an sich ist entscheidend für die Gegenwart des Herrn, sondern die Art und Weise, wie dieses Zusammenkommen stattfindet („versammelt in meinem Namen“). Überall, wo man in seinem Namen (oder: zu seinem Namen hin) versammelt ist – das heißt, in Übereinstimmung mit allem, was der Name des Herrn in sich schließt –, hat Er verheißen, in der Mitte zu sein.

Zu seinem Namen hin versammelt zu sein, deutet eine Zielrichtung an – das stete Bemühen, so versammelt zu sein, wie es Ihm wohlgefällt. Praktisch bedeutet dies das Bestreben, in Übereinstimmung mit allem zu sein, was der Herr Jesus in seinem Wort von sich offenbart hat. Dazu zählt in erster Linie die Wahrheit über seine Person und sein Werk. Letztendlich umfasst es aber die ganze Wahrheit des Wortes Gottes.

In seinem Namen versammelt zu sein, deutet aber auch an, dass, obwohl Er selbst nicht sichtbar gegenwärtig ist, wir so zusammenkommen, als wenn Er es wäre. Es ist das Bestreben, seinen Gedanken und Vorstellungen gemäß versammelt zu sein. Wenn wir auf dieser Grundlage versammelt sind, dann ist Er der alleinige Mittelpunkt unseres Zusammenkommens – derjenige, an und nach dem sich alles ausrichtet und der in unserer Mitte das Sagen hat.

Der Herr Jesus in der Mitte der Seinen ist sozusagen der „Dirigent“, der den Ablauf, den Charakter und das Thema der Zusammenkünfte bestimmt. Um in der Sprache des Psalmdichters zu sprechen – der „Vorsänger“, der den Lobgesang in den Herzen der Seinen anstimmt und nach seinem Wohlgefallen in der Versammlung leitet. Mit dem Herrn in der Mitte hat die örtliche Versammlung auch die nötige Autorität, die sie zur Verwaltung der ihr anvertrauten Angelegenheiten benötigt (Mt 18,18).

Mit dem Herrn in der Mitte haben die Seinen alles, was sie brauchen. Der Herr überlässt seine Versammlung auf dieser Erde nicht menschlicher Fürsorge oder Leitung. Nein, Er selbst ist in ihrer Mitte und geht gewissermaßen zusammen mit ihr den Weg durch die „Wüste“, bis zu dem nicht mehr fernen Augenblick, wo Er sie zu sich in die himmlische Herrlichkeit holen wird.

Der Herr in der Mitte der Seinen – welch ein unermessliches Vorrecht! Auch heute noch!

(aus der Monatszeitschrift „Im Glauben leben“)