Wir befinden uns in Johannes 4 auf dem interessantesten, traditionellsten und historischsten Boden der Heiligen Schrift. Da war der Jakobsbrunnen, und Jesus, „ermüdet von der Reise, setzte sich so an der Quelle nieder.“ Er, der Gott war, hatte sich in unendlicher Gnade herabgeneigt, ein ermüdeter Mensch zu sein, und erschien als solcher. Er benutzte nie seine göttliche Macht, um sich vor den Wüstenumständen zu schützen, von denen Er als wahrer und wirklicher Mensch umgeben war. Er nahm alle äußeren Bedingungen des Menschseins an, als Er in Liebe und Gnade auf die Erde herabkam und Mensch wurde, um in seinem Leben den Menschen Gott vorzustellen und in seinem Tod die Menschen in Gerechtigkeit zu Gott zu bringen. Niemals benutzte Er seine göttliche Macht, um sich zu schützen oder sich von dem zu befreien, was das Los des Menschseins war, als Er durch eine Szene ging, in der der Mensch nicht mehr in paradiesischen Verhältnissen, sondern „im Exil lebte“ und unter der Macht Satans versunken war. Er kostete und fühlte all dies bis zum Äußersten, denn obwohl Er immer der Gegenstand des Wohlgefallens und der Liebe des Vaters war, gab es nie jemanden, der auf dieser Erde umherging, der äußerlich so wenig Anteil an der bekundeten Gunst Gottes hatte. Heimatlos, mittellos und schließlich ohne Freunde ging der Herr der Herrlichkeit durch die Welt, die Er selbst geschaffen hatte, und dann aus ihr hinaus. Geheimnis der Liebe!

Jesus war also müde und setzte sich so an der Quelle nieder. Mit diesen Worten meint der Heilige Geist, dass die Frau, als sie heraufkam, einfach einen müde aussehenden Mann sah. Das ist alles, was sie sah. Doch die Gnade Christi ist vorzüglich, und wenn ich so sagen darf, Er verbirgt seine Herrlichkeit, um die tiefe Gnade seines Herzens zu entfalten. Dennoch ist Er nie herrlicher, als wenn Er sich an dem tiefsten Platz der Erniedrigung befindet. Niemals ist seine Herrlichkeit größer, als wenn Er, scheinbar von aller Herrlichkeit entkleidet, als Mensch in Müdigkeit am Brunnen sitzt. Da kommt diese Frau aus der Stadt. ...

Aber seht die Gnade Christi: Er geht in dem Moment an den Ort, als Er wusste, dass er ihr begegnen würde. Er kannte die Einsamkeit ihres Herzens und fühlte mit ihr, denn Er war, glaube ich, in Wirklichkeit noch einsamer als sie. Es gab nie einen so absolut einsamen Menschen wie den Heiland. Es war die Einsamkeit eines göttlich vollkommenen Lebens inmitten einer Szene, in der ihn niemand wollte. Kann man sich etwas Einsameres vorstellen? Und Er bietet sich an – einen Platz in einem Herzen zu finden, das bis zu dieser Stunde nie an ihn gedacht hatte; und um dies zu erreichen, lässt Er sich jetzt in wunderbarer Gnade herab und sagt: „Gib mir zu trinken.“