Die neunfache Frucht des Geistes in Galater 5,22 beschreibt eigentlich die Ergebnisse des Wirkens des Geistes in einem Gläubigen. Gleichzeitig ist sie sozusagen ein Kommentar über das Wesen Christi, wie Er in den Evangelien beschrieben wird. Ein Abschnitt daraus genügt als Beweis: die Unterweisungen an die Jünger im Obersaal (Joh 13–16). In diesen Unterweisungen stellt der Herr die Jünger unter die Verantwortung, Frucht für Gott zu bringen, indem sie etwas von seinem Wesen in ihrem Leben zeigen.

Die ersten drei Kennzeichen der Frucht des Geistes sind Liebe, Freude und Friede. Ist es von ungefähr, dass der Herr Jesus gerade in diesem Abschnitt, wo es um das Fruchtbringen geht, von „meiner Liebe“, „meiner Freude“ und „meinem Frieden“ spricht (Joh 15,10.11; 14,27)?

Die Liebe des Herrn Jesus zeigte sich nicht in Sentimentalität, sondern in dem Halten der Gebote des Vaters. Wenn unsere Frucht namens „Liebe“ von der gleichen Art sein soll, kann sie nur darin bestehen, seinem Wort gehorsam zu sein. Und das beinhaltet auch, dass wir einander lieben, wie Er uns geliebt hat. Und wie hat Er uns geliebt? Er hat sein Leben für uns gelassen (Joh 15,9–13).

Die Freude des Herrn Jesus speiste sich aus dem Bewusstsein, in allem den Willen des Vaters getan zu haben. Das war „seine Lust“ und „seine Speise“. Und nur so kann auch unsere Freude „völlig werden“ (Joh 15,11).

Der Friede des Herrn Jesus ließ Ihn selbst in den letzten Stunden vor dem Kreuz, das seine Schatten immer deutlicher auf seinen Weg fallen ließ und dessen Schrecken Er vollständig im Voraus kannte und empfand, ruhig und ergeben sein. Er ruhte im Vertrauen auf Gott und in seinem Willen. Dieser Friede, den Paulus den „Frieden des Christus“ nennt (Kol 3,15), kann auch unsere Herzen regieren, wenn wir in dem Willen des Vaters ruhen und Ihm vertrauen (Joh 14,27).

Die Langmut des Herrn Jesus kann man in den vorhergehenden Kapiteln (Joh 1–12) bewundern. Die Welt hasste Ihn (Joh 15,18). Aber erst nachdem die Juden Ihn auf der ganzen Linie – seine Worte und Werke und seine Person an sich – verworfen hatten, wandte Er sich von ihnen ab und „verweilte mit den Jüngern“ (Joh 11,54).

Die Freundlichkeit des Herrn, die niemals nachließ, trieb Ihn an, „die Werke unter ihnen“ zu tun, „die keiner getan hat“, und das, während sie Ihn „verfolgt haben“. Es waren Werke des Mitgefühls für alle Schwachen, Niedergeschlagenen und Bedrängten (Joh 15,24.20).

Die Gütigkeit des Herrn Jesus äußerte sich vor allem in seinen Worten. Er war gekommen und hatte „zu ihnen geredet“. Es waren Worte der Gnade, obwohl sie immer wieder auf Widerstand, Herzenshärte und Feindschaft trafen (Joh 15,22). Seinen Worten fehlte zwar nie das Salz, aber auch das war ein Beweis dafür, dass Er nur ihr Gutes suchte.

Die Treue des Herrn Jesus zeigte sich darin, wie Er den Vater offenbart und die Schriften erfüllt hat. Er kam mit dem klaren Auftrag, den Vater kundzumachen, und tat es so treu, dass die Juden für ihre Ablehnung voll verantwortlich waren, denn sie haben den Vater „gesehen“ – im Sohn – und doch gehasst. Und gerade auch durch diese Treue erfüllte Er die Schriften: Ihr Hass blieb bis zum Schluss „ohne Ursache“ (Joh 15,24.25).

Die Sanftmut des Herrn Jesus trat umso deutlicher zutage, je größer die Feindschaft Ihm gegenüber wurde. Man merkt keine Spur von Bitterkeit, Zorn oder Rachegedanken, wenn Er über die Verfolgung und den Hass seitens der Welt spricht. Auch hier geben die ersten zwölf Kapitel des Evangeliums reichlich Anschauungsunterricht. Selbst auf den übelsten Vorwurf, Er habe einen Dämon, reagiert Er in Sanftmut mit nur einem schlichten Satz: „Ich habe keinen Dämon“ (Joh 8,48.49). Es ist diese „Sanftmut und Milde des Christus“, die Paulus auch bei den Korinthern sehen wollte (2. Kor 10,1).

Die Enthaltsamkeit des Herrn Jesus zeigte sich ebenfalls in seinen Reden an die Jünger. Sein Herz sehnte sich danach, die Jünger noch mehr an seinen Gedanken teilhaben zu lassen. Es gab „noch vieles“, das Er ihnen sagen wollte. Doch Er vergaß seine eigenen Bedürfnisse, nahm Rücksicht auf die Schwachheit der Jünger und hielt seine Worte zurück (Joh 16,12). Und das ist nur ein Beispiel dafür, wie sehr Er das eigene Warten auf Mitleid und die Suche nach Tröstern hintanstellte und selbst so kurz vor Beginn der schwersten Stunden nur mit seinen Jüngern beschäftigt war.

Möge sein Wesen mehr in uns Gestalt gewinnen! Das wäre wirklich Frucht, an der Gott vollen Genuss hat.