Hiob hat sehr viel verloren, quält sich mit einer schrecklichen Krankheit und findet nirgends Trost. Es ist ihm schleierhaft, warum Gott das alles über ihn, den Rechtschaffenen, gebracht hat. In Hiob 19 beschreibt er in eindrücklicher Bildersprache, wie es ihm ergeht und wie er fühlt:

  • Er ist wie jemand, der zu Unrecht angeklagt wird (Hiob 19,6.7).
  • Er kommt sich wie ein Tier vor, das hilflos in einem Fangnetz zappelt (Hiob 19,6).
  • Er ist wie ein Wanderer bei Nacht, der in einem eingezäunten Gehege umherirrt (Hiob 19,8).
  • Er fühlt sich wie ein König, dessen prächtige Kleider und Krone weggerissen wurden (Hiob 19,9).
  • Er ist wie ein Haus, das mitsamt Grünanlagen völlig zerstört wurde (Hiob 19,10).
  • Er fühlt sich wie ein harmloser Zeltbewohner, der von feindlichen Streitkräften umzingelt wird (Hiob 19,12).
  • Er kommt sich wie jemand vor, der von wilden Tieren zerfleischt wird (Hiob 19,22).

Hiob macht auch deutlich, dass er in dieser schwierigen Zeit keine menschliche Hilfe erlebt:

  • Seine Mitbürger haben ihm den Rücken gekehrt (Hiob 19,13).
  • Seine Bekannten kennen ihn nicht mehr (Hiob 19,13).
  • Seine Verwandten besuchen ihn nicht (Hiob 19,14).
  • Seine Vertrauten kümmern sich nicht um ihn (Hiob 19,14).
  • Seine Dienerschaft verweigert sich ihm (Hiob 19,15.16).
  • Seine Frau kann seinen Zustand nicht mehr ertragen (Hiob 19,17).
  • Seine Geschwister kommen mit seiner Krankheit nicht klar (Hiob 19,17).
  • Selbst die kleinen Kinder aus der Nachbarschaft verachten ihn (Hiob 19,18).
  • Seine engsten Freunde rümpfen die Nase über ihn (Hiob 19,19).

Schließlich beschreibt er seinen erbärmlichen körperlichen Zustand: Er ist nur noch Haut und Knochen (Hiob 19,20).

Hiob meint, dass er in diesem Leben nichts mehr zu erwarten hat. Vielleicht würden sich kommende Generationen für sein Schicksal interessieren und begreifen, wie unschuldig er leidet. Deswegen wünscht er sich, dass seine Worte in eine Buchrolle verzeichnet oder in einen Felsen gehauen werden (Hiob 19,23.24).[1]

Der Erlöser

Plötzlich fällt ein Lichtstrahl in das Dunkel von Hiobs Gedanken. Er blickt von sich weg und schaut nach oben. Vertrauensvoll sagt er: „Und ich, ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er auf der Erde stehen; und ist nach meiner Haut dies da zerstört, so werde ich aus meinem Fleisch Gott anschauen, den ich selbst mir anschauen und den meine Augen sehen werden, und kein anderer: Meine Nieren verschmachten in meinem Innern“ (Hiob 19,25–27).

Fünf bemerkenswerte Punkte erwähnt Hiob hier:

  • Er weiß, dass sein Erlöser lebt. Durch Ihn kann er vor Gott stehen.
  • Der Erlöser wird über diese Erde regieren und von niemandem abgelöst werden.
  • Nachdem sein Körper, wie jetzt schon seine Haut, zerfallen ist, wird Hiob einen neuen Körper bekommen.
  • In dem neuen Körper wird er Gott anschauen, was nur denen vergönnt ist, die ihn kennen.
  • Er kann es nicht erwarten, den Gott zu sehen, den er jetzt noch vergeblich sucht (vgl. Hiob 23,8).

Unsere Hoffnung

Hiob konnte nicht im vollen Umfang verstehen, was seine Worte bedeuten (vgl. mit 1. Pet 1,10). Wir aber dürfen seine Aussage im Licht des Neuen Testaments betrachten und mehr darin sehen, als es Hiob vergönnt war.

Wir wissen, dass der Herr Jesus nach vollbrachtem Erlösungswerk im Himmel ist. Er hat uns von der Strafe und der Macht der Sünde erlöst. Er wird auch unseren Leib erlösen und uns einen Herrlichkeits-Körper geben, der seinem gleichförmig ist. Das wird Er durch die Macht bewirken, mit der Er vermag, sich alle Dinge zu unterwerfen (Phil 3,20.21). Wenn der Sohn des Menschen seine Herrschaft in Macht angetreten hat, wird Er von niemandem abgelöst oder abgesetzt werden. Er wird nach tausendjähriger Segensherrschaft das Zepter in die Hände dessen legen, der Ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei (1. Kor 15,24–28).

Der Auferstehungskörper ist die Voraussetzung dafür, dass wir unseren Erlöser sehen können. Das macht 1. Johannes 3,2 deutlich: „Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ Was für eine Gnade ist es, den Herrn Jesus sehen zu dürfen, der das Bild des unsichtbaren Gottes ist! Welche Herrlichkeit liegt in den Worten des inspirierten Schreibers: „Seine Knechte werden ihm dienen, und sie werden sein Angesicht sehen“ (Off 22,3.4)! Was sonst außer dieser Hoffnung kann ein Kind Gottes aufrichten, das von großen Schmerzen und bitteren Erfahrungen geplagt wird! Aber die, die Gott nicht kennen, werden seine Gegenwart nicht genießen und von Ihm in Ewigkeit keines Blickes mehr gewürdigt werden (2. Thes 1,9).

Es ist die sehnsüchtige Hoffnung der Gläubigen, bei dem göttlichen Erlöser in der Herrlichkeit zu sein. Sie wird oft gerade dadurch beflügelt, dass uns die Schwachheit und Vergänglichkeit des Lebens vor Augen geführt werden. Paulus schreibt: „Wir wissen, dass, wenn unser irdisches Haus, die Hütte, zerstört wird, wir einen Bau von Gott haben, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, ein ewiges, in den Himmeln. Denn in diesem freilich seufzen wir und sehnen uns, mit unserer Behausung, die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden; sofern wir allerdings, wenn wir auch bekleidet sind, nicht für nackt befunden werden. Denn wir freilich, die in der Hütte sind, seufzen beschwert, weil wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben … wir sind aber guten Mutes und möchten lieber ausheimisch von dem Leib und einheimisch bei dem Herrn sein“ (2. Kor 5,1–4.8).

Unser Erlöser lebt, und bald werden wir zusammen mit Ihm leben und Ihn sehen, wie Er ist. Das ist unsere Hoffnung, die gerade dann Mut macht, wenn Umstände uns niederdrücken und menschliche Ressourcen versagen.

[Aus: Im Glauben leben]


Fußnoten:

  1. Die Worte „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“ wurden tatsächlich in Stein gehauen: Sie zieren viele Grabsteine!