Der Herr Jesus hätte uns ohne Weiteres sofort nach unserer Bekehrung in den Himmel nehmen können, aber sein Plan mit den meisten von uns ist ein anderer. Gewiss, der Augenblick ist nicht mehr fern, wo Er uns zu sich in die Herrlichkeit holen und wir vom Glauben zum Schauen kommen werden, aber noch sind wir auf dieser Erde, und solange Er uns noch hierlässt, ist es sein Wille, dass wir unser Leben mit Ihm und für Ihn führen.

Als der Herr Saulus auf dem Weg nach Damaskus vom Himmel erschien, stellte dieser Ihm zwei Fragen: „Wer bist du, Herr?“ und „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,8.10). Diese zwei Fragen waren Programm für sein Leben. Zum einen strebte er sein ganzes Leben danach, Ihn und seine Herrlichkeiten besser kennenzulernen, zum anderen setzte er sich mit aller Kraft dafür ein, den Dienst zu erfüllen, den er empfangen hatte.

Die zwei Fragen, die Paulus bei seiner Bekehrung stellte, möchten auch wir uns immer wieder stellen – auch nach unserer Bekehrung. Sie lassen die zwei Hauptgründe erkennen, warum der Herr uns nach unserer Bekehrung auf der Erde gelassen hat: Ihn besser kennenzulernen und Ihm zu dienen. Daraus lassen sich noch weitere Gründe ableiten, die wir uns nachfolgend etwas näher ansehen wollen.

Den Herrn besser kennenlernen

Der Herr Jesus möchte, dass wir in der Gnade und Erkenntnis seiner Person Fortschritte machen. (2. Pet 3,18). Seine Person soll uns immer größer und wertvoller werden. Die vielen verschiedenen Facetten seiner Größe und Herrlichkeit sollen uns unser ganzes Leben beschäftigen und einen immer größeren Platz in unserem Leben einnehmen.

Aber nicht nur dem Verstand, sondern auch der Erfahrung nach sollen wir Ihn immer besser kennenlernen. Er sieht es gerne, wenn wir Ihn in unser alltägliches Leben und die damit verbundenen Umstände mit hineinnehmen und in jeder Situation mit seiner großen Güte, seiner rechtzeitigen Hilfe, seinem reichen Trost und seinem herzlichen Erbarmen rechnen (Ps 34,9; 63,8; 94,19). Die Fülle seiner Person genügt allen unseren Bedürfnissen. Bei Ihm finden wir alles, was wir für unser Leben und unseren Weg brauchen. Je mehr wir unser Vertrauen auf Ihn setzen, desto besser werden wir Ihn kennenlernen.

Uns selbst erkennen

Jemand hat einmal gesagt: In dem Maß, wie wir Ihn erkennen, erkennen wir auch uns selbst. Gotteserkenntnis und Selbsterkenntnis gehen Hand in Hand. Während wir unseren Weg über diese Erde gehen, lernen wir aus (manchmal bitterer) Erfahrung, was wir in uns selbst sind. Wir erkennen, wie arglistig und böse unser Herz ist, und dass in unserem Fleisch nichts Gutes wohnt (1. Mo 6,5; Jer 17,9; Röm 7,18). Wir erkennen, dass – wenn Gott uns in seiner Gnade nicht immer wieder bewahren würde – wir zu den schlimmsten Sünden fähig wären. Dabei erfahren wir aber auch die Langmut, Treue und Barmherzigkeit unseres Gottes, der uns in seiner Gnade immer wieder zurechtbringen möchte.

So wie Gott damals sein irdisches Volk Israel 40 Jahre durch die Wüste führte, um zu erkennen, was in ihrem Herzen war, so lässt Er auch uns auf dieser Erde, damit wir erkennen, was in unseren Herzen ist (5. Mo 8,2). Seine Absicht dabei ist nicht, uns mutlos zu machen, sondern uns dahin zu führen, alles von Ihm zu erwarten und täglich in der Kraft, die Er schenkt, voranzugehen.

In der Gnade wachsen

Als Gläubige stehen wir in der Gunst und Zuwendung Gottes. Doch Gott möchte, dass auch unser praktisches Vertrauen auf seine Gnade zunimmt und wir immer reichlicheren Gebrauch davon machen (2. Pet 3,18). In uns soll sich das Bewusstsein vertiefen, dass alles, was wir sind und haben, das Ergebnis seiner unerschöpflichen Gnade ist.

In seinem zweiten Brief an Timotheus fordert Paulus uns auf, stark zu sein in der Gnade, die in Christus Jesus ist (2. Tim 2,1). Wir haben es alle nötig, in der Gnade zu erstarken, indem wir in jeder Situation und in jeder Not unseres Lebens mit der Gnade des Herrn rechnen und Zuflucht zu ihr nehmen. Unser Herr möchte uns jeden Tag die Gnade schenken, die wir für das Tragen der Lasten und Mühen des Lebens benötigen. Seine Gnade genügt uns. Auch heute noch.

Frucht bringen

Der Vater wird verherrlicht, wenn wir viel Frucht bringen (Joh 15,8). Frucht ist die Widerspiegelung des Charakters Christi in den Gläubigen. Wenn etwas von den Schönheiten Christi in unserem Leben zu sehen ist, wird der Vater verherrlicht. Das Ziel seiner Erziehungswege mit uns ist, dass wir viel Frucht bringen. Aber nur wenn wir den Heiligen Geist wirken lassen, kann auch etwas von der neunfachen Frucht des Geistes in unserem Leben sichtbar werden (Gal 5,22).

Wenn wir einmal in der Herrlichkeit sind, wird zutreffen, was wir in 2. Thessalonicher 1,10 finden: An jenem Tag wird der Herr Jesus verherrlicht werden in seinen Heiligen und bewundert werden in allen denen, die geglaubt haben. Doch schon jetzt und heute soll es so sein: Der Herr Jesus möchte in den Seinen und durch sie verherrlicht werden. Haben wir eine Antwort auf seine Liebe, die Er am Kreuz von Golgatha unter Beweis gestellt hat?

Geistlich wachsen

Es ist die Absicht des Heiligen Geistes in unserem Leben, uns zur geistlichen Reife zu führen. Er möchte, dass wir zu „Erwachsenen“ werden, „die infolge der Gewöhnung geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten und des Bösen“ (Heb 5,14). Johannes stellt uns in seinem ersten Brief drei „Reifegrade“ der Gläubigen vor: Väter, Jünglinge und Kinder. Der Heilige Geist möchte bewirken, dass wir im Laufe unseres Lebens zu „Vätern“ heranreifen, die „den erkannt haben, der von Anfang an ist“ (1. Joh 2,13.14).

Aber der geistliche Reifeprozess wird bei uns nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn wir uns viel mit Christus beschäftigen und uns oft den wärmenden Sonnenstrahlen der Liebe Gottes aussetzen. Allein die Person des Herrn kann unser Herz erfüllen und uns die Weisheit und Einsicht geben, die wir für unseren Lebensweg benötigen. Wie steht es um den geistlichen Reifeprozess in deinem und meinem Leben?

Dem Herrn dienen

Solange wir auf der Erde sind, dürfen und sollen wir dem Herrn dienen. Unser ganzes Leben soll ein Gott wohlgefälliger Dienst sein (Röm 12,1). Das Bewusstsein davon, wem wir dienen, nämlich dem, der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat, wird uns in unserem Dienst immer wieder anspornen und motivieren. Gibt es eine höhere Aufgabe, als diesem guten Herrn zu dienen?

Der Herr hat jedem von uns eine Gnadengabe, das heißt eine geistliche Befähigung, geschenkt, mit deren Hilfe wir den Dienst ausüben sollen, den Er uns gegeben hat. Doch wie Timotheus damals stehen auch wir heute in Gefahr, die Gnadengabe, die Er uns geschenkt hat, zu vernachlässigen (1. Tim 4,14). Deshalb gilt das Wort, das Paulus an Archippus richtete, auch uns: „Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst“ (Kol 4,17).

Vom Herrn zeugen

Als der Heiland auf der Erde war, war Er der treue Zeuge (1. Tim 6,13). Er vertrat stets die Interessen seines Gottes und Vaters. Nun möchte Er, dass seine Jünger in dieser Welt von Ihm zeugen und den verlorenen Menschen das Evangelium der Gnade Gottes verkünden. „So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! (2. Kor 5,20).

Noch ist Gnadenzeit, noch ist der „Tag des Heils“, doch bald wird diese „wohlangenehme Zeit“ zu Ende sein, nämlich dann, wenn der Herr Jesus wiederkommen wird, um den Erdkreis in Gerechtigkeit zu richten (Apg 17,31). Sollte uns dieses Bewusstsein nicht anspornen, die gelegene Zeit auszukaufen? „Da wir nun den Schrecken des Herrn kennen, so überreden wir die Menschen“ (2. Kor 5,11).

Den Herrn erwarten

Dienen und Erwarten gleichen zwei Eckpfeilern im Leben des Christen. Die Thessalonicher waren gerade dadurch gekennzeichnet. Sie hatten sich von den Götzenbildern zu Gott bekehrt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten (1. Thes 1,9.10). Während sie Gott dienten, erwarteten sie das Kommen des Herrn.

Auch wir sollen Diener sein, die ihren Herrn erwarten. Wer die Ankunft einer bestimmten Person erwartet, bereitet sich (innerlich und äußerlich) darauf vor und ist durch eine ständige Erwartungshaltung gekennzeichnet. So jemand hält ununterbrochen Ausschau, um das Eintreffen der betreffenden Person auf keinen Fall zu verpassen. Auch wir sollen für das Kommen des Herrn bereit sein. „Glückselig jene Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend finden wird! Auch ihr, seid bereit!“ (Lk 12,36.37.40).

Zusammenfassung

Unser Herr hat uns nach unserer Bekehrung nicht sofort in den Himmel entrückt, sondern auf der Erde gelassen, damit wir ein Leben führen, das Ihn ehrt und verherrlicht. Solange Er uns noch hierlässt, sollen wir

  • in der Erkenntnis seiner Person zunehmen,
  • nichts von uns selbst erwarten,
  • in der Gnade wachsen,
  • Frucht bringen,
  • zur geistlichen Reife gelangen,
  • Ihm dienen,
  • Zeugnis ablegen und
  • Ihn täglich erwarten.

(Aus der Monatszeitschrift Im Glauben leben)