Wir haben zwei bedeutende Abschnitte im Alten Testament, die prophetisch von den Leiden Christi sprechen: Psalm 22,1–22 und Jesaja 52,13–53,12. Wenn man beide Stellen vergleicht, dann gibt es einen entscheidenden Unterschied: In Psalm 22 redet Christus (prophetisch) – und nur Er. In Jesaja 52 und 53 schweigt Christus – wir hören nicht ein einziges Wort von Ihm.

Wenn Christus in Psalm 22 über seine Leiden redet, dann beginnt Er mit den Worten: „Mein Gott“ – der Ausdruck unerschütterlichen Vertrauens, auch in den Stunden größter Not. Wenn Gott in Jesaja 52 und 53 über die Leiden des Christus spricht, dann beginnt Er mit den Worten: „Siehe, mein Knecht“ – der Ausdruck höchster Wertschätzung, besonders für das, was sich in den Leiden offenbarte.

Für Christus war es das Tiefste seiner Leiden, dass sein Gott, den Er liebte, dem Er zeitlebens vertraut und gedient und dessen Gemeinschaft Er genossen hatte, sich in den schwersten Stunden von Ihm abwandte. Für Gott war es das Höchste, dass sein Sohn „einsichtig handelte“, das heißt in voller Kenntnis und Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes die Leiden des Kreuzes auf sich nahm, bis alles vollbracht war.

So ehrte Christus seinen Gott in den Leiden und Gott ehrte seinen Christus aufgrund seiner Leiden. Gott gab dem Sohn des Menschen die Gelegenheit, seine Vollkommenheit in größter Erprobung zu offenbaren, und Christus gab Gott die Gelegenheit, völlig zu zeigen, wer Er ist. Deshalb sagte der Herr Jesus: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm“ (Joh 13,31).

Wo Gott so über seinen leidenden Sohn spricht, der in den größten Misshandlungen schwieg (Jes 53,7), und wo Christus so seinen Gott anredet, obwohl dieser trotz des Rufens Christi am Kreuz nicht antwortete (Ps 22,3), da gebührt auch uns ehrfürchtiges Schweigen und stilles Betrachten dieser göttlichen Herrlichkeiten, die sich in den Leiden Christi offenbaren.