Auch wenn der Herr Jesus nicht wünschen konnte, mit dem Schmutz unserer Sünde beladen zu werden und in der Finsternis der Gottesferne die Strafe auferlegt zu bekommen, die die Sünde nach dem gerechten Urteil eines heiligen Gottes verdiente – es war und blieb in Ihm eine Liebe, die tiefer, und ein Gehorsam, der stärker war. Und so hören wir Ihn, in seiner Seele zutiefst erschüttert, sagen: „Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen!“ (Joh 12,27.28). Damit werden wir Zeuge eines vollkommenen Motivs, das den Sohn Gottes alle unnennbaren Leiden und Qualen des Kreuzes erdulden ließ: Er wollte dem Vater die Gelegenheit geben, sein ganzes Wesen auf eine nie dagewesene Weise zu offenbaren.

Wie ist Gottes Heiligkeit offenbart worden! Selbst der Feuersee – der Ort, wo Gott nie mehr hinschaut (2. Thes 1,9; Mt 25,41; Ps 88,6) – kann das Ausmaß des heiligen Empfindens Gottes über die Sünde nicht in gleicher Weise zum Ausdruck bringen wie das Verlassensein des Sohnes Gottes, als Er zur Sünde gemacht war. Denn im Feuersee empfangen Sünder das, was sie verdienen. Aber am Kreuz hing Einer, der wegen seiner Sündlosigkeit und makellosen Reinheit ein Anrecht auf die immerwährende Gemeinschaft Gottes hatte – und den Gott doch verließ, weil Er zu rein ist von Augen, um Sünde zu sehen (Hab 1,13), und daher auch bei seinem Sohn keine Ausnahme machen konnte, als dieser zum Sündenträger wurde.

Wie ist Gottes Weisheit offenbart worden! An dem Ort größter Schwachheit, dort, wo die Bosheit des Menschen und die Gewalt der Finsternis scheinbar den Sieg davontrugen, hat Gott im Tod Christi die Grundlage dafür gelegt, dass Satan zunichtegemacht wird und seine Fürstentümer entwaffnet und vollständig besiegt werden. Durch das Kreuz, das den Juden ein Anstoß und den Nationen eine Torheit ist, hat Gott erreicht, wozu die größte Weisheit der Menschen nicht in der Lage ist.

Wie ist Gottes Treue offenbart worden! Was Gott sich vorgesetzt hat, führt Er aus. Und was in den Schriften vorhergesagt ist, das erfüllt Er. Christus war sich völlig bewusst, dass die ganze Verantwortung der Erfüllung aller Gedanken Gottes auf Ihm lag. „Wie sollten denn die Schriften erfüllt werden“, wie sollte das, „was Gott durch den Mund aller Propheten zuvor verkündigt hat“, Wirklichkeit werden (Mt 26,54; Apg 3,18)? Es gab nur einen Weg: durch die Leiden und den Tod Christi.

Wie ist Gottes Gerechtigkeit offenbart worden! Jetzt ist Gott nicht nur treu, sondern auch gerecht, wenn Er Sünden vergibt, obwohl seine Gerechtigkeit niemals über Sünden einfach hinwegsehen kann. Und nicht nur seine Gnade erweist sich in der Rechtfertigung solcher, die an Christus glauben, sondern auch seine Gerechtigkeit. Warum? Weil die gerechten Ansprüche Gottes hinsichtlich der Sünde völlig befriedigt sind. Wodurch? Durch das Opfer Christi Jesu, dessen Blut für Sünder vergossen wurde. Gott hat eben nicht über Sünde hinweggesehen, sondern die gerechte Strafe dafür über seinen Sohn gebracht.

Und nicht zuletzt: Wie ist Gottes Liebe offenbart worden! Weder die Rettung Noahs noch die Berufung Abrahams noch sein Handeln mit Hiob noch die Erlösung Israels noch die Herrschaft Davids und Salomos konnten Gottes Liebe so offenbaren. Gott hat „seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben“ (Röm 8,32). So sehr hat Er die Welt geliebt, dass Er bereit war, den Eingeborenen, seine Wonne, seinen Werkmeister, den Sohn seiner Liebe, zu senden. Als wir noch Sünder waren, starb Christus für uns. Wo in der ganzen Menschheitsgeschichte findest du eine solche Liebestat? „Größere Liebe hat niemand als diese“ (Joh 15,13).

Wer nur etwas geistliches Empfinden hat, der findet in den Worten „Vater, verherrliche deinen Namen!“, in dieser tiefen, unveränderlichen, ruhigen und selbstlosen Hingabe des Sohnes Gottes reichlich Anlass für ehrerbietige Freude, Dankbarkeit, Liebe und Anbetung. Der Vater antwortete jedenfalls mit höchster Wertschätzung darauf, als Er die Stille brach, in die sich der Himmel normalerweise hüllt, und mit einer Stimme, die die Volksmenge für Donner hielt, zu seinem Sohn auf der Erde sagte: „Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn auch wiederum verherrlichen“ (Joh 12,28).