Ein Opfer, das unter dem Gesetz dargebracht wurde, konnte das Gewissen des Anbeters nicht vollkommen machen. Stellen wir uns einen armen Israeliten vor, der sein Opfer bringt, seine Hände darauf legt und es schlachtet. Er sieht, wie der Priester das Blut nimmt, es vor den Altar sprengt und das Opfer verbrennt. Er sieht, wie der Geruch aufsteigt und wie der Priester sagt, dass seine Sünden vergeben sind. Aber dann sieht er eben am großen Versöhnungstag auch, wie diese Sünden zusammen mit all den anderen noch einmal erwähnt werden. Und daraus muss er zwangsläufig schließen, dass sie letztendlich eben nicht völlig vergeben waren. Mit anderen Worten: Sein Gewissen ist nicht vollkommen, er hat keine völlige Gewissheit seiner Annahme vor Gott bzw. der Vergebung seiner Sünden. Und so war es mit allen vorgeschriebenen Verordnungen.
Der Grund dafür liegt darin, dass es äußerliche Dinge waren, die allein in Speisen und Getränken und verschiedenen Waschungen bestanden. Ein Israelit musste sehr darauf achten, welche Art von Speisen er zu sich nahm. Das Gesetz schrieb ihm genau vor, was er zu essen oder zu trinken hatte. Alles musste rein sein, sonst war er verunreinigt. Aber all diese Dinge waren äußerlich, die Speisen, Getränke und die verschiedenen Waschungen. Es gab Waschungen beim Becken, das Sprengen des Blutes, um den Unreinen zu heiligen, auf dem ehernen Altar, manchmal auf den Hörnern des Räucheraltars und einmal im Jahr auf dem Sühndeckel. Das konnte das Gewissen nicht vollkommen machen oder wahren Frieden geben. Es waren weltliche oder fleischliche Verordnungen, die mit dem äußeren Menschen zu tun hatten und deren Beziehung zu Gott rein äußerlicher Natur war. Jemand konnte also ein sehr guter Israelit sein, konnte zeremoniell rein sein und doch im Hinblick auf den Frieden mit Gott, der Empfindung der Liebe Gottes und dem Zugang in seine heilige Gegenwart ein völlig Fremder sein. Es wird uns hier gesagt, dass diese Dinge als ein Joch auf sie gelegt worden waren, ein Joch, das in der Tat, wie Petrus es sagt, weder unsere Väter noch wir zu tragen vermochten (Apostelgeschichte 15,10), und zwar bis auf die Zeit der Zurechtbringung, das bedeutet die Zeit, in der alles auf eine richtige Grundlage, eine richtige Basis gestellt werden würde. Diese Dinge hatten lediglich einen zeitlich vorübergehenden Charakter, obwohl sie als Bilder für uns voller Bedeutung sind.
Diese zehn Verse geben uns den Schatten von den zukünftigen Gütern in dem Gesetz, dem Heiligtum und dem Dienst. Das Heiligtum an sich war ein weltliches, wie auch der Dienst. Es war eine Routine weltlicher Verordnungen. Das Gewissen blieb belastet und die Seele blieb in einem Abstand zu Gott. Nun kommen wir, Gott sei Dank dafür, zu dem, was einen völligen Gegensatz dazu bildet.
Hebräer 9,11.12: Christus aber, gekommen als Hoherpriester der zukünftigen Güter,[1] in Verbindung mit der größeren[2] und vollkommneren Hütte, die nicht mit Händen gemacht (das heißt nicht von dieser Schöpfung ist), auch nicht mit[3] Blut von Böcken und Kälbern, sondern mit[3] seinem eigenen Blute, ist ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen, als er eine ewige Erlösung erfunden hatte.
In diesen beiden Versen haben wir den gesegneten Gegensatz von dem, was Christus ist und getan hat. Er ist Hoherpriester, im Gegensatz zu der ganzen aaronitischen Linie, nicht des Judentums oder weltlichen Verordnungen, sondern von zukünftigen Gütern. Wir müssen bedenken, dass wir diese Dinge von dem jüdischen Standpunkt aus betrachten: Für einen Juden zur Zeit des Gesetzes waren die zukünftigen Güter noch nicht gekommen. Sie mussten noch kommen und sie waren so lange noch nicht geoffenbart, bis das Werk Christi den Weg in die Gegenwart Gottes öffnete, in die Schatzkammer, von der aus all die Reichtümer seiner Gnade über uns ausgegossen werden. Die zukünftigen Güter sind also die Güter des Christentums, der „volle Wuchs“ aus Hebräer 6,1, von denen Christus der Diener ist. Es sind die Dinge, die wir jetzt durch (den) Glauben genießen.
Aber das erschöpft die Bedeutung dieses Ausdrucks nicht. Diese Dinge sind darüber hinaus zukünftig. Wir sprechen von unserer Gegenwart im Heiligtum bezüglich unserer Nähe und unserem Zugang zu Gott. Aber momentan, was den Körper angeht, sind wir in der Wüste, ein Gegenstand der Versuchungen und der Wechsel eines beschwerlichen Weges. Wir selbst nehmen an dem Seufzen der Schöpfung teil. Was die volle Offenbarung angeht, stehen die zukünftigen Dinge also noch aus. Sie sind durch Christus zu uns gebracht worden und der Heilige Geist hat sie für den Glauben Wirklichkeit werden lassen. Aber unser Teil, unsere zukünftigen Güter stehen noch aus. Wir kennen es, was es heißt, dass unsere Sünden vergeben sind und dass wir Frieden mit Gott haben, aber es gibt dennoch zukünftige Güter, die uns noch erwarten. Wir kennen die Gnade Christi, haben sie in manchen Umständen erfahren. Er war bei uns in der Stunde der Trauer, in Versuchungen, in Enttäuschungen; in allem, was uns Mühe macht ist Christus ausreichend gewesen, und sein hohepriesterliches Mitempfinden und sein Beistand war alles, was wir brauchten.
Was wird uns die Zukunft noch alles bringen! Das Jahr, in das wir bald hineingehen, wenn der Herr noch nicht kommt, ist für uns voller Dinge, die wir nicht wissen. Wir wissen nicht, was der nächste Tag bringt. Aber wir wissen sehr wohl, dass auf uns diese zukünftigen Güter warten. Die zukünftigen Güter werden für den Rest unseres Lebens ausreichen. Wenn du dir deine Zukunft bis zum Ende deines Lebens anschaust bis zu dem Zeitpunkt, an dem du in seine Gegenwart aufgenommen wirst, was entdeckst du dann? Einzig und alleine diese „good things to come“. Und wenn wir dann, geliebte Brüder, unsere Blicke aufwärtsrichten zu der Herrlichkeit, die dort ist, wo er ist, die kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz gekommen ist, dann sind das genau die Dinge, die für uns jetzt noch zukünftig sind und die Christus uns geben wird. Und wenn dann die Zyklen der Ewigkeit ablaufen, werden wir nie, niemals diese Fülle der Segnungen erschöpfen, die das Herz Gottes und die Liebe Christi für uns bereitgestellt hat. Und du kannst über die Pforten des Himmels selbst die Worte schreiben: „GOOD THINGS TO COME“ (nach dem engl. Original). Immerfort frisch – ohne Ermüdungserscheinungen, ohne Traurigkeit –, es wird eine immerwährende Freude sein, voller neuer Überraschungen, wenn wir dann mit dem Herrn alles das teilen werden, was er für uns erworben hat.
[Übersetzt von Stephan Keune]
Fußnoten: