Falscher Eifer. Eifer ohne Aufrichtigkeit nützt gar nichts, nein, keiner wird mit größerer Schande zur Hölle fahren als der falschherzige Eiferer, der in seinem feurigen Wagen den Himmel erklimmen will. Verschließe dich nicht der Untersuchung; andernfalls wird keine Untersuchung mehr nötig sein, um deinen ungesunden Zustand zu beweisen. Wenn Gottes Gesandten der Eingang verwehrt wird, stimmt es im Inneren nicht. Wenn dein Herz aufrichtig ist, erfreut es sich der Privatsphäre. Ein falsches Herz ruft andere herbei, um seinen Eifer vor Gott zu bezeugen. Es ist ein Trick des Heuchlers, sich in allergrößter Dienstbeflissenheit zu verzehren, wenn er Zuschauer hat, aber gleichgültig zu sein, sobald er allein ist.

Ein falsches Herz mag inbrünstig erscheinen, wenn es gegen eine Sünde betet, und kann dabei eine andere überspringen. Ein Heuchler wird wohlwollend gegenüber der einen und brutal gegenüber der anderen Sünde sein, während der wahre Christ jede Sünde verabscheut: „Befestige meine Schritte in deinem Worte, und lass kein Unrecht mich beherrschen“ (Ps 119,133).

Der Heuchler erscheint heiß im Gebet, aber kalt bei der Arbeit. Er betet heftig gegen seine  Sünden, als ob er wünschte, dass sie alle auf der Stelle geschlachtet würden, aber tut er auch nur ansatzweise das Werk des Tötens? Entzieht er den Brennstoff, der sie nährt?

Religiöse Heuchelei entspringt der bitteren Frucht ungerichteter fleischlicher Vorlieben. Solange deine Beute unten liegt, wird dein Auge auf die Erde gerichtet sein, wenn du dich wie der Adler scheinbar in deinen Gebeten zum Himmel emporschwingst. Der Heuchler führt Gott im Mund, aber die Welt im Herzen, die er durch einen guten Ruf zu gewinnen hofft. „Niemand kann sagen: Herr Jesus! als nur im Heiligen Geiste“ (1. Kor 12,3). Ein Mensch mag diese Worte ohne ein besonderes Werk des Geistes sagen, aber das kann auch der Papagei. Aber im Glauben zu sagen, dass Christus Herr ist, mit Gedanken und Empfindungen, die mit der Größe und Schönheit dieser Tatsache im Einklang sind, das erfordert den Geist Gottes im Herzen.

[Aus „Extracts from the Writings of William Gurnall, selected from Hamilton Smith“. Übersetzung von: Marco Leßmann]