Im Römerbrief
Es war nicht die Aufgabe des Apostels Paulus, über die Gabe des ewigen Lebens an den Gläubigen zu schreiben. In diesem Brief werden die Gerechtigkeit und die Ratschlüsse Gottes voll entfaltet, deren Grundlage das Werk Christi ist, denen Seine Auferstehung und Himmelfahrt himmlischen Charakter geben und die schließlich durch Sein Kommen gekrönt werden. Daher spricht er von dem ewigen Leben am Ende (Röm 2,7; 5,21; 6,22).
Er spricht jedoch nicht nur von dem Herrschen im Leben, sondern auch von der Rechtfertigung des Lebens (Röm 5,17–18), ein bemerkenswerter Ausdruck und eine herrliches Vorrecht, das der Christ schon heute genießen darf. Es ist nicht nur „ewiges“ Leben, sondern Leben in Auferstehung und in Kraft. Rechtfertigung durch sein Blut regelt die Frage unserer Sünden, Rechtfertigung durch sein Auferstehungsleben geht weiter und regelt die Frage der Sünde (der Sünde im Fleisch, nicht des von uns verübten Bösen, sondern unsers bösen Ichs) in Ihm, dem Gestorbenen und Auferstandenen. Daher werden wir in Kapitel 6,4 aufgefordert, „in Neuheit des Lebens zu wandeln“. Das bezieht sich ganz sicher nicht auf unseren Wandel mit Christus, wenn wir in der Herrlichkeit sind, sondern auf unseren Wandel hier auf der Erde. Doch das setzt voraus, dass das Leben Christi schon jetzt genauso unser ist wie einst, wenn alles vollkommen ist. Es ist nichts anderes als ewiges Leben. Und wie Christus auferstanden ist und Gott lebt, sollen auch wir uns selbst der Sünde für tot halten, Gott aber lebend in Christus Jesus.
Einen solchen Wert haben Sein Tod und Seine Auferstehung, dass Römer 7 sagen kann, dass, wenn wir Hebräer von Hebräern wären, wir „dem Gesetz getötet worden sind durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, des aus den Toten Auferweckten, damit wir Gott Frucht brächten“ – ein Ergebnis, das ohne Leben, ohne ewiges Leben nicht möglich wäre.
Ebenso sagt Römer 8,2, dass das Gesetz (nicht Moses, sondern) „des Geistes des Lebens in Christus“ (vgl. Joh 20,22) mich freigemacht hat von dem Gesetz der Sünde und des Todes. Es ist Sein uns verliehenes Auferstehungsleben, die Form, in der Er jetzt jedem Christen ewiges Leben gibt. Das Mitwirken des Heiligen Geistes in diesem Leben wird deutlich betont, und dabei wird das, was jetzt ist, deutlich unterschieden von der Vollendung Seines Werkes, wenn der Leib auferweckt wird (Röm 8,10.11).
Im ersten Korintherbrief
In 1. Korinther 9 und 10 wird zu unserer Ermahnung über die Gefahr der Kraft ohne Leben geschrieben. Das Thema durchzieht sogar den ganzen Brief. Im zweiten Brief wird es noch klarer (2. Kor 2,16; 3,6). Und dann werden wir in 2. Korinther 4,10.11 aufgefordert, „allezeit das Sterben Jesu am Leib umherzutragen, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werde. Denn wir, die wir leben, werden allezeit dem Tod überliefert um Jesu willen, damit auch das Leben Jesu unserem sterblichen Fleisch offenbar werde.“ Kann es noch deutlicher ausgedrückt werden, dass der Gläubige jetzt schon Sein Leben, ewiges Leben, hat, wenn auch unser Leib noch sterblich ist und auf die Auferweckung (nicht nur „durch“, sondern) „mit“ Jesus wartet (Vers 14)? Dieser Triumph ist dem Tod überlegen („das Sterbliche wird verschlungen von dem Leben“; Kap. 5,4). Und welches Leben ist in 2. Korinther 5,15 gemeint in denen, „die leben“, im Gegensatz dazu, dass „alle gestorben sind“? Ist das nicht ewiges Leben und Leben im Überfluss? Und ist es nicht hier und jetzt? „Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung.“ Was könnte noch deutlicher sein? Da muss man schon abgehärtet sein, um zu leugnen, dass sich das auf die gegenwärtige Zeit bezieht, nur weil die vollkommene Erfüllung erst beim Kommen Christi sein wird; oder zu leugnen, dass wir „diesen Schatz haben“ (Kap. 4,7), nur weil er „in irdenen Gefäßen“ ist.
Im Galaterbrief
Der Galaterbrief spricht auch keine andere Sprache. In welcher Weise wurde Gottes Sohn in Saulus von Tarsus offenbart, als er berufen wurde (1,16), wenn nicht als Leben – Christus unser Leben? Ebenso sagt der Apostel in Kapitel 2,20: „Und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleisch, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“ Kann irgendein Christ bezweifeln, dass dieses Leben ewiges Leben war? In Kapitel 5,25 heißt es: „Wenn wir durch den Geist leben, so lasst uns auch durch den Geist wandeln.“ Kann irgendjemand so kühn sein, dies von Christus zu trennen oder zu leugnen, dass es ewiges Leben heute ist?
Im Epheserbrief
Im Epheserbrief werden wir als solche gesehen, die mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus gesegnet sind. Haben wir nun keine neue Natur, heilig und tadellos in Liebe entsprechend dem Ratschluss Gottes (1,4–5)? Ist die zuvorbestimmte Sohnschaft oder Adoption ausschließlich zukünftig? Kann eins von beiden ohne ewiges Leben bestehen? Kapitel 2 weist solche Gedanken deutlich zurück und verkündet, dass Gott, der reich ist an Barmherzigkeit wegen Seiner vielen Liebe zu uns, uns, die wir tot in unseren Vergehungen und Sünden waren, lebendig gemacht hat – mit dem Christus – und uns mitauferweckt hat und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus (2,6). Wovon kann dieses Leben noch übertroffen werden? Es ist ein eindeutig gegenwärtiges Vorrecht, das weder von den alttestamentlich Gläubigen noch von den Gläubigen des Tausendjährigen Reiches gesagt werden kann. Es ist ewiges Leben, aber noch viel mehr. Es ist die paulinische Wahrheit, die ihm durch die Inspiration des Geistes Christi gegeben wurde, nicht nur über das Lebendigmachen, wovon schon Johannes als eine völlig zur gegenwärtigen Zeit gehörende Tatsache spricht, sondern über Christus, auferstanden aus den Toten und über den Gläubigen, der bereits lebendig gemacht und mit Ihm auferweckt ist und in Ihm versetzt ist und – wie wir aus anderen Stellen wissen – darauf wartet, mit Ihm zu sitzen, wenn er verwandelt wird bei Seinem Kommen.
„Ein neuer Mensch“ (2,15) setzt Leben und eine vorzügliche Stellung schon heute voraus. Das Gleiche gilt für das Wohnen Christi durch den Glauben in unseren Herzen und für geistliche Einsicht und für das Erkennen Seiner Liebe, die doch die Erkenntnis übersteigt (Kap. 3). Das Gleiche gilt für die Aufforderung, würdig dieser wunderbaren Berufung Gottes zu wandeln (Kap. 4), nicht nur einzeln, sondern auch gemeinsam, indem wir den neuen Menschen angezogen und den alten ausgezogen haben. Das Gleiche gilt auch in Kapitel 5, wenn wir als geliebte Kinder Nachahmer Gottes sein sollen und in Liebe wandeln sollen, wie auch Christus uns geliebt hat, und als Kinder des Lichts und nicht als Unweise, sondern als Weise, indem wir verständig sind, was der Wille des Herrn sei – bei allem ist Leben die Voraussetzung.
Im Philipperbrief
Den Philippern schreibt Paulus über die christliche Praxis. „Das Leben ist für mich Christus und das Sterben Gewinn“ (Phil 1,21). Wie soll das Leben für uns Christus sein, ohne Christus als unser Leben – und dies unbestritten als ewiges Leben – zu haben? Wie der Glaube an Ihn das Mittel war, so konnte ihr Erfülltsein mit der Frucht der Gerechtigkeit (Vers 11) und ihr Leiden für Ihn (Vers 29) nicht ohne die bestehende Realität sein. Christus aus Neid und Streit zu predigen, mochte leicht ohne Leben geschehen, aber nicht das Wort als tadellose und lautere Kinder Gottes darzustellen oder in Selbstverleugnung Christus zu verherrlichen oder zu lernen, worin wir sind, uns zu begnügen.
Im Kolosserbrief
Im Kolosserbrief ist liegt das Leben in Christus überall unter der Oberfläche. Paulus hörte nicht auf zu beten, dass wir würdig des Herrn wandeln zu allem Wohlgefallen, Frucht tragend und wachsend; ganz sicher nicht ohne Leben. Daher auch die Danksagung an den Vater, der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil der Heiligen in dem Licht (Kap. 1). Doch in Kapitel 2 wird es noch deutlicher. Wie sollten sie in Christus, den sie bereits empfangen hatten, wandeln ohne das Leben in Christus? Als wir in den Vergehungen und der Vorhaut unseres Fleisches tot waren, hat Gott uns mit dem Christus lebendig gemacht, indem Er uns alle unsere Vergehungen vergeben hat, und hat uns mitauferweckt. Das bedeutet nicht nur ewiges Leben, sondern Sein Leben zu haben, in der höchsten Form und der engsten Verbindung mit Ihm. So heißt es auch in Kapitel 3, dass sie als mit Christus Auferweckte suchen sollten, was droben ist, und nicht auf das sinnen sollten, was auf der Erde ist. „Denn ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit.“ Aber Er ist jetzt schon genauso unser Leben, wenn auch nicht so völlig wie dann.
In den übrigen paulinischen Briefen
Es ist unnötig, ähnliche Beweise in den Thessalonicherbriefen, im Hebräerbrief und in denen an Timotheus, Titus und Philemon zu suchen. Überall wird vorausgesetzt, dass alle es besitzen, außer leere Bekenner. Wir wollen jedoch nicht die Aufforderung in 1. Timotheus 6,12 überstrapazieren: „Ergreife das ewige Leben“, oder in Vers 19: „das wirkliche Leben“, im Gegensatz zu den Dingen, die für das Fleisch so verlockend sind. Hier ist das herrliche Ende im Blick. Aber solche, die Christus nicht als ihr Leben haben, werden im Gutestun müde werden, wenn sie nicht offen zurückfallen, sie sind tot, während sie leben. Doch 2. Timotheus 1,1 scheint die Darstellungsweise Johannes zu berühren in Bezug auf das Leben in Christus, das jetzt durch das Evangelium ans Licht gebracht worden ist. Und beim Vergleich von Titus 1,2 und Titus 3,7 sehen wir den Unterschied zwischen der christlichen und der jüdischen Hoffnung.
[Übersetzt aus dem Buch „F.E.R. Heterodox on Life Eternal“ von William Kelly, dieses Buch kann für nur 1,00 € beim CSV bezogen werden, www.csv-verlag.de]