„Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der gegen mich sündigt, vergeben?“ (Mt 18,21). Mit dieser Frage tritt Petrus an den Herrn Jesus. Gerade noch hatte der Herr Anweisungen gegeben, wie man sich verhalten solle, wenn sich ein Gläubiger gegen einen anderen Gläubigen versündigt (Mt 18,15–17). Sünde zwischen Gläubigen soll nicht „unter den Teppich“ gekehrt, sondern geklärt werden!

Aber wie, und das ist Petrus' Frage, soll man sich verhalten, wenn ein Bruder oder eine Schwester immer wieder gegen mich sündigt. Wie oft soll ich da vergeben? Stellen wir uns selbst einmal die Frage. Wie weit würden wir gehen? Wie oft würden wir vergeben? Wann wäre der Punkt gekommen, wo wir sagen würden: Jetzt ist Schluss! Jetzt hast du dich so oft gegen mich versündigt, jetzt werde ich dir nicht mehr vergeben! Wir oft haben wir uns in der Vergangenheit, sicherlich ohne es so auszusprechen, so verhalten?

Petrus ist bereit „bis siebenmal“ zu vergeben. Das ist mehr als das Doppelte dessen, was man gängiger Weise damals zu vergeben bereit war. Doch die Antwort des Herrn ist eindeutig: „Nicht bist siebenmal, sage ich dir, sondern bis siebzig mal sieben“ (V.22). Damit setzt der Herr das Maß der Vergebung nicht einfach hoch, sondern macht deutlich, dass wir zu grenzenloser Vergebung bereit sein sollen.

Wir müssen hier eine wichtige Bedingung beachten. Wenn wir auch in der ständigen Bereitschaft sein sollen, unserem Bruder, unserer Schwester ständig zu vergeben, so ist es dennoch unerlässlich, dass der, der sich gegen uns versündigt hat, Buße tut und mit einem Bekenntnis zu uns kommt. Nur dann kann tatsächlich vergeben werden. Der Herr macht das in Lukas 17,3.4 deutlich: „Habt Acht auf euch selbst: Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergib ihm. Und wenn er siebenmal am Tag gegen dich sündigt und siebenmal zu dir umkehrt und spricht: Ich bereue es, so sollst du ihm vergeben.“

Sünde zwischen Gläubigen soll niemals „unter den Teppich gekehrt“, sondern erkannt – wenn nötig durch Überführung (Mt 18,15) – bekannt und dann auch vergeben werden. Nur so kann sie völlig geregelt und „aus der Welt geschaffen“ werden. Geschieht dies nicht, kommt es nicht nur nicht zur Vergebung, sondern eine Wurzel der Bitterkeit kann entstehen. Oft ist es auch so, dass durch ungeklärte Zwischenfälle ein Pulverfass entsteht, dass nur durch einen kleinen neuen Zwischenfall zur Explosion gebracht wird und ein großer Schaden entsteht. Wenn wir Dinge schwelen lassen, kann sich wohl kaum Harmonie und völlige Gemeinschaft einstellen.

Damit eine Sache wirklich geklärt werden kann, gibt es also eine zweifache Verantwortung: Zum einen auf der Seite dessen, der sich gegen einen Mitgläubigen versündigt hat. Die Verantwortung besteht hier darin, dass Buße getan und ein Bekenntnis ausgesprochen wird. Zum anderen auf der Seite dessen, gegen den sich versündigt wurde: Er soll zu grenzenloser Vergebung bereit sein.

Auch in Bezug auf Gott gilt, dass Vergebung auf ein Bekenntnis hin geschieht: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh 1,9).