Sowohl im Epheser- als auch im Kolosserbrief wird bei der Erwähnung der Familienverhältnisse zuerst von dem Verhältnis der Frau zum Mann gesprochen, wie überhaupt alle diese Ermahnungen immer bei denen beginnen, die Unterwürfigkeit schuldig sind. Jemand hat einmal gesagt: „Unterwürfigkeit ist das Wesen des Christentums in dieser bösen Welt, wo der Eigenwille des Menschen die Quelle allen Übels ist, und uns seine Entfernung von Gott zeigt, dem er alle Unterwürfigkeit schuldet. Dem gegenüber steht der heilsame Grundsatz der Unterwürfigkeit und des Gehorsams als helle Leuchte für die Menschen da. Nur muss alles in Beziehung zu Gott gebracht werden, damit nicht nach allem der bloße menschliche Wille uns wieder bestimmt. Immer und überall aber, wo es sich um das wirklich Gute handelt, ist es der Grundsatz des Gehorsams, der das Herz des Menschen regiert. Man mag in die Situation kommen, Gott mehr gehorchen zu müssen als den Menschen, aber vom Gehorsam überhaupt abzuweichen, heißt zu sündigen. Ein Mann hat beispielsweise als Vater die Pflicht, zu regieren und zu leiten, aber er wird seine Aufgabe schlecht erfüllen, wenn es nicht in Gehorsam gegenüber Gott du seinem Wort geschieht. Dies war das innerste Wesen des Lebens Christi: „Siehe, ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun!“. Demnach schickt der Apostel seinen sich auf die verschiedenen Familienverhältnisse beziehenden Ermahnungen das Wort voraus: „Einander unterwürfig in der Furcht Christi“ (Eph 5,21). Es ist daher ganz nach der göttlichen Ordnung, dass überall die untergeordnete Stellung zuerst erwähnt wird, weshalb also auch die Frauen vor den Männern ermahnt werden.

„Ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter, als dem Herrn. Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Versammlung ist; er ist des Leibes Heiland. Aber wie die Versammlung dem Christus unterworfen ist, so auch die Frauen den Männern in allem“ (Eph 5,22–24). Die untergeordnete Stellung der Frau ist aus dieser Stelle direkt ersichtlich und die Pflicht des Gehorsams, die ihr auferlegt ist, wird als die natürliche Folge ihres Verhältnisses zu ihrem Mann betrachtet. Mit anderen Worten, der Gehorsam gegen ihn bleibt durchaus nicht der Wahl der Frau überlassen, sondern gehört unbedingt zu dem Platz, den sie einnimmt. Es ist diese Tatsache, die der Geist Gottes hier besonders hervorhebt.

1.       Die Richtschnur der Frau ist also der Wille ihres Mannes, oder vielmehr, ihr Platz ist der der Unterordnung unter seine Autorität. Die einzige Beschränkung dieses Grundsatzes scheint in Kolosser 3,18 angedeutet zu sein, wo wir lesen: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, wie es sich geziemt im Herrn“. Wenn also der Wille des Mannes die persönliche Verantwortlichkeit der Frau gegenüber dem Herrn antastet, wenn er dem in seinem Wort ausgedrückten Willen Gottes zuwiderlaufen würde, sodass der Gehorsam gegen ihren Mann Ungehorsam gegen Gott wäre – dann muss der Herr zuerst berücksichtigt werden. Mit dieser einzigen Ausnahme aber soll ihre Unterwerfung eine vollständige sein. „Wie die Versammlung dem Christus unterworfen ist, so auch die Frauen den Männern in allem“. Es gibt also keine erlaubte Ausnahme außer der eben erwähnten.

Der Grund dafür liegt in dem Verhältnis, in dem sie sich befindet: „Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Versammlung ist“. Der Vergleich, der hier zwischen der Vereinigung des Mannes mit der Frau und der Vereinigung Christi mit der Versammlung gemacht wird, wobei das eine als ein Bild des anderen dient, führt folgerichtig auch zu einem Vergleich der Stellung der Frau einerseits mit derjenigen der Versammlung andererseits. Und wenn wir einen Blick auf das werfen, was man die erste Einsetzung der Ehe nennen kann, werden wir sehen, wie merkwürdig und deutlich sich das Geheimnis der Versammlung darin widerspiegelt. „Und Gott der HERR ließ einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, und er entschlief. Und er nahm eine von seinen Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch; und Gott der HERR baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau, und er brachte sie zu dem Menschen. Und der Mensch sprach: Diese ist nun Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch; diese soll Männin heißen, denn vom Mann ist diese genommen. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein“ (1. Mo 2,22–24). Wer geht daran vorbei zu erkennen, dass bei diesem allen Christus, der zweite Adam und die Versammlung in den Gedanken des Geistes Gottes waren. Wie deutlich spricht es zu uns von jenem tiefen Schlaf, dem Tod Christi und der Bildung der Versammlung gewissermaßen aus seiner geöffneten Seite heraus. Ja, es reicht selbst bis zu der Zeit von Epheser 5,27, wenn die Versammlung ihrem Haupt zugeführt werden wird und wenn er in seiner gnadenvollen und vollkommenen Liebe für die Braut, die für ihn „gebaut“ worden ist, sie als „Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch“ anerkennen wird (1. Mo 2,23; Eph 5,30).

Die Frau nimmt also dem Mann gegenüber denselben Platz ein, wie die Versammlung Christus gegenüber und deshalb kennzeichnet ihre Stellung, wie schon gesagt, Unterordnung. Es ist auch nicht überflüssig, wenn wir daran erinnern, dass diese Verpflichtung durchaus nicht von dem Charakter des Mannes abhängig ist, so schwierig der Frau dadurch auch deren Erfüllung gemacht werden kann. Eine gläubige Frau z.B., die sich nach ihrer Heirat bekehrt hat, mag von einem gottlosen Mann vieles zu leiden haben, ja er mag ihr das Leben so schwer machen, wie sein böses Herz dazu imstande ist. Aber weder das, noch irgendetwas anderes, verändert ihre Stellung im geringsten und je schwieriger es ihr der Mann macht, indem er es sogar ganz an Liebe fehlen lässt, oder einen Charakter zeigt, den sie nicht achten könnte, umso sorgsamer muss sie, in Treue dem Herrn gegenüber, dieselbe einzuhalten versuchen. Gerade wie unsere Pflichten gegenüber Königen und Obrigkeiten in keinem Bezug zu ihrem persönlichen Charakter stehen, werden auch die Pflichten einer Frau gegenüber ihrem Mann durch seinen Charakter nie verändert.

So verstanden müssen sie allerdings nicht wenigen wie eine „harte Rede“ erscheinen, die schwer anzunehmen ist. Aber beachten wir, wie Gott uns in seinem Wort darin zur Hilfe kommt. „Ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter, als dem Herrn“. Er selbst möchte vor ihren Augen sein, und wir alle wissen, dass Dinge, die uns in sich selbst lästig, ja unerträglich sind, uns durch den Gedanken möglich und leicht werden, dass wir sie dem Herrn tun können. Und so wird auch in diesem Fall der Gehorsam selbst auf unverständige Befehle der Frau möglich werden, wenn sie stets den Herrn vor Augen hat und ihn sozusagen hinter ihrem Mann sieht. Denn dann kann sie die Dinge von ihm annehmen.

„Wenn aber ein Mann etwas direkt Sündiges anordnen würde, so sagt mir die gleiche Stelle sofort, dass ich dann nicht gebunden bin. Denn „als dem Herrn“ habe ich mich meinem Mann unterzuordnen, und der Herr kann etwas Sündiges nie anerkennen. Er mag es für gut befinden, mich zu prüfen und zu üben auf eine Weise, die ich nicht verstehe, und von der ich nicht verstehen kann, dass sie notwendig und gut für mich sei. Der Glaube findet jedoch immer Kraft und Leitung im Vertrauen auf die Weisheit des Herrn. Doch ist in Bezug auf diese Dinge stets die größte Wachsamkeit notwendig, und man soll wohl prüfen und genau zusehen, aus welchem Grund man vom Gehorsam irgendwie abweicht. Unterordnung ist der Natur gar nicht angenehm und die Gefahr, das Wort Gottes als Rechtfertigung einer eigenwilligen Handlung anzuführen, sollte in dieser Beziehung jeden zu sorgfältigster Wachsamkeit sich selbst gegenüber antreiben.“ [1]

[Übersetzt von Stephan Keune]

Fußnoten:

  1. Aus Vorträgen von W. Kelly über den Epheserbrief