Die Entschiedenheit Abrahams
„Am dritten Tag, da erhob Abraham seine Augen und sah den Ort von fern.“ (1. Mo 22,4)
Nachdem Abraham alle notwendigen Vorbereitungen getroffen hatte, machte er sich auf den Weg. Die Reise zu dem Ort, den Gott ihm gesagt hatte, war nicht kurz. Drei Tage war Abraham unterwegs. Er hätte genug Zeit und Gelegenheit gehabt, seine Meinung zu ändern und umzukehren (vgl. Heb 11,15). Doch er blieb standhaft. Sein Glaubensauge war auf Gott gerichtet. Nichts konnte ihn davon abbringen, den Willen Gottes auszuführen.
So wie Abraham sich bewusst war, was ihn am Ende der Reise erwartete, so war Gott sich von Ewigkeit her des hohen Preises bewusst, den Ihn das Opfer seines Sohnes kosten würde, als Er den Ratschluss dazu fasste (vgl. Apg 2,23; 1. Pet 1,20). Er allein wusste, was es für sein Vaterherz bedeuten würde, seinen Sohn hinzugeben. Und doch hat Er Ihn nicht verschont, sondern am Kreuz für uns alle hingegeben. Verstehen können wir das nicht, aber wir wollen Ihn immer wieder dafür preisen und anbeten!
Der dritte Tag
Der Herr Jesus ist nach seinem Kreuzestod am dritten Tag auferstanden. In der Schrift weist der dritte Tag häufig auf die Auferstehung hin (zum Beispiel Mt 20,19; Lk 18,33; 24,7.46; Apg 10,40; 1. Kor 15,4). Am dritten Tag sah Abraham den Ort, von dem Gott zu ihm gesprochen hatte, aus der Ferne. Es war der Ort, an dem er seinen Sohn opfern würde. Doch Gott griff auf wunderbare Weise ein, so dass dieser Ort für Abraham nicht ein Ort des Todes, sondern vielmehr ein Ort der Auferstehung wurde. Denn dort empfing er seinen Sohn im Gleichnis wieder aus den Toten (Heb 11,19). Wann immer er später an diesen Ort zurückdachte, verband er damit den Gedanken an die Auferstehung seines Sohnes.
Niemand konnte folgen
„Und Abraham sprach zu seinen Knaben: Bleibt ihr hier mit dem Esel.“ (1. Mo 22,5)
Nachdem Abraham den Ort aus der Ferne gesehen hatte, ließ er seine Knaben mit dem Esel zurück und ging mit Isaak allein weiter. Er wollte allein sein – allein mit Isaak, aber auch allein mit Gott. Wie hätten die Knaben auch verstehen können, was er zu tun im Begriff stand! Sie vermochten nicht einzudringen in das, was ihn bewegte.
Wie reden diese Verse doch so deutlich von unserem Herrn. Musste Er nicht ähnliche Erfahrungen machen (vgl. Joh 16,12)? Hatte Er nicht ähnliche, wenn auch viel tiefer gehende Empfindungen? Musste nicht auch Er zu Petrus sagen: „Wohin ich gehe, dahin kannst du mir jetzt nicht folgen“ (Joh 13,36)? Musste Er nicht seine Jünger fragen: „Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, und mit der Taufe getauft werden, mit der ich getauft werde?“ (Mk 10,38)? Er wusste, dass niemand in der Lage sein würde, Ihm auf dem schweren Weg zu folgen. In Matthäus 26,56 lesen wir: „Da verließen ihn die Jünger alle und flohen.“ Alle ohne Ausnahme nahmen sie Anstoß an Ihm (Mt 26,31). Niemand konnte unserem Herrn auf seinem schweren Weg nach Golgatha folgen. Diesen Weg musste Er ganz allein gehen – allein mit seinem Gott. Dabei vertraute Er in allem auf seinen Gott. Der Prophet Jesaja spricht prophetisch von diesem unerschütterlichen Vertrauen des Herrn, wenn er schreibt: „Aber der Herr, Herr, hilft mir; darum bin ich nicht zuschanden geworden, darum machte ich mein Angesicht wie einen Kieselstein und wusste, dass ich nicht würde beschämt werden“ (Jes 50,7). Unser Herr hat ausgeharrt, bis Er ausrufen konnte: „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30).
Der große Glaube Abrahams
„Ich aber und der Knabe wollen bis dorthin gehen und anbeten und dann zu euch zurückkehren.“ (1. Mo 22,5)
In diesem Vers strahlt – wenn auch auf den ersten Blick verborgen – der große Glaube Abrahams deutlich hervor. Im hebräischen Grundtext beziehen sich die drei Verben (Tätigkeitswörter) „gehen“, „anbeten“ und „zurückkehren“ alle auf das Subjekt (Satzgegenstand) „wir“ und stehen im Plural (Mehrzahl). Wörtlich könnte man vielleicht übersetzen: „Ich aber und der Knabe wollen bis dorthin gehen und anbeten und dann wollen wir zu euch zurückkehren.“ Er und der Knabe wollten zusammen dorthin gehen, zusammen anbeten und dann zusammen zurückkehren.
Abraham rechnete fest damit, dass er zusammen mit Isaak wieder zurückkehren würde. „Er urteilte, dass Gott auch aus den Toten aufzuerwecken vermag“ (Heb 11,19). Obwohl es eine Auferstehung aus den Toten zuvor noch nie gegeben hatte, rechnete Abraham fest mit der Auferweckungskraft Gottes. Gott würde in der Lage sein, seinen Sohn wieder aufzuerwecken. Sein Glaube stützte sich voll und ganz auf die Allmacht und Größe Gottes. Wie herausragend war doch der Glaube Abrahams!
Abraham wollte anbeten
Noch einen abschließenden Gedanken zu diesem Vers: Wir lesen ausdrücklich davon, dass es Abrahams Absicht war, zusammen mit Isaak anzubeten. Es lag ihm sehr daran, Gott die Ihm gebührende Ehre zu geben und Ihn durch Anbetung, der höchsten Form des Gebets, zu verherrlichen. Darin war er auch seinem Sohn Vorbild und Ansporn.
Gehört es nicht auch zu unseren geistlichen Vorrechten und Pflichten, unsere Kinder zur Anbetung zu führen? Gott, der Vater, sucht noch immer solche, die Ihn in Geist und Wahrheit anbeten (Joh 4,23). Vielleicht kann uns das Beispiel Abrahams ein Ansporn sein, nicht nur für, sondern auch mit unseren Kindern zu beten und anzubeten. Durch das Erstere erkennen sie schon früh, wie wichtig und unerlässlich das Gebet nicht nur für ihre Eltern, sondern auch für sie selbst ist, und durch das Letztere wird ihnen bewusst, dass es ihren Eltern ein dringendes Anliegen ist, Gott die gebührende Anbetung zu bringen.
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