Frage: Wer war Melchisedek? Glauben Sie nicht, dass es der Herr selbst war?

Antwort: Melchisedek, König von Salem, ein Priester Gottes, von dem wir in 1. Mose 14 und Hebräer 7 lesen, war eine wirkliche geschichtliche Persönlichkeit und nicht der Sohn Gottes selbst. Wir lesen, dass er „ dem Sohn Gottes verglichen“ wird (Heb 7,3). Wäre er der Sohn Gottes selbst gewesen, so hätte er Ihm nicht verglichen, das heißt nicht in Bezug auf seine Ähnlichkeit gegenüber gestellt werden können. –

Die Ähnlichkeit zwischen Melchisedek und dem Sohn Gottes besteht zunächst darin, dass er, wie Christus, König und Priester zugleich war. Als König war Melchisedek ein „König der Gerechtigkeit“, wie sein Name auf Deutsch lautet und der in Salem (deutsch: Friede) thronte. Als Priester aber hören wir von keinem Vorgänger und Nachfolger Melchisedeks im Amt. Er war, bildlich gesprochen, „ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlechtsregister“; und so steht auch das Hohepriestertum Christi einzigartig da; es ist ein einmaliges, unübertragbares, ewiges Priestertum; es ist keine bloße Fortsetzung eines früheren Priestertums, und es hat auch keine Fortsetzung.

Prophetisch hat die Handlung Melchisedeks, der Abraham entgegenkommt, um ihm nach seinem heftigen Kämpfen und Siegen mit Brot und Wein zu erquicken, Bezug auf die gesegnete Erscheinung Christi, nachdem der treue Überrest der Juden die Zeiten der Trübsal und Kämpfe siegreich bestanden haben wird; es werden dann die „Zeiten der Erquickung“ kommen, „vom Angesicht des Herrn“, wie es Petrus den Juden verhieß (Apg 3,20). In der dann folgenden herrlichen Zeit Israels und Judas (im Tausendjährigen Reich) wird Jesus (der Messias) sowohl „König der Gerechtigkeit und des Friedens“, als auch Hoherpriester sein, wie es einst schon Melchisedek zu Salem und auch Salomo war. Wenn der Herr sagt: „Abraham, euer Vater, frohlockte, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich“ (Joh 8,56), so denkt Er an den „Tag des Herrn“, worunter die Heilige Schrift manchmal nur das Tausendjährige Reich versteht. Der Herr Jesus Christus wird im Tausendjährigen Reich, also an „Seinem Tag“, auf der ganzen Erde, vornehmlich aber von Seinem Volk Israel, als Priester und als König der Gerechtigkeit und des Friedens anerkannt sein. – Wann aber sah Abraham diesen Tag? Natürlich kann der den Tag nur vorbildlich gesehen haben, und zwar als ihm, nach ernsten Kämpfen mit heidnischen Völkern, Melchisedek segnend entgegen kam (1. Mo 14,18).

Erwähnen will ich noch, dass manche Ausleger meinen, dass Abraham den Tag des Herrn sah, als er Isaak, seinen Sohn, opferte und Gott ihn ihm gleichsam aus dem Tod wiedergab, ein Vorbild auf die Auferstehung des Herrn (Heb 11,17–19). Auch sehen manche in dem Brot und dem Wein, die Melchisedek brachte, ein Bild vom Tod Christi, wie bei uns beim Abendmahl des Herrn. So schön der Gedanke ist, ist es doch fraglich, ob er richtig ist. Wahr ist, dass der Tod Christi die Grundlage Seines Tages ist.