Der Sturm, der in Matthäus 8,23–27 beschrieben wird, geschah am Ende des Tages, an dem der Herr die sieben Gleichnisse von Matthäus 13 erzählte. Müde von seiner Tagesarbeit schlief der Heiland – ein bewegender Beweis der Wirklichkeit seiner Menschheit. Zugleich wütete einer von Genezareths plötzlich aufkommenden Stürmen gegen das kleine Schiff, was die Jünger sehr beunruhigte. Obwohl sie Gläubige waren, begriffen sie nur schwach, wer mit ihnen reiste. Hätten sie daran gedacht, dass er der Schöpfer des Universums war, so wären sie nur einen Moment lang beunruhigt gewesen. War er nicht derjenige, der lange vorher das Meer mit Toren verschlossen hatte und Gewölk zu seinem Gewand gemacht hatte? Hatte er nicht gesag: „Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter, und hier sei eine Schranke gesetzt dem Trotz deiner Wellen“ (Hiob 38,8-–-11)? Würde oder könnte der See seinen eigenen Herrn und Gott verschlingen?

Ach, das arme Herz des Menschen! Markus berichtet uns mit seiner üblichen Beachtung der Details, dass die Jünger ihren Herrn unsanft weckten und riefen: „Lehrer, liegt dir nichts daran, dass wir umkommen?“ Was diese Worte bedeuten, das schmerzt – wie tief müssen sie die Empfindungen des Heilands getroffen haben! „Liegt dir nichts daran.“ Wenn er sich nicht um die Kinder der Menschen gekümmert hätte, wäre er in seiner Herrlichkeit geblieben; die Krippe Bethlehems, das galiläische Schiff und das Kreuz von Golgatha wäre niemals sein Los geworden. Dennoch, gnädig wie er ist, kam kein Wort des Tadels über seine Lippen bezüglich der Herzlosigkeit ihrer Worte. Er sagte lediglich: „Was seid ihr furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?“ Wohl ist gesagt worden: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.“ Aber wie schmerzlich muss es für ihn gewesen sein, solche Schwäche im Glauben unter den besonderen Gegenständen seiner Güte zu finden, nachdem er von dem großen Glauben des heidnischen Hauptmanns erfahren hatte!

Seine Stimme reichte zur Beruhigung der Elemente aus. „Schweig, verstumme!“ Lange bevor diese Worte Wirklichkeit wurden, schrieb der Psalmist: „Du beherrschst das Toben des Meeres; erheben sich seine Wogen – du stillst sie“ (Psalm 89,10). Nicht ein einziges Kennzeichen der Göttlichkeit hat er bei seiner Menschwerdung beiseitegelegt. Allmacht und Allwissenheit strahlten von ihm aus, wenn immer eine Gelegenheit es erforderte. Dämonen, Krankheiten, Tod, Winde und Wellen, alles floh vor seinem Wort. Der menschliche Verstand kann durch die reichliche Belehrung von Gott das Geheimnis der Einheit der göttlichen und menschlichen Naturen in seiner Person erahnen. Die Vernunft (allein) hat unlösbare Schwierigkeiten hier; der Glaube aber findet stattdessen Gegenstände zum Lobpreis und zur Anbetung. Das Wunder brachte die Jünger in Verwunderung zu seinen Füßen, aber nicht ohne Furcht. „Was für einer ist dieser, dass auch die Winde und der See ihm gehorchen?“

Die Antwort ist schlicht und einfach. Er war fleischgewordener Gott, auf seinem Weg in den Tod als eine ewige Segnung all derer, die glauben. Aber in seiner Erniedrigung, wie auch jetzt in seiner Herrlichkeit, hatte er die Macht, jede Gefahr, die sein Volk befallen konnte, auszuräumen. Verschiedene Stürme mögen auf unserem Wandel durch diese Welt gegen uns wüten, aber keiner kann uns zerstören, solange Jesus lebt. Wir müssen ihm nur vertrauen.

[Übersetzt von Benjamin Runkel]