Da wurde Nebukadnezar von Grimm erfüllt, und das Aussehen seines Angesichts veränderte sich gegen Sadrach, Mesach und Abednego. Er hob an und befahl, den Ofen siebenmal mehr zu heizen, als zur Heizung nötig war. Und er befahl Männern, den stärksten Männern in seinem Heer, Sadrach, Mesach und Abednego zu binden, um sie in den brennenden Feuerofen zu werfen. Da wurden diese Männer in ihren Mänteln, Röcken und Mützen und ihren übrigen Kleidern gebunden und in den brennenden Feuerofen geworfen. Darum, weil das Wort des Königs streng und der Ofen außergewöhnlich geheizt war, tötete die Flamme des Feuers jene Männer, die Sadrach, Mesach und Abednego hinaufbrachten. Und diese drei Männer fielen gebunden in den brennenden Feuerofen“ (Vers 19–23)

In den Versen 16–18 hören wir die Antwort der drei Freunde, aber ab Vers 19 sprechen sie nicht mehr. Als ihr Gott angegriffen wurde, haben sie eine klare Aussage gemacht; aber als es dann ihnen persönlich an den Kragen ging und sie gegriffen und in den Ofen geworfen wurden, hören wir keine Gegenrede mehr von ihnen. Machen wir es nicht manchmal genau umgekehrt? Wenn unser Gott und Seine Ehre angegriffen werden, dann schweigen wir oft und sagen nichts dagegen; aber wenn wir persönlich angegriffen werden, dann setzen wir uns oft wenigstens mit Worten zur Wehr. Was unser Reden betrifft, haben wir einen Hinweis in 1. Pet 3,15–17, die Freunde hatten Rechenschaft gegeben und dabei ein gutes Gewissen gehabt. Und für das Schweigen haben wir das wunderbare Beispiel des Herrn Jesus selbst in 1. Pet 2,23. Dieses Beispiel kannten die drei Freunde noch nicht und entsprachen ihm doch schon auf eine so vorbildliche Weise; – und wir kennen es und müssen doch bekennen, dass wir ihm so wenig entsprechen.

Wenn sie selbst jetzt auch nicht mehr reden, so wird doch auffällig häufig jetzt durch den Heiligen Geist von ihnen geredet. Es ist eine Freude Gottes, die Namen derer, die zu Seiner Ehre ein Zeugnis für Ihn abgelegt haben und jetzt bereit sind, restlos alle Konsequenzen angesichts des Feuerofens zu tragen, immer wieder zu nennen. Gott liebt es, die Namen Seiner Treuen zu nennen, sie sind Ihm kostbar!

Der Grimm Nebukadnezars steigert sich noch mehr, weil die drei Freunde mit ihrem Verhalten furchtlos sowohl seiner Autorität als auch seiner Macht entgegengetreten sind. Deshalb ließ er den Feuerofen siebenmal mehr heizen, eine an sich wenig sinnvolle Sache, denn das machte ja letztlich überhaupt keinen Unterschied, bloß dass die Zeit der Leiden verkürzt wurde dadurch. Feuer kann ja auf zweierlei Weise von Gott gebraucht werden

  • zur Läuterung, um mögliche Unreinheiten des Edelmetalls auszuscheiden (Mal 3,3+4)

  • um zu zeigen, dass das Gold wirklich kostbares reines Material ist (1. Pet 1,7)

Hier würde das Feuer nur den bewährten, belastbaren Glauben der drei Freunde offenbaren. Wie wäre das bei mir?

Wir hören auch nicht davon, dass die drei Freunde zu Gott um Bewahrung vor dem Feuerofen gebetet hätten. Das wäre ja das Normalste der Welt gewesen, bei bevorstehender Gefahr um Bewahrung zu beten. Sie haben die Konsequenzen ihrer Treue einfach aus Gottes Hand angenommen, und sie überließen es ihrem Gott, wie Er sich verherrlichen würde. Gott hätte ihnen sicher diese Probe ersparen und sie auf andere Weise befreien können, aber sie waren einverstanden, ob so oder so, ob durch den Märtyrer-Tod oder nicht. Wenn Gott sie vor dem Feuerofen bewahrt hätte, dann wäre Er nicht so verherrlicht worden, wie es dann der Fall war. Sie vertrauten ihrem Gott und wollten lieber mit Ihm in den Tod gehen, als ohne ihn im königlichen Palast leben. Mit dem Herrn Jesus im Feuerofen ist besser, als ohne Ihn in den Palästen der Könige.

Diese Geschehnisse haben auch eine prophetische Bedeutung: In Off 13,5–7 haben wir den König des wiedererstehenden römischen Reiches, der geradeso wie Nebukadnezar hier große Dinge und Lästerungen reden wird. Und in Vers 7 finden wir dann im Bild das, was hier in Daniel 3 Nebukadnezar mit den drei Freunden tut. Nebukadnezar ist ein erschütterndes Vorbild von diesem letzten König des römischen Reiches, der sich auch ein Bild machen und anbeten lässt (Vers 15). Das ist genau der Vorgang, der hier in der Geschichte von Daniel 3 vor uns ist.

Die drei Freunde stehen also auch für den jüdischen Überrest späterer jetzt noch zukünftiger Tage, der auch ins Feuer geführt werden wird (Sach 13,9). In Off 12,17 sind sie in den Übrigen ihrer [der Frau = Israel] Nachkommenschaft zu sehen, die die Gebote Gottes halten. Und in Off 15,2 stehen sie als die Überwinder über das Tier und über sein Bild an dem gläsernen Meer. Wir lernen aus der Offenbarung – deshalb ist das Buch Daniel auch so notwendig für die Erklärung der Prophetie – dass der Überrest späterer Tage sich wie damals auch aus dem jüdischen Volk rekrutieren wird. Wenn wir später sehen werden, dass die drei Freunde aus dem Feuer bewahrt werden und unversehrt herauskommen, dann ist das auch wieder ein Hinweis auf die späteren Tage. Ein großer Teil wird in dieser Drangsal als Märtyrer umkommen (Off 13,7), aber diese, die das Tier nicht angebetet hatten noch sein Bild, stehen weit über den anderen, die am Leben bleiben und lebendig in das Reich auf der Erde eingehen werden, denn diese Märtyrer werden mit dem Herrn und mit uns vom Himmel her regieren (Off 20,4).

Es ist tief beeindruckend, wie sich das Buch Daniel und die Offenbarung ergänzen, man könnte fast sagen, sie bilden ein prophetisches Ganzes. Die Offenbarung ist nicht zu verstehen ohne Daniel, und Daniel ist ohne die Offenbarung nur halb so aussagekräftig. In der Offenbarung finden wir, wie Gott alles zu Ende führt zur Verherrlichung Seines Sohnes, sie ist Fortsetzung und Vollendung dessen, was Daniel hier schreibt.

Wenn Nebukadnezar hier den Ofen siebenmal mehr heizen ließ, so wird die zukünftige große Drangsal so schrecklich sein, wie sie seit Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist und auch nicht wieder sein wird (Mt 24,21; Jer 30,7). Obwohl wir nicht so weit gehen können und sagen, dass wir hier eine prophetische Beschreibung der großen Drangsal, die von dem Antichristen und dem Haupt des römischen Reiches ausgeht. Wir finden das wohl dem Charakter nach angedeutet, können es aber nicht 1:1 darauf übertragen und sagen, dass wir hier genau diese Ereignisse vorgestellt finden.

Was wird dieser Feuerofen der großen Drangsal für eine furchtbare Zeit sein für diesen jüdischen Überrest! Wie dankbar dürfen wir sein, dass wir vor diesen furchtbaren Gerichten entrückt werden, dass die Gläubigen der Gnadenzeit durch diese Drangsale nicht zu gehen haben! Allerdings müssen wir deutlich unterscheiden, dass dieses Feuer späterer Tage angezündet wird von Gott selbst als Gericht an Seinem Volk, weil sie Seinen Messias verworfen und an das Kreuz gebracht haben. Das wird das Feuer der Reinigung des Überrestes sein. Hier ist es das Feuer, das wohl unter der Duldung Gottes geschieht, das aber von der Verfolgung Seines Volkes von Seiten der Menschen spricht, die dafür selbst wieder bestraft werden. Denn das Element, das in der Hand Nebukadnezars die drei Männer verderben sollte, richtete sich sofort gegen die, die Nebukadnezar zur Vollstreckung des Gerichtes benutzte; das Gericht kehrt gleichsam um und vernichtet die, die sie in den Ofen werfen sollten. Hier ist es also nicht das direkte Gericht Gottes an Seinem Überrest wegen der Verwerfung des Messias, sondern die Verfolgung des Überrestes von Seiten der Menschen.