Der König Belsazar machte seinen tausend Gewaltigen ein großes Festmahl, und er trank Wein vor den Tausend. Belsazar befahl, als der Wein ihm schmeckte, dass man die goldenen und die silbernen Gefäße herbeibrächte, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel in Jerusalem weggenommen hatte, damit der König und seine Gewaltigen, seine Frauen und seine Nebenfrauen daraus tränken. Dann brachte man die goldenen Gefäße, die man aus dem Tempel des Hauses Gottes in Jerusalem weggenommen hatte; und der König und seine Gewaltigen, seine Frauen und seine Nebenfrauen tranken daraus. Sie tranken Wein und rühmten die Götter aus Gold und Silber, aus Kupfer, Eisen, Holz und Stein“ (Dan 5,1–4).

Belsazar war ein Sohn oder sogar Enkel Nebukadnezars (Jer 27,6.7), aber nicht sein direkter Thronfolger. In 2. Könige 25,27–30 wird ein gewisser Ewil-Merodak als König von Babel bezeichnet, der nur eine kurze Zeit regierte; erst danach kam Belsazar an die Macht. Diese ganze Szene hier in Daniel 5 findet übrigens statt, als das Medo-persische Reich schon vor den Toren Babels stand und diese Stadt belagerte.

Was dieser Belsazar hier in Daniel 5 tut, so etwas hatte selbst Nebukadnezar nie getan: Belsazar hatte keinen Respekt vor heiligen Dingen, und in seiner Gottlosigkeit und Frechheit lässt er die heiligen Gefäße der Juden holen. Offenbar hatte er sich nach mehrfachem Genuss von dem Wein gehen lassen. Wenn der Wein seine Wirkung zeigt, dann brechen die Dämme in Bezug auf Sitte und Moral – und wie wir hier sehen auch im Blick auf religiöse Themen – sehr schnell. Dann kann es sehr schnell dazu kommen, dass gespottet und geschmäht wird über heilige Dinge (Ps 69,13; Spr 31,4). Allerdings sagt das Wort hier nicht, dass Belsazar betrunken war, es heißt nur, dass der Wein ihm schmeckte, und das ist sicher eine Gefahr. Es wird ihm vollkommen bewusst gewesen sein, was er da tat, als er die heiligen Geräte des Tempeldienstes holen ließ. Und er wird auch vollkommen verantwortlich gemacht dafür. Nebukadnezar hatte diese heiligen Gefäße dem gottgemäßen Gebrauch entzogen, aber Belsazar hatte sie dem frivolen Missbrauch preisgegeben.

Wenn wir uns fragen, wie diese Geräte überhaupt nach Babylon kamen, dann müssen wir verschiedene Gesichtspunkte dabei sehen. Vordergründig waren sie natürlich durch Nebukadnezar aus Jerusalem geraubt worden (2. Chr 36,6.7). Wir dürfen aber auch nicht außer Acht lassen, dass es auch die Schuld des Volkes Gottes war, dass diese Geräte in die Hand ihrer Feinde gelangten. Die Untreue Israels war auch die Ursache dafür gewesen. Und als eine dritte Antwort darauf finden wir in Klagelieder 2,7, dass der Herr Seinen Altar verworfen und Sein Heiligtum verschmäht und die Mauern ihrer Prachtgebäude der Hand des Feindes preisgegeben hatte. Es war also auch ein Gericht Gottes, dass diese Geräte in die Hand der Heiden gelangen konnten.

Was diese Gefäße betrifft, so waren sie durch die Könige und Priester des Volkes Israel längst verunreinigt worden, und als Nebukadnezar sie wegführte, hatte er sie offenbar noch bei sich gelassen und aufbewahrt. Davon wusste sein Enkelsohn Belsazar und lässt sie holen. Für Gott waren diese Gefäße noch heilig; was die Menschen und sogar Sein eigenes Volk damit getan haben mochten – für Ihn waren das immer noch die heiligen Gefäße. In diesen Gefäßen war Gott gedient worden und Er war in diesem Dienst verherrlicht worden. Gott sieht das noch so! Und deshalb war es eine absolute Entheiligung, als dieser heidnische Monarch sich damit über den wahren Gott praktisch lustig machte. Belsazar steigt gleichsam in den Ring und meint, er könne es mit einem anderen Gott aufnehmen. Aber das Gericht darüber kommt schnell und ohne Aufruf zur Buße, anders als bei Nebukadnezar. Gott nimmt die Dinge ernst und Er sieht die Gefäße als heilig an – auch in Tagen des Verfalls.

Die Bundeslade war bei diesen weggeführten Geräten des Heiligtums sicher nicht dabei gewesen, denn sie war seit dem Fall Jerusalems verschwunden und wird auch nie wieder auftauchen (Jer 3,16). Auch der Altar und die Geräte des Heiligtums werden nicht dabei gewesen sein. Aus Esra 1,7–11 können wir entnehmen, dass sie mit einer gewissen Sorgfalt verzeichnet und verwahrt worden waren. Selbst die feindlichen Nationen scheinen bis zu Belsazar eine gewisse Ehrfurcht davor gehabt zu haben. Aber der dann darauf folgende König Kores hatte Kenntnis von dieser guten Organisation in Listen und Unterlagen über diese Geräte. Gott hatte so darüber gewacht in der 70-jährigen Gefangenschaft, dass diese Listen und auch die Geräte noch vorhanden waren und herausgegeben werden konnten.

Nachdem der König und seine Gewaltigen in dieser absolut profanen Weise aus diesen Gefäßen getrunken hatten, rühmten sie ihre eigenen Götter, weil sie ihnen stärker schienen als der lebendige Gott des Volkes Israels – obwohl sie nicht sehen und hören und wahrnehmen (Dan 5,23; Ps 115,4–7). Aber Gott lässt sich nicht spotten (Gal 6,7); in dem Moment, wo diese Szene in ihrer Boshaftigkeit kaum noch zu steigern ist, kommt der Finger Gottes. Gott wacht über diese heiligen Geräte und gibt Seine Ehre keinem anderen (Jes 42,8).

Ähnlich war es auch, als in den Tagen Elis die Bundeslade in die Hand der Philister gefallen war und die Philister sie neben ihren Gott Dagon stellten. Gott hatte nicht verhindert, dass die Bundeslade geraubt wurde, Er hatte es als ein Gericht an Seinem Volk Israel zugelassen – aber als die Philister sie neben ihren eigenen Gott stellten, griff Gott sofort ein und machte auch deutlich, dass Er Seine Ehre keinem anderen gibt!

Praktische Bemerkungen für unsere Tage

Wenn Gott bis zur Zeit Esras so über Seine Dinge gewacht hat, hat das nicht auch für uns eine Bedeutung? Sind nicht auch bis in unsere Zeit viele christliche Wahrheiten von Menschen, die sich Christen nennen, misshandelt worden? Luther hat zur Zeit der Reformation eine Schrift verfasst von der „babylonischen Gefangenschaft der Christenheit“. Er hatte erkannt, dass die ganze Christenheit in die Gefangenschaft eines Feindes geraten war und dort von einer religiösen und politischen Macht unterdrückt worden ist. Dadurch sind viele geistliche Wahrheiten völlig aus dem Bewusstsein verschwunden oder auch missbraucht und entehrt worden – wie hier die Geräte des Heiligtums. Aber Gott hat in Seiner Gnade Anfang des 19.Jahrhunderts vieles davon wieder ans Licht gebracht.

Aber in weiten Teilen der Christenheit und besonders in den beiden großen Kirchen werden viele dieser Wahrheiten immer noch auf völlig verkehrte Weise missbraucht (z.B. Abendmahl, Taufe). Daran sieht man, dass wir uns wieder in Richtung Babylon bewegen. Wenn wir heute entrückt werden, wird morgen Babylon wieder da sein! Und alles, was sich in der Zukunft entwickeln wird, hat in unseren Tagen seine Vorstufen. Deshalb müssen wir sehr wachsam sein, dass wir nicht auch nur annähernd in eine Richtung kommen, wo kostbare Dinge Gottes von einer babylonischen Macht missbraucht werden und dann gegen Gott verwendet werden.

Denn auch unter uns werden kostbare Wahrheiten missbraucht! Die Wahrheit von der Einheit des Leibes, die der Herr in Seiner Gnade vor ca. 200 Jahren wieder offenbar gemacht hat, ist durch die Angriffe der letzten Jahrzehnte so lächerlich gemacht worden, dass man meint, man könnte sie mit bloßen Abkürzungen (AV und NV) bezeichnen. Das wird von Hunderten älterer und jüngerer Geschwister aus unserer Mitte einfach so übernommen, wenn man von dem Zusammenkommen zum Namen des Herrn spricht. Und es ist doch nichts anderes als der Missbrauch von den Gefäßen des Tempels: gedankenlosen Spott mit dem zu treiben, was doch eigentlich wunderbare und erhabene Wahrheiten sind! Wir sind uns oft nicht bewusst, was wir mit unseren Worten und Gedanken für gotteslästerliche Dinge tun. In der Welt gibt es nichts Heiliges mehr, und unsere Gefahr ist, dass wir uns von dieser Entheiligung anstecken lassen und dass wir nicht mehr zu unterscheiden wissen zwischen dem Heiligen und dem Unheiligen.


Fußnoten:

  1. mso-style-name:“Normale Tabelle“; mso-tstyle-rowband-size:0; mso-tstyle-colband-size:0; mso-style-noshow:yes; mso-style-priority:99; mso-style-qformat:yes; mso-style-parent:““; mso-padding-alt:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt; mso-para-margin-top:0cm; mso-para-margin-right:0cm; mso-para-margin-bottom:10.0pt; mso-para-margin-left:0cm; line-height:115%; mso-pagination:widow-orphan; font-size:11.0pt; font-family:“Calibri“,“sans-serif“; mso-ascii-font-family:Calibri; mso-ascii-theme-font:minor-latin; mso-hansi-font-family:Calibri; mso-hansi-theme-font:minor-latin; mso-fareast-language:EN-US;