„Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben, und unser Zeugnis nehmt ihr nicht an.“ (Vers 11)
Das wir in diesem Vers kann sich nicht auf die Propheten des Alten Testaments beziehen, denn sie wussten und verstanden oftmals nicht, was sie reden sollten. Der Herr Jesus meint mit dem wir göttliche Personen; Er war hier auf der Erde und redete, und auch der Heilige Geist würde durch die Gläubigen reden. Mit einfachsten Worten werden hier ganz erhabene Herrlichkeiten der Person des Herrn gezeigt. Dieses Wir schließt Seine Gottheit mit ein. Wir sollen hier nicht nur die Wahrheit über die neue Geburt verstehen lernen, sondern die Person dessen, der da spricht! Er redete, was Er bei Seinem Vater, im Schoß der Gottheit, gehört hat (Joh 8,28). Das drücken wir in Lied 225 Vers 3 aus: „All Seine Worte, in Gnade und Wahrheit, hat Er bei Dir, Seinem Vater, gehört“.
Und diese göttlichen Personen redeten, was sie wussten. Das ist kein erlerntes oder angeeignetes Wissen, sondern ein den Personen der Gottheit innewohnendes absolut zuverlässiges und unfehlbares Wissen. Der Herr Jesus und der Heilige Geist redeten von den Dingen aus dem Himmel (Vers 32). Der Herr Jesus war in der Lage, überhaupt über himmlische Dinge sprechen zu können; und Er zeigt dann auch die Voraussetzung, die dafür nötig war, dass wir himmlische Dinge bekommen könnten – Sein Tod (Vers 14).
Der ewige Sohn, der im Schoß des Vaters ist, kam als Mensch auf diese Erde; und Er zeugte von dem, wo Er zuhause war, wo Seine ewige Heimat voll Licht und Liebe und Herrlichkeit war. Er zeugte nicht von Offenbarungen oder Mitteilungen, die Er bekommen hatte, sondern Er war der Einzige, der direkt aus der Atmosphäre der Gottheit heraus reden konnte. Er kam mit dem ganzen Ratschluss Gottes und hat diesen auf der Erde kundgetan. Gott hat zu uns geredet im Sohn (Heb 1,2). Neben dem Heiligen Geist war der Herr Jesus von Ewigkeit her der einzige Zeuge, Er sprach aus Seiner direkten Kenntnis des Vaters heraus (Joh 17,25).
Wo finden wir das Zeugnis, von dem der Herr Jesus hier spricht? In der Heiligen Schrift, besonders im Neuen Testament und dort speziell in den Briefen. Wir haben ein Zeugnis! Das ist nicht irgendetwas Vages, von dem wir nicht genau wüssten, was das ist. Die Heilige Schrift gibt uns Auskunft darüber, was das Zeugnis des Herrn und auch das Zeugnis des Heiligen Geistes ist. Wir haben heute etwas Konkretes in der Hand: Sein heiliges Wort!
Es ist erschütternd, dass dieses Zeugnis des Herrn nicht angenommen wurde! Das ist hier ein klarer Hinweis auf die Verwerfung des Herrn als Sohn Gottes. Die Juden hatten das Zeugnis der Propheten nicht angenommen, obwohl diese Worte Gottes sprachen. Sie hatten auch das Zeugnis von Johannes dem Täufer nicht angenommen – aber jetzt wiesen sie das größte Zeugnis ab, das je auf dieser Erde ausgesprochen worden ist: nicht das Zeugnis eines Menschen, sondern ein göttliches Zeugnis. Was muss es den Herrn Jesus geschmerzt haben, dass dieses Zeugnis von den Juden nicht angenommen wurde. Das Fleisch (Vers 6) nimmt selbst das größte Zeugnis nicht an, das Zeugnis des Sohnes Gottes – und damit haben sie Gott selbst abgelehnt!
„Wenn ich euch das Irdische gesagt habe, und ihr glaubt nicht, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch das Himmlische sage?“ (Vers 12)
Jetzt wechselt der Herr von dem wir in Vers 11 zu einem ich in diesem Vers. Wenn Gott sich offenbart, dann offenbart Er sich in dem Sohn. Wenn Gott redet, dann in dem Sohn. Der Sohn war als Gott vollkommen qualifiziert, von dem Himmlischen zu berichten, weil Er im Himmel ist (Vers 13); er konnte als Sohn des Menschen auf der Erde die himmlischen Dinge so darstellen, dass wir etwas davon erfassen können.
Das Irdische ist das Reich Gottes auf der Erde, der Ratschluss Gottes für diese Erde, so wie Nikodemus es verstand; die irdischen Segnungen, die Gott Seinem Volk gegeben hatte, konnten nur von solchen in Besitz genommen werden, die durch Buße und durch den Empfang des neuen Lebens eine entsprechende Natur besaßen. Das hatte an sich noch nichts mit dem Kreuz zu tun, und das zeigt auch den Unterschied zwischen diesem neuen Leben und dem ewigen Leben, das uns geschenkt ist. Dieses ewige Leben bekommt nur der, der an den Sohn Gottes glaubt, der für ihn gestorben ist. Das wird in den folgenden Versen ausführlich vorgestellt: wer an den auf das Kreuz erhöhten Sohn des Menschen glaubt, wer an den von Gott gesandten eingeborenen Sohn glaubt, der geht nicht verloren, sondern hat ewiges Leben. Dieses ewige Leben konnten die alttestamentlichen Gläubigen nicht haben, weil sie den nicht kennen konnten, der dieses Leben gibt, den Sohn Jesus Christus, der der wahrhaftige Gott und das ewige Leben ist (1. Joh 5,20). Natürlich haben diese Gläubigen durch die neue Geburt ein Leben, das niemals endet, und auch ein Ungläubiger hat eine ewige Existenz, aber das ist alles vollkommen verschieden von dem Charakter des Lebens, das in der Person des Sohnes ist. Deshalb ist auch die Neugeburt, wie wir sie hier bei Nikodemus haben, keine typisch christliche Segnung. Es gibt in dieser christlichen Haushaltung nicht diese Phase, dass man an Gott glaubt ohne an den Herrn Jesus zu glauben. Wir sind durch den Glauben mit einem gestorbenen und auferweckten Christus mitauferweckt und mitlebendig gemacht worden (Eph 2,5+6), und damit sind alle Segnungen miteingeschlossen. Dieses ewige Leben werden wir völlig genießen, wenn wir bei Christus sind und Ihn sehen, wie Er ist (1. Joh 3,2), denn dort ist das ewige Leben zu Hause. Das wird in alle Ewigkeit unsere Glückseligkeit sein!
Bis dahin hatte der Herr Jesus auch bloß von dem irdischen Teil des Reiches gesprochen. Wir wissen, dass das Reich Gottes auch eine himmlische Seite hat, aber die Juden erwarteten das Reich in Macht und Herrlichkeit auf dieser Erde. In Mt 13,41–43 werden beide Seiten des Reiches nacheinander gezeigt: Vers 41+42 zeigen die Seite des Reiches des Sohnes des Menschen, das ist der irdische Teil des Reiches, der durch Gericht von Engeln gereinigt werden wird; und in Vers 43 spricht Er dann von dem Reich ihres Vaters, das ist der himmlische Bereich des Reiches, in den die Gerechten einmal gelangen werden. Bruder Darby hat einmal gesagt, durch diese Ausdrucksweise: das Irdische und das Himmlische ergibt sich ein direkter Bezug auf das Reich in seinen beiden Teilen.
Der Herr Jesus hatte zu der Zeit, als Er auf der Erde war, noch nicht von diesem himmlischen Teil sprechen können, aber als das Werk vom Kreuz vollendet und der Geist Gottes auf die Erde gekommen war, konnten diese Dinge auch gezeigt werden (Eph 1,9+10; Kol 1,20). Der Herr Jesus soll nach den Gedanken Seines Vaters volle Autorität über die Dinge in den Himmeln und die Dinge auf der Erde haben. Für alles ist Er gestorben und hat Er Frieden gemacht. Und dadurch wird einmal alles wieder mit Gott versöhnt und in Übereinstimmung gebracht werden.
Das Himmlische sind die Segnungen der christlichen Haushaltung, die wir nur im Neuen Testament finden, das ewige Leben mit allem, was damit verbunden ist. Es ist hier der gleiche Ausdruck, wie er im Epheser-Brief fünfmal für die himmlischen Örter benutzt wird (Eph 1,3; 1,20; 2,6; 3,10; 6,12; vgl. auch 1. Pet 1,4). Es geht dabei also nicht nur um den himmlischen Teil des Reiches, sondern auch um alle himmlischen Wahrheiten, die Segnungen des Zeitalters der Gnade, in dem wir leben. Das Reich ist nur ein untergeordneter Gedanke dabei, die Substanz als solche ist weitaus größer, denn Eph 1, Kol 1 und Heb 1 zeigen uns, dass es eine höhere Art von Segnung gibt.
Für das Eintreten in das Reich auf der Erde war der Tod des Herrn Jesus nicht zwingend vorgesehen, die neue Geburt gründet sich nicht auf das Werk von Golgatha, und Buße ist nicht unbedingt der Glaube an einen gestorbenen Heiland. Auch hatte kein alttestamentlicher Gläubiger das Bewusstsein ewiger Sündenvergebung, weil die Grundlage dazu noch fehlte. Sie besaßen neues Leben durch die neue Geburt, konnten aber noch nicht in der Gewissheit ruhen, dass ihre Sünden für immer gesühnt und vergeben sind. Der Herr Jesus war als lebender Messias unter Seinem Volk und hätte Sein Reich aufgerichtet und sie in die Segnungen des Reiches eingeführt, wenn sie Ihn angenommen hätten – sie haben Ihn jedoch abgelehnt. Jede Segnung, die ein Mensch empfängt, gründet sich auf das Werk Christi. Die Vergebung der Sünden der alttestamentlich Gläubigen gewährte Gott in Seiner Nachsicht im Vorausblick auf das erst viel später geschehene Werk vom Kreuz (Röm 3,25+26). Das Kreuz ist der Mittelpunkt des Handelns Gottes; im Blick auf das Werk von Golgatha, das erst viel später vollbracht werden würde, konnte Gott schon zu Zeiten des Alten Testaments Sünden vergeben. Aber um die himmlischen Segnungen genießen zu können, war es unmöglich, nur mit einem auf der Erde lebenden Sohn Gottes in Verbindung zu sein – dazu musste Sein Tod stattfinden. Die himmlischen Segnungen sind nur über das Kreuz zu erlangen!
Die Neugeburt ist das Werk Gottes an einer Seele, das auch zur Zeit des Alten Testaments schon geschehen ist, lange bevor das Werk des Herrn am Kreuz von Golgatha vollbracht war. Und die Neugeburt hat auch an sich nichts mit der Vergebung der Sünden zu tun, die gründet sich allein auf das Werk des Herrn Jesus. Wir kommen bei diesen Erwägungen an einen Punkt, wo wir sagen müssen, dass wir den Ratschluss Gottes nicht ergründen können! Wir können heute in Seinem Wort nachlesen, was Er davon offenbart hat, und das übersteigt schon unser Verständnis.
„Und niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel als nur der, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“ (Vers 13)
Sind nicht auch Henoch und Elia in den Himmel hinaufgestiegen? Nun, sie sind lebendig entrückt worden, aber es bestehen doch große Unterschiede zu dem, was hier von dem Herrn Jesus gesagt wird. Henoch wurde entrückt (Heb 11,5), und Elia wurde von Elisa genommen (2. Kön 2,10), beide haben nicht in eigener Kraft gehandelt – der Herr Jesus aber ist selbst in den Himmel hinaufgestiegen. Und Er ist Derselbe, der auch vorher herabgestiegen ist. Die Tatsache, dass Er der Sohn des Menschen ist, tastet Seine Gottheit nicht an, Er ist im Himmel. Wir stoßen hier wieder an Grenzen unseres Fassungsvermögens, wenn wir Ihn vor uns haben, der Gott und gleichzeitig Mensch in einer Person ist. Wir wollen diese beiden Seiten wohl unterscheiden, aber wir dürfen sie nie voneinander trennen!
Dieser Vers stellt uns eine vierfache Herrlichkeit des Herrn Jesus vor:
- Er ist hinaufgestiegen in den Himmel: diese Herrlichkeit wird Ihm hier schon zugeordnet, obwohl sie sich historisch noch gar nicht ereignet hatte; sie unterscheidet Ihn von jedem anderen Menschen, ob im Alten Testament oder im Neuen Testament – Menschen werden entrückt, aber Er ist hinaufgestiegen Kraft Seiner eigenen Herrlichkeit
- Er ist aus dem Himmel herabgestiegen: das führt uns zurück zu Joh 1,14; weil Er aus dem Himmel herabgestiegen ist, konnte Er himmlische Dinge, das Himmlische verkündigen. Aber Er ist nicht nur dazu aus dem Himmel herabgestiegen, sondern auch, um hier auf der Erde zu sterben und dadurch Menschen dieses Himmlische schenken zu können
- Er ist der Sohn des Menschen: der Herr Jesus ist ohne je aufzuhören, Gott zu sein, auf dieser Erde wahrer Mensch gewesen – Gott und Mensch in einer Person. Und Er wird immer Sohn des Menschen bleiben, und Er wird immer im Himmel sein, immer! Als der Herr Jesus aus dem Himmel herabstieg, war Er noch nicht Sohn des Menschen; Er war in Gestalt Gottes und machte sich selbst zu nichts (Phil 2,6+7) und ist dann erst als Er von einer Frau geboren wurde (Gal 4,4) in Gleichheit der Menschen geworden.
- Er ist im Himmel; war zu dem Zeitpunkt, als der Herr Jesus auf der Erde war, ein Mensch im Himmel? Wir sehen wieder, dass diese einzigartige Person nicht trennbar oder teilbar ist, es ist eine Person; derjenige, der ewiger Gott ist, ist zugleich der Sohn des Menschen, hier auf der Erde und im Himmel. In dem Augenblick, wo Er sichtbar vor Nikodemus stand, war Er zugleich im Himmel. In diesem Sinn gebraucht der Herr Jesus auch wiederholt in diesem Evangelium die Worte wo ich bin (Joh 7,34+36; 12,26; 14,3; 17,24): Er ist zur gleichen Zeit dort in der Herrlichkeit, die Er nie verlassen hat.
Es ist erstaunlich, dass dieser Vers nicht damit beginnt, dass der Herr Jesus aus dem Himmel herabgestiegen ist, was ja chronologisch gesehen das Seinem Hinaufsteigen in den Himmel vorgegangene Ereignis gewesen ist. Nikodemus ist hierbei vielleicht an Spr 30,4 erinnert worden, wo wir schon eine gewisse Andeutung auf dieses Geschehen finden (vgl. auch Eph 4,8–10). In diesen Stellen finden wir immer die gleiche Reihenfolge, zuerst wird von dem Hinaufsteigen und dann erst von dem Herabsteigen gesprochen.
Der Herr Jesus spricht damit abstrakte Grundsätze aus, wie das häufig im Johannes-Evangelium der Fall ist. Das Hinaufsteigen in den Himmel geschah natürlich zeitlich gesehen später, aber Er will zeigen, dass Er nach vollbrachtem Werk hinaufgehen würde zu Seinem Vater. Und dieses Hinaufgehen zu Seinem Vater hat seine Grundlage darin, dass Er zuvor herabgestiegen ist. Der Herr spricht hier über sich selbst und sagt prophetisch von sich etwas, was erst noch eintreten würde, wenn Er das Werk vollbracht haben würde.
In Joh 1,49–51 hatten wir schon gesehen, dass der Titel Sohn des Menschen etwas Größeres ist als der König Israels. König Israels war Er als Sohn Gottes, als der Gesalbte (Ps 2,6+7); und diese Seite gehörte zu dem Irdischen, von dem der Herr zu Nikodemus hier spricht. Die herrliche Seite Seiner Person als Sohn des Menschen beschreibt Seine umfassendere Stellung und gehört zu dem Himmlischen, was sie nicht verstehen konnten.
Gottes Liebe gegenüber den Verlorenen – der Weg zu ewigem Leben
Wir kommen jetzt zu einigen der bedeutendsten Verse des ganzen Wortes Gottes. Es sind Verse, die wir gut kennen, sie sprechen von der Liebe Gottes, die den Verlorenen nachgeht. Und diese Liebe Gottes erweist sich nicht nur denen gegenüber, die aus dem Volk der Juden waren, sondern sie richtet sich schrankenlos an die ganze Welt, an „jeden, der an ihn [den Herrn Jesus] glaubt“. Es gab einen gewaltigen Wechsel, einen Wendepunkt in dem Handeln Gottes mit Seinem irdischen Volk Israel und mit der ganzen Welt. Der Sohn Gottes war als Messias für Israel gekommen, der Sohn des Menschen ist zugunsten der ganzen Welt gekommen und auf das Kreuz erhöht worden. Seine tiefste Erniedrigung bestand darin, dass man Ihn auf das Kreuz erhöhte. Aber einmal wird sich vor diesem Sohn des Menschen jedes Knie beugen.
Die Verse 14+15 stehen vor dem Hintergrund, dass Gott Licht ist, Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit verlangten diese Sühnung. Nur durch das Erhöht-Werden unseres Herrn auf das Kreuz, wo Gott Ihn zur Sünde machte (2. Kor 5,21), wo Er die Sünde im Fleisch verurteilte (Röm 8,3), konnte Sühnung geschehen. Und Vers 16 zeigt dann die wunderbare Seite des Wesens Gottes, dass Er Liebe ist.
„Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ (Vers 14+15)
Zuerst spricht der Herr Jesus jetzt von den feurigen Schlangen, die einst unter dem Volk Israel bei denen zum Tode führten, die von ihnen gebissen wurden. Wir sehen in dem Bericht in 4. Mose 21,4–9, dass die von den Schlangen Gebissenen zu Gott schrien, und Gott erbarmte sich und gebot Mose, eine Schlange anzufertigen und auf eine Stange zu erhöhen. Mose fertigte eine Schlange aus Kupfer, und jeder, der gebissen worden war und auf diese kupferne Schlange hinschaute, wurde geheilt. Der Weg zur Rettung für die gebissenen Israeliten war also absolut einfach: die erhöhte Schlange war weithin sichtbar, man musste nicht zu ihr hingehen oder kriechen, man musste nur einen Blick auf sie werfen. Nichts Weiteres musste man tun, wenn man gerettet werden wollte; so leicht hatte Gott es für die Israeliten gemacht. So leicht ist es auch heute für jeden Menschen, nicht verloren zu gehen, sondern ewiges Leben zu bekommen.
Dieses Bild der kupfernen Schlange zeigt also einerseits die Einfachheit, Rettung zu erlangen, aber es zeigt andererseits auch die Ausschließlichkeit zur Rettung. Es gab keinen anderen Weg zur Rettung für den, der gebissen worden war. Es war wirkungslos, sich die Wunden auszusaugen oder sie zu verbinden oder Mose oder einen anderen Menschen zur Hilfe zu rufen, es war sinnlos, die Schlange, die einen gebissen hatte, zu töten oder irgendetwas anderes zu tun – es gab nur eine einzige Möglichkeit, am Leben zu bleiben – und das war der Blick auf die kupferne Schlange.
Diesen Vorgang aus dem Alten Testament nimmt der Herr Jesus zum Anlass und kommt auf sich selbst zu sprechen. Dabei spricht Er jetzt von dem zweiten Muss in dieser Unterredung mit Nikodemus. In Vers 7 hatten wir bei dem ersten Muss gesehen, dass eine Notwendigkeit für jeden Menschen vorliegt, von neuem geboren zu werden. Bei diesem zweiten Muss steht jetzt eine andere Notwendigkeit vor uns: wenn der Herr Jesus der Retter werden sollte, musste das, was in der Schlange Moses vorgebildet war, an Ihm selbst vollzogen werden. Und der Herr Jesus hat dieser Notwendigkeit entsprochen. Die kupferne Schlange wurde auf einen Stab erhöht, und das wurde auch mit dem Herrn Jesus getan. Das Kupfer ist ein Hinweis auf das Gericht, das an dem Herrn Jesus wegen unserer Sünden vollzogen wurde. Wenn Menschen errettet werden sollten, nicht nur von neuem geboren, sondern von Sünde und Schuld errettet werden sollten, dann musste Er kommen und ohne Sünde bleiben und am Kreuz sterben. Kein anderer als der Sohn des Menschen wäre in der Lage gewesen, dieses Werk zu vollbringen.
Derr Herr spricht von sich als dem Sohn des Menschen, der erhöht werden musste. Mit diesem Erhöhen ist Sein Kreuzestod gemeint (Joh 8,28; 12,32+33), der notwendig war, damit Menschen, die an Ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben. Die Erhöhung des Herrn Jesus am Kreuz ging damit einher, dass Gott Seinen Sohn sandte als Sühnung für unsere Sünden (1. Joh 4,10). Davon spricht der erhöhte Sohn des Menschen, es musste Sühnung geschehen, und das hat Er getan. Der Herr Jesus wurde, was die Verantwortung des Menschen angeht, durch die Hand der Menschen auf das Kreuz erhöht. Und doch war dieses Geschehen in allem der Ratschluss Gottes (Apg 4,27+28). Unser Heiland lässt das mit sich geschehen, um die Sühnung der Sünden zu bewirken. Am Kreuz begegnen sich die Bedürfnisse des Menschen, die gerechten Forderungen Gottes und die Liebe Gottes (Ps 85,11).
Die von Mose angefertigte kupferne Schlange, die da als Rettungsmittel an der Stange hing, war ein Abbild dessen, was unter ihnen gewütet hatte. Sie glich diesen vielen bösen und giftigen Schlangen zwar äußerlich, aber sie hatte nichts Böses in sich. Das ist genau das, was wir bei dem Herrn Jesus finden. Er ist in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde gekommen (Röm 8,3), aber Sünde ist nicht in Ihm (1. Joh 3,5), Er kannte keine Sünde (2. Kor 5,21), und Er tat keine Sünde (1. Pet 2,22). Er hatte zwar die Gestalt eines Menschen, aber Er war ohne Sünde – und als solcher ist Er gestorben. Der Heiland ist für solche gestorben, denen Er äußerlich glich und Er war trotzdem total anders, nämlich ohne Sünde. Was für eine Erniedrigung für unseren Herrn, dass Er sich so Menschen gleich gemacht hat!
Ewiges Leben
Das Ergebnis bei jedem Israeliten, der auf die kupferne Schlange blickte, war, dass er am Leben blieb. Das Resultat für jeden Menschen, der an den erhöhten Sohn des Menschen glaubt, ist aber noch weit mehr. Das Resultat ist nicht nur, dass er am Leben bleibt, sondern dass er ewiges Leben bekommt. Es ist nicht nur eine Rettung für dieses irdische Leben, sondern die höchste Segnung, die ein Mensch überhaupt bekommen kann. Das ewige Leben ist eine Folge der Offenbarung Gottes in Seinem Sohn, aber vor allen Dingen eine Folge Seines Sühnungstodes. Jeder, der jetzt von neuem geboren wird, ist mit Christus lebendig gemacht, mit dem, der am Kreuz erhöht war und gestorben ist, der begraben worden ist und der siegreich auferstand. Das ist für uns Gläubige die Neugeburt, und damit ist die Gabe des ewigen Lebens verbunden. Die Neugeburt hat jetzt in dieser Zeit der Gnade einen zusätzlichen Charakter bekommen, weil wir alles mit und in Christus haben, und damit ist die Gabe des ewigen Lebens verbunden.
Bei dem Begriff des ewigen Lebens müssen wir beachten, in welchem Zusammenhang er gebraucht wird, denn auch im Alten Testament ist schon vom ewigen Leben die Rede und von Leben bis in Ewigkeit (z.B. Dan 12,2; Ps 133,3). Das ewige Leben im Alten Testament müssen wir unter dem Gesichtspunkt der Erwartung der damals lebenden Gläubigen sehen: ihre Erwartung ging dabei nicht über die Zeit des 1000-jährigen Reiches hinaus.
Das ewige Leben im Neuen Testament erhält seinen Charakter dadurch, dass wir nicht nur den allein wahren Gott erkennen, sondern auch den, den Er gesandt hat, Jesus Christus (Joh 17,3). Gläubige vermögen durch den Glauben an den Herrn Jesus den Sohn des Vaters zu erkennen und damit auch Gott als Vater. Nur Kinder können jemanden Vater nennen, und so nahe sind wir zu Gott gebracht worden. In 1. Joh 5,20 wird das ewige Leben personifiziert in dem Sohn – Er ist das ewige Leben. Diese beiden Stellen sind die beiden wichtigsten Verse, die Antwort geben auf die Frage, was ewiges Leben im neutestamentlichen Sinn bedeutet. Kein Gläubiger des Alten Testaments kannte diese beiden Merkmale, sie kannten nicht das Leben in seiner ganzen Fülle, nicht das Leben in Überfluss (Joh 10,10). Im Himmel zu sein und den Sohn zu sehen, wie Er ist, in einer Atmosphäre, in der das Leben seine Heimat hat, wird die höchste Form des ewigen Lebens sein!
Es gibt auch Segnungen, die die Gläubigen des Alten Testaments und die des Neuen Testaments gemeinsam besitzen. Wenn wir an die 24 Ältesten in der Offenbarung denken (Off 4 + 5), dann stellen diese 24 Ältesten alle Gläubigen aller Zeiten bis zur Entrückung der Versammlung dar, und sie setzen sich zusammen aus 2 x 12 Ältesten, den Gläubigen des Alten Testaments und den Gläubigen der Gnadenzeit, die aber alle den gleichen Platz haben. Wenn aber dann in Off 19 die Hochzeit des Lammes stattfindet, dann gibt es diese 24 Ältesten nicht mehr, dann ist da einerseits die Braut (die Gläubigen der Gnadenzeit) und andererseits die Geladenen (die übrigen Gläubigen).
Es ist eine gewaltig große Segnung, ewiges Leben zu haben! 1. Joh 5,11+12 sagt, dass „Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in Seinem Sohn. Wer den Sohn hat, hat das Leben“. Wir haben den Sohn – eine gewaltige Aussage! Wenn Gott Seinen Sohn gibt, dann möchte Er Ihn in gewisser Hinsicht mit uns teilen. Wir haben Gemeinschaft mit dem Vater im Besitz dieses einzigartigen Sohnes. Das ist die Zielsetzung Seiner Liebe: Er möchte mit uns Seine Gedanken und Empfindungen über Seinen Sohn teilen. Es ist uns schon jetzt geschenkt, und wir freuen uns auf die Herrlichkeit, wenn wir das vollständig erleben und genießen werden.
Nur wer an den Sohn des Menschen glaubt, geht nicht verloren. Verloren gehen bedeutet, dass der Mensch als solcher bereits auf diesem Weg zum Verlorengehen ist. In 1. Kor 1,18 wird in der Gegenwartsform von denen gesprochen, die verloren gehen; das meint also nicht, dass diese Menschen einmal in späterer Zukunft verloren gehen werden, sondern sie sind schon geradewegs dabei, verloren zu gehen, sie sind schon auf diesem Weg. Sie lehnen das Kreuz ab, und sie sind schon auf dem Weg, verloren zu gehen. Wir wissen nicht, was das Verlorengehen in letzter Konsequenz alles miteinschließt; uns wird gesagt, dass diese Verlorenen einmal in den Feuersee geworfen werden (Off 20,15), aber was letztlich wirklich in seiner tiefen Bedeutung damit verbunden ist, können wir nicht sagen – aber es muss furchtbar sein, denn der Zorn Gottes bleibt auf ihnen (Vers 36)! Sie werden ewig getrennt sein von Gott.
Was Gott demjenigen gibt, der an den Sohn des Menschen glaubt, ist aber weitaus mehr, als nicht verloren zu gehen, es ist der ganze Reichtum Seiner Liebe. Das Werk des Herrn am Kreuz ist in seinen Ergebnissen und Wirkungen so groß und umfassend, dass Gott dem, der an dieses Werk des Sohnes glaubt, alles schenkt, sogar das Leben, das der Herr Jesus selbst ist (1. Joh 5,20). Das erhält jeder, der dem Herrn glaubend vertraut (Joh 5,24; 1. Tim 1,16c).
Vers 14, wo der Herr Jesus als Sohn des Menschen beschrieben wird, der erhöht werden muss, steht genau zwischen dem Himmlischen, von dem der Herr in Vers 13 spricht, und dem ewigen Leben von Vers 15. Es ist ein bewegender Gedanke, dass wir erst das vollkommene Wissen des Herrn Jesus über die himmlische Herrlichkeit finden; aber diese himmlische Herrlichkeit könnte nie mit einem Menschen geteilt werden, wenn Er nicht auf das Kreuz erhöht worden wäre. Und weil Er das getan hat, ist jetzt ewiges Leben die Folge für jeden, der daran glaubt; ewiges Leben, das uns in den Stand versetzt, die himmlischen Dinge zu genießen. Jetzt können durch dieses Werk vom Kreuz auch andere teilhaben an dieser Atmosphäre des Lichts und der Liebe.
„Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ (Vers 16)
Für Martin Luther war dieser Vers der kostbarste Vers der ganzen Bibel. Bruder Heijkoop hat oft gesagt, dass dieser Vers der bekannteste Vers der Bibel ist, dass er aber trotzdem am wenigsten wirklich erfasst und verstanden wird. Vielleicht haben wir alle die ganze Tiefe dieses Verses noch nicht recht verstanden. Deshalb wollen wir mit Gottes Hilfe Punkt für Punkt dieses Verses betrachten, er ist eine einmalige Anhäufung von nicht steigerungsfähigen Aussagen, bei denen es sich lohnt, sie im Einzelnen aufzuzählen und zu betonen, sie zeigen die Größe Gottes in diesem Vers:
- Gott hat die Welt geliebt: der größte Geber
- Gott hat die Welt geliebt: die größte Zielgruppe
- Gott hat die Welt geliebt: das größte Motiv
- dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab: das größte Geschenk
- dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab: die größte Tat
- damit jeder, der an Ihn glaubt: die größte Einladung
- damit jeder, der an Ihn glaubt: die größte Person
- damit jeder, der an Ihn glaubt: die größte Entscheidung
- nicht verloren gehe: die größte Befreiung
- sondern ewiges Leben habe: der größte Unterschied
- sondern ewiges Leben habe: der größte Besitz
- sondern ewiges Leben habe: die größte Gewissheit
Zuerst ist von Gott die Rede, nicht vom Vater. Gott als solcher hat die Welt geliebt. Seine Liebe richtete sich gegen die Menschen, aber wir lesen, dass Er die Welt geliebt hat – es meint die Menschen dieser Welt. Es ist ein Wunder ohnegleichen, dass Gott, der Allmächtige, die Welt geliebt hat, die Welt, die Ihn gehasst hat, die nie etwas von Ihm wollte. Diese Welt hat Gott geliebt. Die Schrift sagt nicht, dass Er das heute noch tut, aber Er hat die Welt geliebt und Seine Liebe gegenüber der Welt darin bewiesen, dass Er den geliebten Gegenstand Seines Herzens gegeben hat. Einen höheren Beweis Seiner Liebe konnte Er nicht geben. Er hat alles getan, um Seine Liebe zu verlorenen Menschen zu beweisen, und diese haben Seinen Sohn an das Kreuz geschlagen. Er hat Seine Liebe gegenüber der Welt so, auf diese Art und Weise, zum Ausdruck gebracht, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gegeben hat (2. Kor 5,19). Die Größe der Liebe Gottes zeigt sich in der Größe Seiner Gabe. Wenn wir wissen wollen, wie groß die Liebe Gottes ist, dann müssen wir den anschauen, den Er gegeben hat (1. Joh 4,19)! Gott kann diese Liebe nicht noch einmal erweisen, deshalb können wir heute nicht mehr sagen, dass Gott die Welt liebt.
Frage: Können wir sagen, dass Gott die Sünder liebt, aber die Sünde hasst?
Antwort: Nicht alle Fragen können mit einem Ja oder einem Nein beantwortet werden. Gott wendet sich den Einzelnen zu und geht ihnen nach – was ist das anderes als Liebe? Aber Gott drückt sich so nicht aus, dass Er den Sünder liebt, selbst in diesem Vers lesen wir, dass Gott die Welt geliebt hat, die Menschen dieser Welt. In 1. Joh 4,9 werden Gläubige rückblickend angesprochen, dass sie die Liebe Gottes erfahren haben. In Röm 5,8 wird die Liebe direkt mit Sündern verbunden, auch da wird es wieder rückblickend gesagt. Vielleicht können wir diese Frage so beantworten, dass sich die Liebe Gottes den Menschen zuwendet, und rückblickend verstehen wir, dass wir in dem Zustand von Sündern waren. Wir können rückblickend genauso wie der Apostel Paulus sagen: „Der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Aber weil der Sünder mit seiner Sünde verbunden ist, ist es wohl besser, nicht zu sagen, dass Gott Sünder liebt.
Unsere Gedanken werden bei diesem Vers nach 1. Mo 22 gelenkt, wo Abraham seinen Sohn Isaak opferte. Der Schreiber des Hebräer-Briefes sagt, dass er den Eingeborenen darbrachte (Heb 11,17). Bei dieser Begebenheit finden wir zum ersten Mal im Wort Gottes die Liebe erwähnt (1. Mo 22,2) – ein Vorbild für die Liebe des Vaters zum Sohn. Das zweite Mal haben wir die Liebe in 1. Mo 24,67 – die Liebe des Sohnes zu Seiner Braut, im Vorbild die Liebe des Herrn zu Seiner Versammlung. Das ist eine absolut erhabene Form der Liebe; Liebe, die tätig wird auf der Grundlage bestehender Beziehungen. Dass Gott die Menschen geliebt hat, als sie noch Seine Feinde waren, ist schon gewaltig groß, aber die Liebe des Herrn zu Seiner Versammlung übersteigt alle unsere Vorstellungen.
Abraham hatte zu der Zeit auch noch einen anderen Sohn, den Ismael, aber Isaak war der Sohn, den er mehr liebte, zu dem er eine besondere Beziehung hatte. Gott stellt also Seine Liebe zu der Welt dadurch unter Beweis, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab, den, der Er liebte, der in einer einmaligen Beziehung zu Ihm stand. Der Handelnde ist Gott, und Er handelt in Liebe, und Er beweist Seine Liebe in der Gabe Seines eingeborenen Sohnes. In dem Gleichnis von dem Weingärtner wird der Sohn als der eine geliebte Sohn beschrieben (Mk 12,6). Und wenn auch die lehrmäßige Auslegung von Jer 12,7 eine andere ist, so wird doch die dort benutzte Ausdrucksweise oft auf die Gabe Gottes in Seinem Sohn angewandt; Er hat den Gegenstand der Liebe Seines Herzens in die Hand Seiner Feinde gegeben. Die Tiefe dieser Liebe können wir nie ermessen, wir werden sie die ganze Ewigkeit hindurch bewundern und anbeten.
Wann hat Gott den eingeborenen Sohn gegeben? Wir Menschen können nur in Zeit und Raum denken, aber bei Gott gibt es keine Zeit. Der Ratschluss darüber war schon in der zurückliegenden Ewigkeit vorhanden, als das Lamm war der Herr Jesus zuvor erkannt vor Grundlegung der Welt (1. Pet 1,20). Gott hatte die ganze vergangene Ewigkeit immer diese Tatsache vor sich, dass Er einmal in der Fülle der Zeit (Gal 4,4) den Sohn senden würde.
Gott hat die Welt geliebt. Er hatte die Welt geschaffen durch den Sohn, und die Menschen haben sich gegen Ihn gestellt – und doch hat Gott die Welt geliebt. Das zeigt uns, dass die Liebe Gottes keinen Anlass von außen braucht. Es war nicht der geringste Anlass in der Welt vorhanden, dass Gott irgendeine Erweisung von Liebe den Menschen gegenüber geben konnte. Zweimal wird uns im Wort Gottes gesagt, dass Gott Liebe ist (1. Joh 4,8+16), im Gegensatz zu der Aussage, dass Gott Licht ist, die wir nur einmal finden (1. Joh 1,5). Wenn etwas zweimal in Gottes Wort gesagt wird, ist das zweite Mal immer eine deutliche Bestätigung der Bedeutung dieser Aussage.
Diese Liebe Gottes ist bis zu dem Zeitpunkt der Gabe Seines eingeborenen Sohnes immer nur stückweise sichtbar geworden; aber jetzt wird diese Liebe, die immer im Herzen Gottes war, in ihrem vollen Umfang sichtbar. Gott offenbart in der Gabe dessen, der einzigartig in Seiner Beziehung zu Ihm ist, was immer in Seinem Herzen gewesen ist. Dieses Geben umfasst nicht nur das Kommen des Herrn Jesus auf diese Erde, sondern es schließt auch das Kreuz von Golgatha mit ein. Und dieses Geben hat das Ziel, dass Menschen ewiges Leben bekommen können. Aber dieser Vers zeigt jetzt auch zum ersten Mal, dass auf Seiten des Menschen etwas nötig ist, damit diese Gabe Gottes bei ihm persönlich das Ziel erreicht: der Glaube an den eingeborenen Sohn Gottes.
Wenn es um den eingeborenen Sohn geht, dann wird eine Herrlichkeit des Herrn Jesus in Seiner Gottheit ausgedrückt; wenn es um den ähnlich klingenden Ausdruck des erstgeborenen Sohnes geht, wird eine Herrlichkeit in Seiner Menschheit vorgestellt. Wenn es um das irdische Volk geht, kam Christus in das Seine und wurde verworfen und abgelehnt; wenn es um das Heil der ganzen Welt geht, kam der Sohn des Menschen und wurde auf das Kreuz erhöht; wenn es um die Liebe Gottes geht, die sich völlig losgelöst von den Bedürfnissen des Menschen offenbart, kam der eingeborene Sohn.
Vers 15 und der zweite Teil von Vers 16 haben den gleichen Wortlaut, aber die jeweilige Einleitung zu dieser Wiederholung ist unterschiedlich. Vers 14 als Einleitung zu Vers 15 zeigt die Notwendigkeit auf Seiten des Menschen, deshalb haben wir dort auch dieses Muss. Der erste Teil von Vers 16 dagegen zeigt uns die Seite Gottes, Seine Liebe; deshalb haben wir hier auch kein Muss, sondern eine zweimalige Tatsache: Gott hat geliebt, und Gott hat den eingeborenen Sohn gegeben; es geht um die Motivation Seines eigenen Herzens. Bei diesem Vers geht es auch nicht mehr wie bei der neuen Geburt um das Bedürfnis, das wir hatten, sondern wie Gott das, was in Seinem Herzen ist, in seiner ganzen Fülle offenbart. Er gibt nicht nur nach dem, was wir nötig haben, sondern Er gibt nach dem, was Er selbst ist. Im ersten Teil von Vers 16 finden wir die Seite der Sühnung, im zweiten Teil die Seite der Stellvertretung.
In 5. Mo 4,37 lesen wir zum ersten Mal im Alten Testament von der Liebe Gottes zu Menschen, da ist es die Liebe Gottes zu Seinem irdischen Volk (auch 5. Mo 33,3). Mit dieser Tatsache, dass Gott Sein irdisches Volk geliebt hatte, war Nikodemus vertraut, aber dass Er die ganze Welt geliebt hat, das musste für ihn ein völlig neuer Gedanke sein. Auch wir dürfen uns immer wieder neu von dieser Liebe Gottes zu allen Menschen beeindrucken lassen, und von der einzigartigen Weise, wie Er diese Liebe offenbart hat!
Eine gesunde Evangeliums-Verkündigung und auch ein ausgewogenes persönliches Zeugnis ungläubigen Menschen gegenüber kann nicht allein auf Vers 16 gegründet werden, sondern die Verse 14+15 gehören unbedingt auch dazu. Diese drei Verse zeigen die beiden Seiten eines soliden evangelistischen Dienstes: einerseits müssen die Bedürfnisse des Menschen angesprochen werden, andererseits muss aber auch der Reichtum der Liebe Gottes vorgestellt werden. Beides muss berücksichtigt und vor die Seelen gebracht werden.
Dreimal finden wir in diesen Versen die Worte: wer an Ihn glaubt (Vers 15,16+18). Gott hat alles getan, aber es liegt an uns, dass wir es auch annehmen (Röm 3,22). Wir glauben an den, der alles gegeben hat, und wir glauben an den, der alles getan hat! „Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe“ (2. Kor 9,15), den Er auch für mich gegeben und am Kreuz zur Sünde gemacht hat! Sind wir dankbar dafür, dass wir das im Glauben annehmen durften?
„Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn errettet werde.“ (Vers 17)
Dieser Vers zeigt uns den Charakter der Offenbarung Gottes im Sohn: Er will retten und nicht richten. Wenn wir das vor dem Hintergrund der 4000 Jahre Menschheitsgeschichte sehen, in denen Gott in den verschiedenen Haushaltungen alle Wege mit dem Menschen versucht hatte und der Mensch sich auf jede erdenkliche Weise dagegen verderbt hatte, dann hätte es nach unseren Maßstäben jetzt nur noch eine Möglichkeit gegeben: dass Er Seinen Sohn sendet, um die Welt zu richten. Vor diesem Hintergrund leuchtet dieser Satz umso heller, dass die Welt nicht gerichtet sondern durch den Sohn errettet werden sollte. Das Ziel Gottes, als Er Seinen Sohn in die Welt gesandt hatte, war nicht, den Menschen zu verurteilen, sondern die Liebe Gottes wollte den Menschen retten. Der Sohn ist nicht als Richter, sondern als Retter gesandt worden für jeden, der dieses Angebot der Liebe und der Gnade Gottes annimmt. Der Herr Jesus sagt das auch von sich selbst in Joh 12,47. Gott war versöhnend in Christus in der Welt (2. Kor 5,19). Die Sendung des Sohnes beschränkt sich auch in diesem Vers wieder nicht auf ein einzelnes Volk, sondern ist auf die ganze Welt, alle Menschen dieser Welt, gerichtet. So groß ist die Liebe Gottes.
Im Gegensatz zu Vers 16 wird hier nicht betont, dass Gott Seinen Sohn gegeben hat, sondern hier heißt es, dass Er Ihn gesandt hat. Beides ist natürlich wahr und widerspricht sich überhaupt nicht. Genauso ist auch wahr, dass der Herr Jesus selbst gekommen ist, das zeigt Seine Freiwilligkeit. Und selbst wenn diese Seite Seines freiwilligen Kommens vor uns steht, bezeugt der Herr Jesus häufig selbst, dass Er dabei nie Seinen eigenen Willen tat, sondern den Willen dessen, der Ihn gesandt hatte (Joh 6,38). Sein Wille war vollkommen eins mit dem Willen des Vaters. Als Mensch war Er – obwohl offenbarter Sohn Gottes – vollkommen dem Willen des Vaters unterworfen.
Aber hier steht eine andere Seite vor uns, die genauso wahr ist, nämlich dass Gott Seinen Sohn gesandt hat. Mit einer Aussendung ist eine ganz bestimmte Absicht verbunden. Hier steht die Seite vor uns, dass Gott Ihn in die Welt gesandt hat, nicht um die Welt zu richten. Der Herr Jesus ist Richter, und Er wird auch einmal die Welt richten, aber als Er damals von Gott gesandt wurde, geschah das nicht, um die Welt zu richten, „sondern damit die Welt durch ihn errettet werde“. Gott hat Ihn gesandt als Heiland oder Retter der Welt (1. Joh 4,14). Gott hat in der Sendung Seines Sohnes Seine Gnade offenbart, und das stellt den Menschen vor eine Entscheidung. Gottes Ziel war immer, den Menschen zu retten (Tit 3,4; 1. Tim 1,15+16), aber Er fordert eine Entscheidung von dem Menschen. Deswegen kann das Ergebnis Gericht sein für den, der dieses Gnadenangebot nicht annimmt. Das Angebot Gott geht uneingeschränkt an die ganze Welt; wenn aber letztlich doch nicht all errettet werden, liegt das nicht an Gott, sondern an dem Menschen, der das Angebot nicht annehmen will.
Dieser Vers darf nicht falsch ausgelegt werden in dem Sinn, dass alle Menschen errettet werden. Hier wird eine Absicht ausgedrückt. Es war die wunderbare Gnadenabsicht Gottes, als Er Seinen Sohn sandte, die Welt zu retten, aber das bedeutet nicht, dass alle Menschen gerettet werden. Gott ist ein Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden (1. Tim 2,4), und das Werk des Herrn Jesus ist groß genug, dass auch alle Menschen gerettet werden könnten, aber es machen nicht alle Gebrauch von diesem Angebot der Liebe Gottes.
Gott wird Seinen Sohn noch einmal senden zur Aufrichtung des 1000-jährigen Reiches (Apg 3,20), Er wird den Erstgeborenen wiederum in den Erdkreis einführen (Heb 1,6). Aber bei der Entrückung Seiner Versammlung lesen wir nicht, dass Gott den Sohn senden wird, da kommt der Sohn selbst (Joh 14,3; 1. Thes 4,16).
„Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.“ (Vers 18)
In diesem Vers geht es um die Verantwortung des Menschen, wie er auf diese Offenbarung Gottes im Sohn reagiert, was er persönlich damit macht. Zweimal in diesem Vers wird es so ausgedrückt, dass an Ihn geglaubt werden muss. Das ist ein Beweis dafür, dass es um eine göttliche Person geht, an die geglaubt wird. Es ist ein Unterschied, jemandem zu glauben, oder an jemanden zu glauben. Im ersten Fall glaubt man den Worten einer Person, hält für wahr, was diese Person sagt; im zweiten Fall hat man diese Person selbst zum Gegenstand des Glaubens (vgl. Joh 14,11+12) – und das kann nur bei göttlichen Personen gesagt werden.
Wenn es heißt an den Namen zu glauben, dann ist darunter immer die volle Offenbarung, die ganze Herrlichkeit und Fülle der Person zu verstehen, die gemeint ist. Der Name zeigt, wer man ist. Hier geht es also um die ganze Fülle und Herrlichkeit der Person des eingeborenen Sohnes Gottes. Nur Johannes benutzt diesen Titel des Herrn Jesus und auch nur fünf Mal in seinen Schriften (Joh 1,14+18; 3,16+18; 1. Joh 4,9). Hier in Vers 18 gebraucht er den vollständigen Titel als eingeborener Sohn Gottes. In diesem Eingeborenen ist Gott vollkommen offenbart, es kann keine größere Offenbarung Gottes geben! Wer diese größte Offenbarung Gottes ablehnt, für den kann es nur Gericht geben. Der Prüfstein ist diese einzigartige Person – an ihr entscheidet sich alles. Wissen wir eigentlich, an wen wir geglaubt haben? Möchten wir uns mehr und mehr mit der Person beschäftigen, die Gott uns hier vorstellt! Gott möchte, dass wir dahin kommen, zu verstehen, wer es ist, der unser Retter geworden ist.
Es heißt nicht: „wer an ihn glaubt, wird nicht verdammt werden“, sondern: „wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet“. Das geht weiter. Wer an den Herrn Jesus glaubt, wird gar nicht erst Gegenstand eines Gerichtes, wo er dann nicht verurteilt sondern freigesprochen würde, sondern er kommt gar nicht erst in solch ein Gericht.
Wenn es auch das erste Ziel Gottes in der Sendung Seines Sohnes war, zu retten und nicht zu richten, so ist der Herr Jesus sehr wohl Richter, und jeder, der Ihn nicht im Glauben annimmt, wird einmal unter Sein Gericht kommen. Es ist auffallend, wie das hier ausgedrückt wird. Man würde eigentlich erwarten, dass der Satz als Gegensatz zum ersten Satz so lauten würde: „wer aber nicht glaubt, wird gerichtet“. Es heißt aber, dass ein solcher schon gerichtet ist. Das Urteil ist schon gefallen. Wer das Reden Gottes im Sohn nicht annimmt, steht unter diesem Urteil Gottes.
Einen anderen Blickwinkel des Gerichtes sehen wir in Joh 5,24, wo gesagt wird, dass der, der hört und glaubt, ewiges Leben hat und nicht ins Gericht kommt, er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen. An dieser Stelle wird das Gericht noch als zukünftig betrachtet. Die Ausübung des Gerichtes ist eine Bestrafung der Sünde. In ein solches Gericht kommt niemand, der an den Herrn Jesus geglaubt hat. Hier in Vers 18 ist haben wir den Blickwinkel, dass das Urteil Gottes über einen solchen bereits gesprochen aber noch nicht ausgeführt ist. Wir müssen diese verschiedenen Blickwinkel, ob es um das Urteil Gottes oder um die Ausführung des Gerichts als Strafe geht, beachten.
Das bedeutet aber nicht, dass es bei Gott eine Vorbestimmung zum Verderben gibt. Die Begründung für dieses Urteil wird nämlich sofort angefügt: er hat nicht geglaubt. Es geht hier ganz klar um die Verantwortung des Menschen und überhaupt nicht um das Thema der souveränen Auserwählung Gottes. Wenn ein verantwortlicher Mensch nicht glaubt, weil er nicht glauben will, ist er schon gerichtet, denn dadurch wird sein Zustand offenbar. Wer nicht glaubt, beweist seinen Zustand als Sünder, und als solcher ist er unter dem Gericht Gottes. Es geht niemand verloren, weil er nicht auserwählt war, sondern weil er den Sohn Gottes abgelehnt hat (Joh 12,48)! Wer den Retter verwirft, ist dem Richter ganz nah.
Dieser Vers zeigt auch, dass man nicht auf den Gerichtstag zu warten braucht, um zu erkennen, ob man in den Himmel oder in die Hölle kommt. Viele Menschen leben ja mit der Hoffnung, dass die in ihren Augen guten Werke, die sie getan haben, irgendwie schon ausreichen würden, um dann doch noch in den Himmel zu kommen. Aber es ist hier auf der Erde im Leben jedes Menschen schon klar, welches Ziel er erreichen wird. Entscheidend ist nicht das gegeneinander Aufrechnen von guten und schlechten Taten, entscheidend ist allein der Glaube an den Herrn Jesus.
Licht und Finsternis
„Dies aber ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Denn jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht bloßgestellt werden…“ (Vers 19+20)
Hier wird jetzt nicht die Ausübung des Gerichtes selbst vorgestellt, sondern der Grund dafür, dass das Gericht einmal stattfinden wird. Das in die Welt gekommene Licht (Joh 1,4+9) ist der Scheidepunkt für das Gericht der Menschen. Der ganze moralische Zustand des Menschen wird darin offenbar, dass er nichts mit dem Licht zu tun haben will. Niemand wird sagen können, dass er nichts davon gewusst habe, denn dieses Licht ist für jeden Menschen vollkommen sichtbar geworden und stellt jeden Menschen auf die Probe. In diesem Sinn ist der Herr Jesus zum Gericht in diese Welt gekommen (Joh 9,39); wer sich gegen Ihn entscheidet, bleibt unter dem Urteil. Gott ließ durch Seinen Sohn das Licht in die Welt scheinen, und die Menschen haben diese Offenbarung abgelehnt – deshalb stehen sie jetzt unter diesem Urteil und werden deswegen einmal gerichtet werden.
Das Licht ist in die Welt gekommen, und dieses Licht hat alles klar ans Licht gestellt: wer Gott ist, dass Er ein Gott der Liebe ist und die Menschen retten will; es hat auch gezeigt, dass diese Rettung nötig ist, weil es gezeigt hat, was der Mensch ist, nämlich ein Sünder; es hat auch gezeigt, dass ein Erlöser da ist, der Sohn Gottes, der sich selbst gegeben hat. Und dieses Licht scheint seit dem Kommen des Herrn in die Welt – und die traurige Tatsache ist, dass die Menschen dieses Licht nicht wollen. Obwohl es ein Licht ist, das die Menschen zu Gott bringen möchte, das die Liebe Gottes zeigt, wollen sie es nicht. Warum nicht? Weil ihre Werke böse sind. Der Mensch will nicht zum Licht kommen, er möchte nicht in dieses Licht gestellt werden, weil er böse Werke getan hat. Er möchte in der Finsternis bleiben – wie traurig!
2000 Jahre ist es her, dass der Heiland als das Licht in die Welt kam, seit dieser Zeit wird das Licht beständig verachtet. Das ist nicht nur auf die Zeit beschränkt, als der Herr hier auf der Erde war; auch bis heute wird in der Ablehnung des Zeugnisses des Evangeliums das Licht verachtet. Heute ist der Herr Jesus nicht hier als das Licht gegenwärtig, wie es damals war, aber das Evangelium leuchtet heute noch. 2000 Jahre sind vergangen, aber die Menschen hassen das Licht immer noch. Sie hassen das Licht des Evangeliums und damit auch die Person dessen, von dem es redet.
Wir sehen in diesem Vers auch, dass sich das Gericht nicht nur auf die Ablehnung des Lichtes bezieht, sondern dass auch die Werke der Menschen hinzugezogen werden. Diese Werke sind böse, sie kommen aus einer Natur, aus der nichts Gutes hervorkommen kann. Sie mögen in den Augen der Menschen anständig und wohltuend und sozial sein, aber in den Augen Gottes sind sie böse. Sie bestätigen, dass die Menschen, die nicht zu dem Licht kommen wollen, Sünder sind und sündige Werke tun und keine Buße tun wollen.
Der Mensch von Natur ist nicht nur in der Finsternis, er ist auch selbst Finsternis; das wird auch von uns in unserem früheren Zustand gesagt (Eph 5,8). Wenn ein Mensch den Schritt in das Licht getan hat, zu ihm gekommen ist, dann ist er im Licht, und auch selbst Licht geworden. Und nachdem wir einmal in das Licht gekommen sind, können wir nie mehr in den Zustand vor unserer Bekehrung zurückfallen und in der Finsternis wandeln. Dieser Stellungswechsel kann nie rückgängig gemacht werden. Wir sind nicht mehr in der Finsternis und auch nicht mehr von der Finsternis (1. Thes 5,4+5). Es ist eine andere Sache, ob wir immer in Übereinstimmung mit dem Licht wandeln. Wir wollen uns immer bewusst machen, dass ein Gläubiger, welcher sündigt, mitten im Licht sündigt – und das gibt der Sünde eines Gläubigen einen so ernsten Charakter.
Wir haben uns schon daran erinnert, dass Gott Licht ist (1. Joh 1,5), Licht ist das Wesen Gottes. Dagegen ist Finsternis das Kennzeichen des Teufels. Im physikalischen Sinn bedeutet Finsternis die Abwesenheit von Licht, doch wenn es um die moralische Bedeutung geht, dann bedeutet Finsternis die Anwesenheit von Bösem, bewusste und gewollte Trennung und Ferne von Gott. Die moralische Finsternis dieser Welt ohne eine Kenntnis von Gott liegt unter der Herrschaft des Teufels (Eph 6,12), der die Menschen in diesem Zustand halten will. Um uns aus dieser Gewalt der Finsternis (Kol 1,13) zu befreien, musste unser Herr sich gerade dieser Gewalt der Finsternis ausliefern (Lk 22,58).
„…wer aber die Wahrheit tut, kommt zu dem Licht, damit seine Werke offenbar werden, dass sie in Gott gewirkt sind.“ (Vers 21)
Die Tatsache, dass das Licht leuchtet, bringt ein doppeltes Ergebnis hervor: für solche die Böses tun, bedeutet es Ärger, sie fliehen vor dem Licht; sie wissen genau, dass das Licht in sittlicher Weise ihren Zustand offenbar macht, deshalb hassen sie das Licht. Aber es gibt auch solche, die die Wahrheit tun, und die kommen zu dem Licht. Sie scheuen das Licht nicht, sie kommen mit Freuden in das Licht. Es macht offenbar, dass ihre Werke nicht von Menschen kommen, sondern in Gott gewirkt sind. Wollen wir nicht mit dem tiefen Wunsch von dieser Betrachtung nach Hause gehen, dass wir die Wahrheit tun möchten, dass Sein Licht noch durch uns offenbart wird?