Das einzigartige Gebet

„Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir …  seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden. Dies redete Jesus und erhob seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen; verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche“ (Joh 16,32–17,1).

Einsam und unverstanden ging der Herr Jesus über diese Erde. Je näher Er dem Kreuz kam, desto einsamer wurde Er. Wie muss es Ihn geschmerzt haben, zu wissen, dass auch seine engsten Vertrauten Ihn nur wenige Stunden vor seiner Kreuzigung verlassen würden. Doch gleichzeitig ruhte Er in dem festen Vertrauen, dass sein Vater immer bei Ihm war. Weil Er Ihm in permanenter Hingabe diente, hatte Er auch das tiefe Bewusstsein seiner Gegenwart (vgl. Joh 8,29).

Zweimal wird im Blick auf Abraham und Isaak gesagt: „Sie gingen beide miteinander“ (1. Mo 22,6.8). David sagt in Psalm 23,4: „Auch wenn ich wanderte im Tal des Todesschattens, fürchte ich nichts Übles, denn du bist bei mir.“ Mit diesem Vertrauen blickt der Sohn Gottes hier zum Himmel auf und betet.

Was können wir aus diesem erhabenen und einzigartigen Gebet Jesu für unser Gebetsleben lernen? Dazu nur ein paar kurze Punkte:

  • Der Sohn Gottes machte die Verherrlichung des Vaters zu seinem ersten Gebetsanliegen. Er bittet um seine eigene Verherrlichung, damit Er den Vater vom Himmel aus verherrlichen kann. Wie würde Er das tun? Indem Er denen, die an Ihn glauben, ewiges Leben schenkt. Dadurch wird Christus, der selbst das ewige Leben ist, in denen gesehen, die das ewige Leben „ausleben“. Sie zeigen etwas von Ihm, und das verherrlicht den Vater.
  • Der Herr Jesus sprach im Gebet über Tatsachen. Er redete von dem Willen des Vaters und von dem, was Er selbst und was seine Jünger getan hatten. Das dürfen wir auch tun. Wir müssen nicht denken: Weil Gott sowieso alles weiß, brauchen wir Ihm die Dinge nicht mehr zu sagen. Wir können Ihm danken, unsere Bitten vor Ihn bringen und mit Ihm über die Dinge reden, die uns beschäftigen.
  • Sechsmal spricht Er Gott in diesem Gebet als Vater an. Einmal nennt Er Ihn „heiliger Vater“ und einmal „gerechter Vater“. Gott ist Vater von Ewigkeit her – eine Herrlichkeit, die erst durch das Kommen des Sohnes Gottes voll geoffenbart wurde. Der Sohn lebte im beständigen Genuss dieser Beziehung und drückt sie auch im Gebet aus. Darüber hinaus nennt Er Attribute des Vaters, die mit seinen Gebetsinhalten in Verbindung stehen. Wir dürfen in unseren Gebeten Gott so anreden, wie Er sich geoffenbart hat und wie es unseren konkreten Gebetsanliegen entspricht. Weil wir Kinder und Söhne Gottes sind, dürfen wir unseren Schöpfer als Vater anreden – ja, sogar „Abba, Vater“ sagen (Röm 8,14)! Wenn wir das Bedürfnis seiner Gnade empfinden, können wir uns an Ihn als den Gott aller Gnade wenden (1. Pet 5,10). Wenn wir und andere Trost benötigen, haben wir in Ihm den Gott allen Trostes (2. Kor 1,3). Wenn wir vor scheinbar unlösbaren Problemen stehen, kennen wir den Allmächtigen, für den kein Ding unmöglich ist.
  • Er bittet für seine Jünger um Bewahrung, um Einheit und um Heiligung, damit sie seine Freude in sich haben und die Liebe des Vaters genießen.

In diesem Gebet finden wir auch die einzige Stelle im Wort Gottes, wo der Sohn, der sich immer dem Willen des Vaters unterordnete, zu Ihm sagt: „Ich will.“ Der hebräische Knecht sagte zu seinem Herrn: „Ich will nicht frei ausgehen“ (2. Mo 21,5). In Gethsemane betete der Herr: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Mt 26,39). Wenn es aber um diejenigen geht, die Er erkauft hat, sagt Er ausdrücklich, dass Er will, dass sie bei Ihm sind, damit sie Seine Herrlichkeit sehen (Joh 17,24).

Können wir auch in einsamen Stunden mit Frieden im Herzen sagen: „Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir“? Stützen wir uns im Vertrauen auf die Zusagen Gottes, der sagt: „Siehe ich bin bei euch alle Tage … Ich will dich nicht verlassen und dich nicht versäumen“ (Mt 28,20; Heb 13,5)? Ist es unser Gebet, dass sich das ewige Leben in unserem täglichen Leben zeigt, damit der Vater dadurch verherrlicht wird?