“Ich lebe durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat” (Gal 2,20).

Bei dem Auszug Israels aus Ägypten hatte der Herr in Bezug auf das Passah und die damit verbundenene Erinnerung geboten: „Gedenkt dieses Tages, … und es soll nichts Gesäuertes gegessen werden. … Wenn der Herr dich bringt in das Land der Kanaaniter … ein Land, das von Milch und Honig fließt, so sollst du diesen Dienst in diesem Monat halten. Sieben Tage sollst du Ungesäuertes essen, und am siebten Tage ist ein Fest dem Herrn. Die sieben Tage soll Ungesäuertes gegessen werden; und nicht soll Gesäuertes bei dir gesehen werden, noch soll Sauerteig bei dir gesehen werden in allen deinen Grenzen” (2. Mo 13,3–7). Ungesäuertes Brot und das Passahfest waren also eng miteinander verbunden.

Sauerteig ist in sich selbst Verfall und überall in der Schrift ein Bild von Verderben. Der Christ wird daher ermahnt: „Unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit” (1. Kor 5,7–8). So wie das ungesäuerte Brot zu dem Passahfest gehörte, gehört Heiligkeit zu der liebenden Erinnerung an den Tod Christi. Mag auch unser persönliches Verständnis über seine Leiden und die Ergebnisse davon noch so unterschiedlich sein, kann doch niemand aufrichtig Festfeier halten und zur gleichen Zeit Ungerechtigkeit in seinem Herzen dulden.

Der alte Sauerteig der groben Sünden aus der Zeit, als wir noch nicht bekehrt waren und die subtilere Sünder der Bosheit und Schlechtigkeit, die sich auch im Leben des Christen einschleicht, muss aus dem Herzen ausgefegt werden, so wie die Juden den Sauerteig aus ihren Häusern ausfegten. Sie suchten in allen Ecken danach, und so sollen auch wir, geistlich gesprochen, uns selbst untersuchen und prüfen, denn „ein wenig Sauerteig durchsäuert die ganze Masse.” (1. Kor 5,6). Das Böse ist ein um sich greifendes Prinzip, das fortwährend verdirbt; und ob es in mir selbst ist oder in unseren gegenseitigen Verbindungen als Christen, wenn dem Bösen gestattet wird zu bleiben, wird es die ganze Verbindung verderben. Ein fauler Fleck an einem Apfel wird den ganzen Apfel verderben, und so verbreitet sich auch das Böse durch das, was gesund ist, bis das Ganze verdorben ist. Gesundung kommt nicht dadurch, dass Faules gesund gemacht wird, sondern indem das Faule hinausgetan wird, und wir sind aufgefordert, das Böse auszufegen.

Sauerteig ist schnell gefunden und weggeworfen, aber um das richtig zu behandeln, wovon der Sauerteig ein Bild ist, braucht es geistliches Urteilsvermögen, ein aufrichtiges Herz für Gott und heiligen Eifer, er um jeden Preis den Namen Gottes an erste Stelle stellt. Schränke und Ecken nach Sauerteig zu durchsuchen, oder äußerliche Reinigung sind Arbeiten, die jeder tun kann. Aber zu wenige sind bereit, sich selbst zu untersuchen und ihre eigenen Herzen im Licht des Wortes Gottes zu prüfen.

Die Wegbegleiter des Fests sind Lauterkeit und Wahrheit. Und wenn wir darauf achten, diese zu haben, wird es nicht schwierig sein, mit dem Bösen zu handeln. Außerdem ist die Beschäftigung mit dem Guten die beste Vorbereitung, dem Bösen zu begegnen. Falsches im Herzen dessen, der das heilige Fest des Gedächtnisses an den Tod Christi hält, ist Sauerteig. Wenn das Herz aufrichtig ist, werden die Motive umso reiner erscheinen, je mehr das Licht darauf scheint. Wir können keine Sündlosigkeit erreichen, aber wir können Lauterkeit erreichen und vor Gott und Menschen ehrlich sein. Wenn die Lauterkeit da ist, kann die Wahrheit nicht weit sein. Wahrheit reicht hinab bis in die Tiefen des menschlichen Seins, und Wahrheit und die Liebe zur Wahrheit können nicht getrennt werden. Wir können Gott nicht betrügen, aber wir betrügen vielleicht einander; und wenn wir die beiden Begleiter Lauterkeit und Wahrheit vergessen, können wir das Fest des Gedächtnisses an den Tod Christi nicht in gegenseitiger Liebe halten, so wie Israel nicht das Passahfest halten konnte ohne an dem ungesäuerten Brot teilzunehmen, wie es von dem Herrn vorgeschrieben war.

Wir wollen auch bedenken, dass wir dieses Fest beständig halten. Wir beschränken es nicht auf den Moment wo wir an den Zeichen des Todes Christi teilnehmen, oder auf die Stunde des Brotbrechens. Israels Fest der ungesäuerten Brote dauerte sieben Tage, als sollten wir dadurch belehrt werden, dass wir die volle Woche unseres Lebens auf der Erde unsere Festfeier halten sollten mit Lauterkeit und Wahrheit.

Im Zusammenhang mit dem Passah in Gilgal wird von ungesäuerten Broten gesprochen, die aus dem Getreide des Landes gemacht waren. Das war etwas völlig Neues in der Geschichte Israels, denn bevor sie nicht in Kanaan waren, konnten sie nicht an der Ernte des Landes teilhaben. Sie waren zur Zeit der Ernte nach Kanaan gekommen (Jos 3,15), und der Herr gab ihnen am Fest der ungesäuerten Brote die Speise Kanaans – im Feuer gebackene Brote und geröstete Körner.

Das Korn (manche übersetzen: „das alte Korn”) des Landes war das Erzeugnis Kanaans, die Frucht der gerade gereiften Ernte, nicht unbedingt altes Korn aus einer früheren Ernte. Für den Tag nachdem dem Herrn die Erstlingsgarbe dargebracht würde (3. Mo 23,9–14), wurde ihnen diese Speise verheißen: „Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch gebe, und ihr seine Ernte erntet …” – eine Ernte, die sie weder gepflügt noch gesät hatten, und die ein schönes Bild unserer Auferstehungssegnungen ist – „… Brot und geröstete Körner und Gartenkorn sollt ihr nicht essen bis zu diesem selbigen Tage, bis ihr die Opfergabe eures Gottes gebracht habt.“ Die Erstlingsgarbe musste vor dem Herrn gewebt werden, erst dann bekamen sie die Ernte. Davon lernen wir, dass wir uns erst dann von unserer Ernte der Segnungen in dem auferstandenen Christus ernähren können, wenn Christus selbst die Vorrangstellung in unseren Gedanken hat. Die göttliche Ordnung lautet: Zuerst Christus, dann die Früchte der Ernte für uns selbst, und wenn unsere Segnungen das Erste werden, womit unsere Herzen beschäftigt sind, und Christus erst an zweiter Stelle kommt, dann führt das zur Selbstsucht und Schwachheit des Geistes. Lasst uns das nicht vergessen, denn manche sind so mit ihren Segnungen beschäftigt, dass sie Christus, von dem diese Segnungen kommen, vernachlässigen.

 “Was du säst, wird nicht lebendig, es sei denn, es stirbt” (1. Kor 15,36). Und das Korn des Landes, das Israel aß, spricht uns von dem aus den Toten auferstandenen Christus und von der ganzen Ernte der himmlischen Segnungen in ihm, die durch Gnade unser Teil sind. Die Anordnung der vorliegenden Verse zeigt uns im Vorbild, wie Gott unseren Herzen Christus vorstellt, und wie er den Tod und die Auferstehung seines Sohnes verbunden hat, zu unserer Speise. Zuerst kam das Passah, am nächsten Tag kam das Fest der ungesäuerten Brote, und am dritten Tag, dem Tag nach dem Sabbat, das Fest der Erstlingsgarbe. In den Festen des Herrn werden uns als erstes jene vorgestellt, die von Ruhe durch das Blut des Lammes, von Heiligkeit, die seinem Haus auf immerdar geziemt, und von der Auferstehung Christi sprechen.

Wir sind von Gott in die Fülle der christlichen Segnungen in Christus eingeführt – jenseits des Jordan – im Land – Gottes freies Eigentumsvolk – und was steht vor uns? Christus selbst, die Speise seines Volkes – Christus selbst, auferstanden aus den Toten! Lasst uns ihn deshalb immer vor unseren Herzen behalten, uns von ihm nähren, an ihn denken in seiner Liebe bis zum Tod, den wir jetzt als den Lebendigen kennen, der nie mehr stirbt. Lasst uns nicht vergessen, dass Sauerteig nie mit Christus, der Speise für die Zuneigungen der Gläubigen, vermischt werden kann, und dass Heiligkeit und Wahrheit nicht von der Gemeinschaft mit Christus getrennt werden können.

Sich von Christus selbst zu nähren ist eine persönliche Sache. Keiner kann das für einen anderen tun. Wir können von anderen etwas über Christus lernen, aber nähren müssen wir uns selbst von ihm. Und in dem Maße wie wir Gemeinschaft mit ihm haben, gewinnen unsere Herzen an wahrer Kraft. Unsere geistliche Stärke für ihn in dieser Welt wird unserem Appetit an Christus selbst entsprechen. Es bedarf keiner außergewöhnlichen Weisheit, um unsere Herzen mit Christus zu beschäftigen. Die kleinen Kinder aßen genauso das Korn des Landes wie die Soldaten. Es ist nicht Kenntnis sondern Liebe, die einen gesunden geistlichen Herzenszustand bewirkt.