Josua 8,30–35

„Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet'' (1. Joh 2,5).

Jericho und Ai repräsentieren die Welt, ihre Eroberung durch Josua den Sieg Christi und sein Reich, und der Sturz ihrer Könige den endgültigen Sieg über die Macht Satans. Der Sieg unseres Josua ist vollkommen, und bald wird die Zeit kommen, wenn die Sonne dieses Tages der Auflehnung gegen den Herrn untergehen und das Ende des Gottes dieser Welt gekommen sein wird. Dann wird der auferstandene, einst gekreuzigte Jesus den Weltbeherrscher dieser Finsternis von seinem Thron stoßen, alle Feinde unterwerfen und alles unter seine Herrschaft der Gerechtigkeit bringen. Nachdem das vollbracht sein wird, wird die Erkenntnis des Herrn die Erde erfüllen wie das Wasser das Meer und sein Wort wird dort aufgerichtet werden, wo es verachtet war.

Nach dem Bericht über das Ende des Königs von Ai folgt das große Ereignis, dass das Land unter das Gesetz des Herrn gestellt wird. „Damals baute Josua dem Herrn, dem Gott Israels, einen Altar auf dem Berg Ebal, so wie Mose, der Knecht des Herrn, den Kindern Israel geboten hatte, wie im Buch des Gesetzes Moses geschrieben ist, einen Altar von ganzen Steinen, über die man kein Eisen geschwungen hatte. Und sie opferten darauf dem Herrn Brandopfer und schlachteten Friedensopfer. Und er schrieb daselbst auf die Steine eine Abschrift des Gesetzes Moses, das er vor den Kindern Israel geschrieben hatte” (Jos 8,30–32). Die Wichtigkeit dieser Handlung, als Folge der Niederwerfung Jeriochos, Ais und ihrer Könige ist sehr deutlich. Das Gericht und die Niederwerfung der heidnischen Mächte führten die Anbetung Gottes und seine Herrschaft ein.

Ganz Israel – die bewaffneten Männer, die Frauen und die Kinder – versammelte sich und anerkannte den Herrn öffentlich als den Gott Israels, priesen sein Gesetz und heiligten seinen Namen inmitten des feindlichen Landes. Die Hand des Herrn war mit Ihnen, so wie sie es beim Auszug aus Ägypten gewesen war, als noch nicht mal ein Hund die Zunge gegen sie spitzte, und wie in Gilgal bei ihrer Beschneidung, als der Schrecken Gottes auf ihren Feinden war. Jetzt bauen sie den Altar und schreiben das Gesetz auf die Steine, gehorsam dem Wort des Herrn, der gesagt hatte: „An dem Tag, da ihr über den Jordan in das Land hinüberzieht, das der Herr, dein Gott, dir gibt, sollst du dir große Steine aufrichten und sie mit Kalk bestreichen; und wenn du hinübergezogen bist, sollst du alle Worte dieses Gesetzes auf dieselben schreiben, … Und du sollst daselbst dem Herrn, deinem Gott, einen Altar bauen, einen Altar von Steinen; … Und du sollst dem Herrn, deinem Gott, Brandopfer darauf opfern, und du sollst Friedensopfer opfern, und daselbst essen und dich freuen vor dem Herrn, deinem Gott” (5. Mo 27,2–7).

Diese gewaltige Versammlung des Volkes Israel ist ein höchst beeindruckendes Eregnis in ihrer Geschichte. Das ganze Volk, das zu der heiligen Wohnung Gottes gebracht war, sprach mit einem Mund, ruhig und erst sein Amen zu seinen Geboten.

Auf den steilen Abhängen der Berge Ebal und Gerisim lagerten die zwölf Stämme, sechs auf jedem Berg, und wir können annehmen, dass die Leviten in der schmalen Ebene dazwischen lagerten und mit lauter Stimme dem ganzen Volk sowohl den Fluch als auch den Segen Gottes vorstellten (vgl. 5. Mo 27,11–14). Es waren kleine Kinder und Soldaten anwesend, „der Fremde, der in ihrer Mitte wandelte”, keiner war ausgenommen. Und in der reinen Atmosphäre Kanaans waren die Worte des Gesetzes klar zu verstehen, die aus dem Tal die Hänge der Berge hinaufschallten.

So standen „ganz Israel und seine Ältesten und Vorsteher und seine Richter an dieser und an jener Seite der Lade”, und stellten sich unter die Gebote Gottes, während Josua ihnen „alle Worte des Gesetzes, den Segen und den Fluch, nach allem, was im Buche des Gesetzes geschrieben ist”, vorlas. Sie heiligten seinen Namen in dem Land, wo ihre Feinde und deren Götter immer noch waren. Sie bekannten sich als Nation durch ihr „Amen!” zu den Flüchen und Segnungen zu den Geboten Gottes und zu seinem Gesetz, so dass ihr Gedeih und Verderb im verheißenen Land von ihrem Gehorsam oder Ungehorsam Gott gegenüber abhing. Man kann wirklich sagen, dass die Geschichte Israels, einschließlich ihres jetzigen Zustands, ein Kommentar auf ihre „Amens” ist, die sie am Ebal aussprachen.

Der Christ ist nicht unter einem Gesetzesbund, nur in Christus steht er in seinen Segnungen, doch wir sollten nicht vergessen, dass genau die Abschnitte des Wortes, die die tiefste Gnade entfalten, voller Aufforderungen in Bezug auf seinen Wandel und seine Wege sind.

Ein Kind steht unter noch größerer Verantwortung zu gehorchen als ein Knecht, und der Herr, durch den wir leben, sagt uns: „Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote.” Die Liebe verlangt nach Gehorsam unter der Bedingung der Liebe, während das Gesetz nach Gehorsam unter der Bedingung des Verdienstes verlangt; doch die Stimme der Liebe ist kräftiger als die des Gesetzes. Ferner ist die erfolgreiche Laufbahn des Christen auf der Erde von seinem Gehorsam gegenüber dem Wort seines Gottes abhängig, und obwohl nicht gesagt werden kann, wir glichen Israel in Bezug auf den Bund, unter dem sie in Kanaan standen, ist es aber die Wahrheit, dass die geistliche Geschichte jedes Christen nur eine Kommentierung seines Gehorsams oder Ungehorsams gegenüber Gottes Wort. Die Quellen unseres Gedeihs und Verderbs liegen in unserem Beachten oder Missachten des „Es steht geschrieben” unseres Gottes.

Die Art und Weise wie der Heilige Geist an dieser Stelle das Wort „alle” in Verbindung mit den Schriften betont, sollte beachtet werden. Ganz Israel hörte zu wie Josua „alle Worte des Gesetzes“ vorlas, „nach allem, was im Buche des Gesetzes geschrieben ist. Es war kein Wort von allem was Mose geboten hatte, das Josua nicht der ganzen Versammlung Israels vorlas”. Möge jedes Herz wachgerüttelt werden, der ganzen Wahrheit der Schriften zu gehorchen.

 “Es steht geschrieben” stand auf der Standarte des Sieges, die Israel mitten im Land Kanaan aufrichtete. Die Worte des Herrn wurden klar und für alle sichtbar auf die Steine geschrieben, und das geschrieben Wort wurde für laut und alle hörbar vorgelesen und das Volk stimmte zu.

Auf dem Ebal wurde der Altar aufgerichtet. Für den Herrn, den Gott Israels, wurde er aufgestellt. Gott wurde als der Gott seines Volkes anerkannt und dadurch erkannte Israel auch seine Beziehung zu ihm an. Um diesen Altar versammelte sich die ganze Nation; und Christus ist der Altar und der Mittelpunkt des Volkes Gottes, um den sich die Gläubigen versammeln. „Einen Altar von ganzen Steinen, über die man kein Eisen geschwungen hatte”, wurde aufgerichtet, damit jener Altar nicht mit menschlichen Werkzeugen in Berührung käme, denn hätten menschliche Hände ihn geformt, wäre er verunreinigt worden. Denn Christus ist der Altar, und er ist vollkommen, und menschliches Handanlegen, menschliche Gedanken über ihn können nur Unehre für seinen Namen hervorrufen.

Das erste Opfer auf dem Altar war ein Opfer lieblichen Geruchs. „Und sie opferten darauf dem Herrn Brandopfer.” Unser erster Gedanke in Bezug auf das Opfer Jesu gilt der Tatsache, dass wir ihn brauchten. Doch Gottes erster Gedanke gilt der Vollkommenheit des Werkes des Herrn und dem, was er für Gott und den Vater ist, und das ist völlig zum lieblichen Geruch für ihn. Israel war in die Gegenwart des Herrn gekommen, um ihn anzubeten, und die erste Stimme, die gleichsam in Kanaan von dem Altar des Herrn, des Gottes Israels, emporstieg, sprach von der Schönheit des Opfers, das ganz auf dem Altar verbrannt wurde, und der Geruch stieg zum Himmel auf.

Danach opferten sie Friedensopfer. Die Brandopfer wurden völlig verzehrt, sie waren eine Sühnung für den Menschen; doch sie waren völlig für Gott, „der Priester soll das Ganze auf dem Altar verbrennen.” Doch die Friedensopfer wurden teilweise von dem Opfernden gegessen, denn in ihnen hatte der opfernde Gemeinschaft mit Gott. In ihnen hatte der Mensch seinen Anteil, um sich davon zu nähren, er aß von dem Opfer, dass geopfert worden war. Und so wie die Seele sich wirklich durch den Geist von Christus nährt, hat sie Gemeinschaft mit Gott. Dann sollte sich das Volk freuen vor dem Herrn, ihrem Gott. Freude an Christus bei den Gläubigen ist die nächste große Tatsache, die uns durch diese große Versammlung Israels und ihre Opfer vorgestellt wird.

Die Steine wurden nach dem Befehl Moses auf dem Berg Ebal aufgerichtet, und die Worte des Gesetzes sollten „deutlich eingegraben” werden (vgl. 5. Mo 27,2–4). Ebal war der Berg, auf dem die sechs Stämme standen, die ihr Amen zu den Flüchen gaben die mit dem Ungehorsam gegenüber den Worten Gottes verbunden waren. Die Steine standen also auf dem Berg des menschlichen „So sei es!” zu dem Verlust seiner Vorrechte, sollte er den Geboten Gottes nicht gehorchen. Die so eingegrabenen Worte des Gesetzes würden lange Zeit allen Augen sichtbar bleiben, und wahrscheinlich blieben sie länger auf dem Berg als Israel in seinem Gehorsam.

Josua verkündete dem Volk alle Worte des Herrn, ihres Gottes; nicht nur die Segnungen, wie wir manchmal nur von unseren Vorrechten sprechen, sondern alle Worte des Herrn. Ihr ganzes Wohlergehen in Kanaan hing von ihrem Festhalten an diesen Worten ab; die einzige Bedingung dafür, dass sie das Land der Verheißung, mit seiner Milch und seinem Honig beständig genießen konnten, war Gehorsam (vgl. 5. Mo 27,3). Das sollten wir nie vergessen, denn was wir säen, das ernten wir.

Die Leviten lasen die Flüche mit lauter Stimme vor, und als ein Fluch auf Ungehorsam nach dem anderen vor die Ohren Israels kam, antworteten die auf dem Berg Ebal versammelten Hunderttausende mit einem einstimmigen Amen. Zwölf Mal sagten sie „Amen” zu dem zwölfmaligen Fluch, und der zwölfte – „Verflucht sei, wer nicht aufrecht hält die Worte dieses Gesetzes, sie zu tun!” – schloss jede denkbare Vernachlässigung oder jedes vorstellbare Versagen ein. Auch die Segnungen wurden vorgelesen (Jos 8,33–34), aber über die Amens, die vom Berg Gerizim herunterschallten, schweigt die Schrift. Sie berichtet nicht von einem einzigen „So sei es!” zu den Segnungen, die sich der gefallene Mensch durch Gehorsam verdiente (5. Mo 27). Der Mensch mag seine Zustimmung zu allen „Rechten” (o. „Gerichten”) des Gesetzes Gottes geben (2. Mo 24,3), aber wer unter dem Gesetz bleibt, muss auch unter seinem Fluch bleiben (Gal 3,10).

Christen stehen nicht unter einem Bund, wo Segnungen von ihrem Gehorsam abhängen, denn wir sind gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, und diese Segnungen gehören uns nicht aufgrund unseres Verhaltens, sondern weil der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus uns auserwählt hat in ihm. Unermessliche Gnade sichert uns unsere Vorrechte zu, und unermessliche Gnade hat uns eine Stellung in Christus geschenkt, in dem unsere Vorrechte gesichert sind. Wenn wir unseren Altar der Anbetung aufrichten, dann weil „Christus uns losgekauft hat von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist; (denn es steht geschrieben: „Verflucht ist jeder, der am Holz hängt!” damit der Segen Abrahams in Christo Jesu zu den Nationen käme“ (Gal 3,13–14). Unsere Segnungen sind alle aus Gnade, nicht aus Werken. „Jetzt aber sind wir von dem Gesetz losgemacht, da wir dem gestorben sind, in welchem wir festgehalten wurden, so dass wir dienen in dem Neuen des Geistes und nicht in dem Alten des Buchstabens“ (Röm 7,6).

Der feste Halt des Christen steht in deutlichem Gegensatz zu dem Israels in dieser Szene. Christus hat sein Volk durch seinen Tod freigemacht, denn sie sind in ihm dem Gesetz gestorben, und sein Kreuz hat sie von der Macht und Herrschaft des Gesetzes befreit, denn es richtet seine Forderungen nicht an solche, die gestorben sind. „Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus” (Röm 7,4). Können wir daran zweifeln, dass der Altar auf dem Ebal aufgerichtet wurde, von wo aus das Amen zu den Flüchen gesprochen wurde, um uns zu belehren, dass Christus uns durch sein Opfer von dem Fluch des Gesetzes erlöst hat?

Über den Bund, der auf die kalkbestrichenen Steine geschrieben wurde, sagte Paulus vor 1800 Jahren: „was aber alt wird und veraltet, ist dem Verschwinden nahe” (Heb 8,13), aber der Bund der Gnade ist unveränderlich und ewig. „Denn wenn jener erste Bund tadellos wäre, so wäre kein Raum gesucht worden für einen zweiten” (Heb 8,7). Der Bund der Gnade ist vollkommen vor Gott, denn der Herr Jesus ist der Mittler dieses Bundes. Sein eignes kostbares Blut hat es bestätigt, und unsere Segnungen sind nicht unserer eigenen Obhut übergeben, sind befinden sich in der sicheren und ewigen Verwahrung Gottes unseres Vaters. Sie sind nicht auf Stein geschrieben, um uns zu erinnern, dass unser Amen auf das göttliche und treue Ja folgt, sondern sind in den Schriften niedergeschrieben, was uns zeigt, dass für uns sowohl das Ja als auch das Amen in Christus ist.

Doch obwohl uns unsere geistlichen Vorrechte tatsächlich durch unendliche Gnade für immer in Christus sicher sind, dürfen wir nicht leichtfertig mit unserer Verantwortung umgehen. Je größer unsere Segnungen, umso größer unsere Verantwortung; die Ermahnungen unter der Gnade sind unvergleichlich viel eindringlicher als die Gebote des Gesetzes. Und der Ruf, dem Herrn im Himmel selbst nachzufolgen trennt uns mehr von der Welt als jener, der von Sinai herabdonnerte. Wir können die Worte Moses an das Volk nicht oft genug lesen und zu Herzen nehmen, auch wenn wir uns daran erfreuen, dass wir nicht unter solchen Bedingungen stehen wie Israel. Und sind wir nicht von solchen umgeben, die uns bezeugen, wie bitter es ist, sich von dem lebendigen Gott abzuwenden? Sind nicht viele Kinder Gottes heute in der Gefangenschaft? Muss von ihnen nicht gesagt werden: „Du wirst nicht rasten, und deine Fußsohle wird keine Ruhestätte finden”? und haben sie in ihrer Gefangenschaft nicht „ein zitterndes Herz, Erlöschen der Augen und Verschmachten der Seele” (5. Mo 28,65)? Befinden sich nicht viele in dem gleichen Zustand wie Israel, als die Philister und die Midianiter die Herrschaft über sie erlangten, so dass sie es kaum wagten, sich zu zeigen und ihre Nahrung mit Zittern ernteten und droschen?  

Gott lässt sich nicht spotten. Obwohl in Christus alles unser ist, behalten wir die Freude daran nur durch Gehorsam gegenüber seinem Wort: „Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben” (Joh 15,10).