„Und es geschah, als die Menschen begannen, sich auf der Fläche des Erdbodens zu mehren und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Söhne Gottes, dass die Töchter der Menschen schön waren, und sie nahmen sich die zu Frauen, die sie irgend erwählten. Und der HERR sprach: Mein Geist soll nicht ewig mit dem Menschen rechten, da er ja Fleisch ist; und seine Tage seien 120 Jahre. In jenen Tagen waren die Riesen auf der Erde, und auch nachher, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und diese ihnen gebaren. Das sind die Helden, die vor alters waren, die Männer von Ruhm gewesen sind“ (1. Mose 6,1–4)

Wer sind mit den „Söhnen Gottes“ an dieser Stelle gemeint? Sind damit die Gläubigen gemeint (bzw. die “Linie Seths“), die sich mit Ungläubigen (bzw. die „Linie Kains“) verbunden haben?

Diese Ansicht ist problematisch:

  • Waren die gläubigen Frauen alle hässlich, sodass die Männer (die „Söhne Gottes“) sich andere nehmen wollten?
  • Konnten die Menschen damals diese Trennung zwischen „gläubig“ und „ungläubig“ in der Frühphase der Offenbarung Gottes überhaupt vornehmen?
  • Gab es denn zu diesem Zeitpunkt irgendeine entsprechende Anweisung Gottes, die eine Heirat zwischen bestimmten Männern und Frauen verbot?
  • Warum sollten aus einer Verbindung zwischen gläubigen und ungläubigen Menschen (die es leider bis zum heutigen Tag gibt) Riesen hervorgehen?

Dass es um Engel geht, ist deutlich naheliegender:

  • Der Ausdruck „Söhne Gottes“ (d. h. genau dieser Ausdruck) bezieht sich im Alten Testament immer auf Engelwesen (1. Mose 6,2.4; Hiob 1,6; Hiob 2,1; Hiob 38,7).
  • Das Neue Testament spricht von Engeln, die ihren ersten Zustand nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben (Jud 6). Da Judas die Leser dabei an etwas „erinnert“ (Vers 5), muss es einen Bezug zum Alten Testament geben. Und da passt 1. Mose 6 vorzüglich hinein. Die Menschen von Sodom durchbrachen die Linie zwischen Mensch und Tier und diese Engel durchbrachen die Linie zwischen Engel und Mensch.
  • Der Apostel Petrus spricht auch von Engeln, die in einer besonderen Weise gesündigt hatten und darum – im Gegensatz zu anderen gefallenen Engeln – von Gott in den tiefsten Abgrund hinabgestürzt wurden. Er erwähnt das, unmittelbar bevor er auf Noah und die Flut zu sprechen kommt (2. Pet 2,4). Das passt zu dem Bericht im ersten Buch Mose, wo zunächst von „Söhnen Gottes“ gesprochen wird und direkt anschließend von Noah und der Flut (1. Mo 6,8).

Es ist natürlich schon geheimnisvoll, dass geschlechtsneutrale Wesen sich von den „Töchtern der Menschen“ angezogen fühlen und dann auch noch die Möglichkeit finden, sich mit ihnen zu vereinigen.[1]. Aber die Schrift legt diesen Gedanken nahe. Und etwas anderes als die Schrift haben wir im Blick auf die Engel nicht. Wenn es um Tiere geht, können wir auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen, im Blick auf die Engel aber haben wir nur das, was uns offenbart worden ist. Daran wollen wir uns klammern und damit wollen wir uns beschäftigen.


Fußnoten:

  1. Engel sind verschiedentlich in menschlicher Gestalt erschienen, und zwar immer als Männer. Böse Engel haben das missbraucht, um sich mit den Menschen zu vereinigen. Gott hat diesem Treiben durch richterliches Eingreifen ein Ende gemacht, sodass es das heute nicht mehr gibt